LICHTENSTEIG. Nach «sturmfrei» 2010 folgt nun der zweite Streich der jungen Kunstorganisatorinnen von Arthur junior. «Kalbt's?» heisst der Titel der Gruppenausstellung mit jungen Kunstschaffenden in der Kalberhalle Lichtensteig.
LICHTENSTEIG. «Es haben sich fast alle jungen Kunstschaffenden in die Kälbli verliebt», schwärmt Mitorganisatorin Maura Kressig. In der Kalberhalle im Erdgeschoss des Lichtensteiger Rathauses werden zwar schon seit Jahren keine Kälber mehr verkauft. Aber das während Jahrhunderten jeden Montag früh entstandene Gedränge und das verwirrte Brüllen der Kälber, der strenge Geruch von Heu und Mist, der Verkehrsstau und die Feilscherei um den angemessenen Preis – all dies gibt die geschichtliche Kulisse ab für junge Kunst. «Mist wird hier immer noch produziert, aber wenigstens ist es kunstvoller Mist», heisst es deshalb auf dem Ausstellungsplakat.
Und was wird man sehen? Zwanzig Kunstschaffende bewarben sich für die acht Ausstellungsplätze. Die Organisatorinnen legten Wert auf einen Bezug zum Toggenburg und zur Kalberhalle. So sind auch die beiden jungen Bratwurst-Künstler wieder mit dabei, die vor zwei Jahren eine überdimensionale Styropor-Bratwurst ausgestellt haben. Diese bringen sie allerdings nicht wieder mit ins Toggenburg. «Sie werden aber ihren Senf dazu geben», verrät Maura Kressig. Ob dies in Form einer Thomy-Tube geschieht, will sie noch nicht verraten.
Schon angereist sind zwei andere Kunstschaffende: Auf Hanes Sturzeneggers grossformatigem Schwarzweiss-Foto erkennt man im Durcheinander feiner Linien die geknickten Grashalme und damit die Kuhweide erst auf den zweiten Blick. Der Fotograf folgt mit seiner Kamera der Spur, die eine Kuh beim Grasen auf der Wiese hinterlässt. Julia Wäckerlin bringt eine Kuhherde in einer Waldlichtung unter einem Uhrenglas mit, eine fröhlich-ironische Anspielung auf Kitsch-Vorstellungen, Idylle als Kontrast zum Markt, wo Kälber auf die Schlachtbank verkauft wurden? Und da wäre noch die Polit-Installation des Toggenburgers Lobsang Reichlin: Drei Asylbewerber werden vor Leinwänden sitzen und auf Gespräche mit Ausstellungsbesuchern warten – hinter Abschrankungen, welche die Isolation der Asylbewerber veranschaulichen sollen. Man darf gespannt sein, was dieses «soziale Kunstwerk» bei den Besuchern auslöst.
Die Selbstironie in der Formulierung «kunstvoller Mist» gehört zum Selbstverständnis der jungen Kunstorganisatorinnen. Kunst soll man unbekümmert, lustvoll und fröhlich begegnen können, finden sie. Nicht zufällig fällt als Vorbild der Name Pipilotti Rist mit ihrer subversiven Fröhlichkeit. Zur Ausstellung gehört denn auch eine permanente Festbeiz mit Wurst, Brot, Bier und Wein. Kunst soll ein Fest der Neugier, der Kreativität und der Geselligkeit sein, keinesfalls aber Gottesdienst oder Schulmeisterei.
Darum verzichtet Arthur junior auf lange Referate und Expertenerläuterungen. «Die Besucher sollen ihrer Neugier folgen und direkt mit den Künstlern sprechen», meint Viola Pfeiffer. Vielfalt in den Kunstformen ist ihnen ebenfalls wichtig: So wird man Videos, Fotos, Bilder, Objekte und Installationen sehen. Die meisten Aussteller sind Kunststudenten. Eine Kunstrevolution hat Arthur junior nicht im Sinn, denn vom Comic bis zur Aktionskunst haben sich junge Kunstformen längst etabliert.
«Kalbt's?» ist die zweite Ausstellung von Arthur junior. Dass die Gruppenausstellung «sturmfrei» vor zwei Jahren keine Eintagsfliege sein wird, merkten die beiden damaligen Kantischülerinnen Sirka Ammann und Maura Kressig schnell. Sie hatten, seit Kindesbeinen von ihren Eltern mit Kunstbegeisterung angesteckt, die Ausstellung als Maturaarbeit organisiert. Wie damals bieten die Organisatorinnen Schul-Führungen an. Acht Klassen haben sich bereits angemeldet.
Kalbt's? Arthur junior Nr. 2 Kalberhalle Lichtensteig Vernissage 9. Juni, 17 Uhr Ausstellung geöffnet vom 10. bis 24. Juni, jeweils Samstag und Sonntag, 11. bis 18 Uhr.