Zwei Personen, ein Gesicht, ein Bild

Kunst im Museum: Roland Rüegg hat eine Serie mit Doppelporträts ins Toggenburger Museum integriert. Eine verspielte Hommage an das kulturelle Erbe der Region und ein witziger Wunsch, als zeitgenössischer Künstler in den Kulturkanon aufgenommen zu werden.

Hansruedi Kugler
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LICHTENSTEIG. Als Knabe war das Toggenburger Museum Roland Rüeggs Spielplatz. Besonders die Burgruinen liessen seine Phantasie blühen: Mit den Bildern, Burgmodellen und mittelalterlichen Legenden im Kopf erkundete er jeweils nach seinen Museumsbesuchen auch die Burgruinen in der ganzen Region. Ins Toggenburger Museum ging er immer alleine, seine Eltern waren keine Museumgänger. Später hat er sich beruflich immer wieder intensiv mit Geschichte und Kulturgeschichte beschäftigt. Als ausgebildeter Steinmetz hat er unter anderem im Kloster Einsiedeln und in der Kathedrale St. Gallen barocke Steinfiguren restauriert und einige originalgetreu neu geschaffen. Und in seinen eigenen Kunstwerken beschäftigt er sich seit Jahren mit der «Archäologie der Moderne», in Werken, in denen die Betrachter ihre Gegenwart aus dem Blick künftiger Archäologen sehen können: Etwa CD-Hüllen, Glühbirnen oder Altpapier in Stein gehauen. Vierzig Jahre nach seinen kindlichen, verspielten Geschichtsphantasien setzt Roland Rüegg nun selbst verspielte Markenzeichen im Toggenburger Museum.

In die Ahnenreihe geschlichen

Schaut man die Faltbilder von links an, sieht man elf Persönlichkeiten aus der Toggenburger Kulturgeschichte. Von rechts gesehen sieht man jedesmal Roland Rüegg in der Pose und in den Kleidern dieser historischen Personen. Ein narzistischer Zeitgenosse, der sich selbst in die Ahnenreihe einfügt? «Ich gebe zu, dass diese Inszenierungen Spass gemacht haben. Ich schleiche mich tatsächlich in diese Ahnenreihe ein. Die Betrachter sollen dann selbst interpretieren, ob sie es narzistisch oder lustig, als Kunstreflexion über den Blick auf die Geschichte interessant oder banal finden.»

Jedenfalls stellt Roland Rüegg stellvertretend für alle Zeitgenossen und auch für die jetzigen Kunstschaffenden die Frage, welches Verhältnis man zu diesen bedeutenden Persönlichkeiten haben kann. «Eine Antwort darauf will ich gar nicht geben», sagt Roland Rüegg.

Offen für Kunstinterventionen

Museumskuratorin Christelle Wick fand Roland Rüeggs Idee, die Doppelporträts im Toggenburger Museum auszustellen, attraktiv: «Das belebt die Dauerausstellung und rückt die Sammlung in ein neues Licht. Die Bilder sind nicht dominant und wirken nicht aufdringlich.» Verbunden habe sie die Zusage auch an die Hoffnung, dass dadurch das Interesse eines kunstinteressierten Publikums für das historische Museum belebt werden könnte. Die Arbeit von Roland Rüegg sei insofern geeignet, weil er sich mit historischen Personen beschäftigt. Damit sei zwar vorläufig noch keine Serie «Kunst im Museum» begründet, sagt Christelle Wick. «Grundsätzlich bin ich aber offen für weitere Kunstinterventionen.»

Von Zwingli bis Edelmann

Erfunden hat Roland Rüegg die Form der Doppelbilder nicht. Historische Lamellenbilder gibt es auch im Toggenburger Museum. Für den Volksglauben wurden solche vor allem im 19. Jahrhundert hergestellt: Die Dreifaltigkeit oder die Heilige Familie wurden so zum überraschenden Wandschmuck. Das erste von Roland Rüeggs Porträtbildern entstand für eine Ausstellung in Berlin. Ein Wattwiler in Berlin – was lag näher als ein Doppelporträt mit Ulrich Bräker, der für Friedrich den Grossen exerzierte? Nach und nach kamen weitere zehn Persönlichkeiten aus der Toggenburger Kulturgeschichte hinzu. Die Bilder in einer Reihe aufzuhängen, verwarfen Roland Rüegg und Christelle Wick bald. Nun hängen die Bilder gezielt in passenden Themenzimmern: Reformator und Heeresführer Huldrych Zwingli hängt im Militärsaal, Lehrer Johann Ludwig Ambühl inmitten von Schönschreibtafeln, der Bildhauer August Bösch gleich neben seinem Marmor-Senn und der Instrumentensammler Albert Edelmann im Musikzimmer.

Toggenburger Museum bis 17. November, Sa./So. 13 bis 17 Uhr