Dem Unglück folgt nun das Glück

Dank einer grossen Welle der Solidarität nach dem Grossbrand konnte Thomas Brändle zusammen mit seiner Partnerin das Wohnhaus im März dieses Jahres wieder beziehen. Noch vor dem Winter soll nun auch das Vieh wieder in seinen Stall zurückkehren können.

Nadine Rydzyk
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WILDHAUS. Ein Feuer brachte den Wildhauser Landwirten Thomas Brändle vor rund zwei Jahren nicht nur sprichwörtlich um Haus und Hof. Eine grosse Welle der Solidarität in der Bevölkerung machte die Finanzierung eines neuen, bereits bezogenen Wohnhauses und eines bald bezugsbereiten Stalls möglich. Entspannt kann Thomas Brändle zusammen mit seiner Lebensgefährtin Leslie Gurtner Gäste in der neuen Küche empfangen. Im März dieses Jahres haben sie ihr neues Wohnhaus bezogen. Was sich wie die Erfüllung eines Traums anhört, hat in diesem Fall aber den Ursprung in einem wahrhaft gewordenen Albtraum. Und dennoch weiss Thomas Brändle, dass er sehr grosses Glück hatte.

Dankbar für die Hilfe

Rückblende: Am 10. Juli 2010 um 21 Uhr schlägt ein Blitz in das Heugebläse-Rohr des Stalls von Landwirt Thomas Brändle ein. Das Feuer vernichtet den direkt mit dem Wohnhaus zusammengebauten Stall und machte das Haus unbewohnbar. Allein der Schock des Blitzeinschlags sitzt noch heute tief. «Ich werde diesen Knall nie mehr vergessen», berichtet Thomas Brändle. «Aber ich weiss, was für ein Glück ich hatte. Wäre der Blitz zwei Meter weiter eingeschlagen, hätte es mich erwischt.» Daneben ist sich der junge Landwirt ebenso bewusst, dass er trotz des erlittenen Schocks, der Verluste und des grossen Aufwandes, den er in den vergangenen zwei Jahren betreiben musste, auch eine Chance erhalten hat.

«Ohne die Spenden von rund 200 000 Franken wäre es nicht möglich gewesen, neu zu bauen», sagt er und ist dankbar für die zahlreiche Unterstützung, die er in dieser Zeit erlebt hat. Nicht weniger haben ihm alle, die tatkräftig geholfen haben, ermöglicht, wieder einen neuen Start zu wagen. Denn in Haus und Stall steckt auch eine grosse Portion Eigenleistungen. «Sonst wäre das alles finanziell nicht tragbar gewesen», räumt Thomas Brändle ein. Beide Gebäude zusammen haben rund eineinhalb Mio. Franken verzehrt.

Um den Kachelofen gebaut

Ein grosses Glück war für ihn, dass er viele Einrichtungs- und Erinnerungsstücke aus den Flammen retten konnte. Dies vor allem in emotionaler Hinsicht, denn der Verlust seines Elternhauses nimmt ihn noch heute sichtbar mit. So konnte er nicht nur den alten Küchentisch wieder ins Zentrum des häuslichen Geschehens rücken, sondern sogar den erst bei einer Renovierung im Jahr 2000 neu angeschafften Kachelofen integrieren. Denn der Neubau wurde im wahrsten Sinne des Wortes um den Ofen herumgebaut. «Eigentlich war es mein Wunsch, dass die Grundmauern erhalten bleiben», erzählt Thomas Brändle. «Aber der Bauplaner hat mir davon abgeraten. Das wäre viel zu teuer gekommen. Dass es möglich war, das Haus um den Ofen herum zu bauen, war eine echte Meisterleistung», spricht er ein Kompliment an die Planer aus. Schliesslich hatte nicht nur das Feuer, sondern dann auch das nötige Löschwasser erheblichen Schaden an der Substanz angerichtet. «Ich hatte aber das grosse Glück, in jeglicher Hinsicht tolle Unterstützung zu erhalten», berichtet er.

«Wir fühlen uns wohl»

In den Neubau integriert wurde zudem eine alte Strickwand, die aus den Flammen gerettet werden konnte. Sie bildet jetzt gemeinsam mit dem Kachelofen den Mittelpunkt des Hauses. «Ich habe schätzen gelernt, mit welchen Mitteln 1889 noch gebaut wurde, denn eigentlich war dies kein typisches Toggenburgerhaus, sondern eine Art Blockhaus aus massiven Balken», erzählt Thomas Brändle.

Derzeit ist er dabei, ein Bett aus den vom Feuer verschonten Balken des alten Hauses zu bauen, das einst von seinem Urgrossvater errichtet wurde. «Für mich ist das auch ein Teil des Verarbeitungsprozesses», erklärt er.

Doch schliesslich ist Thomas Brändle bei aller Wehmut über den Verlust auch emotional in seinem neuen Zuhause angekommen. Denn wie er weiss, muss man versuchen, einen Schicksalsschlag auch als Chance zu begreifen und die dadurch aufgezwungenen Veränderungen so gut wie möglich in etwas Positives zu wandeln.

«Mir war vom ersten Tag an klar: Schlimmer kann's nicht kommen, also Vollgas voraus», erinnert sich Thomas Brändle. Seinen schon als Kind gehegten Traum, als Landwirt seinen Lebensunterhalt auf dem eigenen Hof zu verdienen, wollte er nicht aufgeben. Gemeinsam mit seiner Partnerin richtet er nun nach und nach die Zimmer des neuen Hauses ein und beide können heute sagen: «Wir fühlen uns wohl hier.»

Neues Zuhause für das Vieh

Noch vor dem Winter soll dies auch für die Tiere des Landwirtes zutreffen, denn deren neuer Stall steht kurz vor der Vollendung und soll bald bezugsbereit sein. Für die Tiere wird dann auch wieder Ruhe einkehren, denn nicht nur Thomas Brändle führte bis zum Einzugstermin in das neue Haus ein Nomadenleben zwischen den Wohnungen der Eltern, der Freunde und der Nachbarn. Seit dem Brand mussten auch seine Kühe fünfmal umziehen.

Zur Erleichterung von Thomas Brändle gab es dabei aber nie Komplikationen, denn das Wohl seiner Tiere liegt ihm sehr am Herzen. Und so hofft er, dass im nächsten Sommer wieder alles seinen gewohnten Gang gehen kann und nimmt die Situation mit Ruhe: «Durch diese Ereignisse bin ich gelassener geworden. Es hat keinen Sinn, sich zu fragen, wieso es gerade mich getroffenen hat. Es ist, wie es ist und man muss nach vorne schauen.»