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Der neue Ehren-Födlebürger (Föbü) der St.Galler Fasnacht heisst Marius Tschirky. Der Musiker und Naturpädagoge wurde mit der Kindermusikband «Marius und die Jagdkapelle» national bekannt. Am Samstagabend wurde er im Stadtzentrum per Konfettikanone ins Föbü-Paradies befördert.
Der Verschuss zu Füssen des Vadian-Denkmals zog auch diesmal eine grosse Menschenmenge an. Er wurde wie immer von verschiedenen Guggen begleitet. Zudem wohnten viele der früheren Föbinen und Föbüs - in Frack und Zylinder - dem Ritual bei.
Wieso Verschreckjäger Marius zu Föbü-Ehren kommt, erläuterte Hanspeter XXXXI. Trütsch. Zum einen, weil Marius ein Instrument packen und damit Kinder dazu animieren könne, den Fernsehkasten zu verlassen, um im Wald zu singen und zu tanzen. Zweitens, weil seine Liedtexte frech und frivol seien.
Marius Tschirky kam in passender Verkleidung zum Verschuss: als Häschen. Begleitet wurde er von einem Jäger und drei Waldelfen. Nach einer Tanzeinlage wurde er demaskiert, dann durfte der Föbü in spe seine drei letzten Wünsche äussern. Dieser Teil des Rituals lief allerdings nicht ganz so ab wie in anderen Jahren: Tschirky beteiligte nämlich sehr stark die zahlreich anwesenden Kinder.
So wünschte er sich - wie man's im Kasperlitheater oder im Märchen lernt - zur grossen Erheiterung des Publikums als ersten Wunsch weitere acht Wünsche. Diese Schlitzohrigkeit wurde ihm von der Föbü-Gilde allerdings nicht gewährt: Weil das Budget für den Verschuss nicht für so viele Wünsche reiche, wie Tschirky beschieden wurde.
Der zweite Wunsch stiess beim Fasnachtsvolk auf euphorische Zustimmung: das ganze Jahr Fasnacht. Wobei Marius Tschirky den Wunsch mit viel Witz zum Aufruf für Toleranz gegenüber Minderheiten, Menschen aus anderen Kulturkreisen und Menschen mit anderer sexueller Ausrichtung ausbaute.
Den dritten Wunsch schenkte der neue Föbü einem der anwesenden Kinder. Dieser Bub wünschte sich sehr praktisch und lebensnah eine neue Spielkonsole für Videogames. Danach spielte wie üblich Malcolm Green ein letztes Liedchen für den Föbü-Aspiranten. Und nach dem ebenfalls traditionellen Countdown durch alle Anwesenden wurden Tschirky die letzten Reste Kleinbürgertum mit Konfetti - mit sehr, sehr viel Konfetti - aus dem Leib geschossen.
Marius Tschirky ist der 46. Föbü der St.Galler Stadtfasnacht. Erster Träger des Titels war Anfang der 1970er-Jahre Künstler Max Oertli. Heute gehören zum Orden der Ehren-Födlebürger unter anderem Politiker wie Stadtpräsident Thomas Scheitlin oder alt Stadtrat Fredy Brunner, Künstler wie Frank und Patrik Riklin sowie Sportler wie Beat Breu, Tranquillo Barnetta oder Boxerin Géraldine Brot. Zu Fasnachtsehren sind aber auch schon Wein-Fachmann Philipp Schwander oder Metzger Jörg Bechinger aus St.Georgen gekommen.
Der 1976 geborene Marius Tschirky lebt und arbeitet in St.Gallen und Teufen als freischaffender Musiker und Naturpädagoge. Er ist Kindergärtner sowie Begründer und konzeptioneller Vater der Waldkinder St.Gallen. Seit 20 Jahren absolviert er zahlreiche Auftritte und CD-Produktionen in diversen Formationen. Sein Markenzeichen ist heute die Kindermusikband «Marius & die Jagdkapelle».
Ein Ehren-Födlebürger muss sich durch Zivilcourage auszeichnen, er muss - wie man im St.Gallen sagt - Födle gezeigt haben. Am Fasnachtssamstag wird der jeweils neuen Föbine oder dem neuen Föbü der letzte Rest Spiessbürgertum mit einer gepfefferten Ladung Konfetti aus dem Leib geblasen. Dem Ritual zu Füssen des Denkmals für Stadtvater Vadian wohnen nicht nur lautstark immer die Guggen bei, Jahr für Jahr zieht es auch viel Fasnachtsvolk an.