WILDHAUS. Seit der Stall und das Wohnhaus von Thomas Brändle im Sommer den Flammen zum Opfer gefallen sind, muss der junge Landwirt nicht nur mühsam seinen Betrieb aufrecht erhalten, sondern sich Fragen nach der Zukunft stellen. Eines war ihm immer klar: «Ich bin Bauer mit Leib und Seele.»
«Ich habe nochmals eine Chance bekommen», sagt Thomas Brändle, dessen Stall und Wohnhaus im Juli nach einem Blitzschlag dem Feuer zum Opfer gefallen sind. Eigentlich gehe es ihm ja gut, schliesslich haben er und seine Eltern den Brand des Stalls und ihres Wohnhauses überlebt. «Daher bin ich viel gelassener geworden, es kommt wie es muss», so der junge Bauer ohne Hof. Es gelte nun das Beste aus der Situation zu machen, auch wenn es teilweise hart sei.
Seit dem Brand wohnen Thomas Brändle und seine Eltern in einer Wohnung im Dorf. Das Land aber musste Thomas Brändle nach wie vor bewirtschaften, sprich heuen, güllen und so weiter. Die Maschinen, aber auch ein Teil der noch brauchbaren Möbel hat er an verschiedenen Orten eingestellt. Für seine Tiere musste er ein neues Quartier suchen. Bereits viermal hat er inzwischen das Vieh gezügelt. Jetzt hat er die Kühe und die Kälber in Unterwasser in einem über den Winter leer stehenden Stall untergebracht. Die Rinder, die er vorher noch im alten Gade stehen hatte, hat er inzwischen ins Rheintal ans Futter gegeben. «Es war einfach zu viel, wenn man an zwei Orten füttern muss und dazwischen ein so weiter Weg liegt», begründet Thomas Brändle.
«Manchmal frage ich mich, woher ich die Energie nehme, das alles zu managen», sagt der Landwirt. Denn neben dem aufwendigen Aufrechterhalten des Betriebes muss sich der 28-Jährige vor allem mit Fragen nach der Zukunft befassen. Hat er sich dabei nie gefragt, ob er überhaupt als Landwirt weitermachen will? «Natürlich. Es ist sowieso keine einfache Zeit für Landwirte. Aber man muss das tun, was man gern macht und letztlich zählt die Zufriedenheit mehr als Geld», antwortet Thomas Brändle. Er hätte auch Angebote gehabt, an einem anderen Ort ein Heimet zu übernehmen. Aber er sei zum einen bereits die sechste Generation seiner Familie, die diesen Hof bewirtschaftet. Zum anderen sei er viel zu sehr mit der Gemeinde und dem Tal verbunden, als dass er einfach weggehen könnte. Daher sei für ihn schnell klar gewesen, dass er hier weitermachen wolle. Darin bestärkt hätten ihn auch die vielen Begegnungen mit den Menschen, die an seinem Schicksal Anteil genommen haben. Ein grosser Ansporn seien für ihn dann auch die vielen Spenden gewesen. «Das hat mir gezeigt, dass die Menschen an mich glauben und wissen, dass ich mit Leib und Seele Bauer bin», sagt der junge Mann. Neben dem Ansporn waren die Spenden, die bisher insgesamt um die 200 000 Franken betragen, vor allem ein Lichtblick, denn um seine Pläne umzusetzen, braucht Thomas Brändle vor allem Geld.
«Für mich steht fest: Ich will neu bauen», sagt der Jungbauer. Dass er den Stall ganz neu bauen muss, war von Beginn weg klar. «Aber wenn ich schon neu baue, dann soll der Betrieb auch rationalisiert werden, damit ich ihn auch allein führen kann», erklärt er. Dafür soll der Stall so gross werden, dass er alle Tiere in einem Stall füttern kann und nicht - wie bis anhin - einen Teil von ihnen im etwas entfernten Gade unterbringen muss. Zudem soll der nue Stall problemlos die ab 2013 verschärften Tierschutzvorschriften erfüllen. Dafür braucht der junge Mann mehr Geld als er von der Versicherung bekommt. So auch beim Wohnhaus: Im Gegensatz zum Stall geht die Versicherung nicht von einem Totalschaden aus. Die Experten der Gebäudeversicherung gehen von einem Wiederaufbau des Hauses innerhalb der noch bestehenden Wände aus. «Für mich kommt das aber nicht in Frage, denn der Gestank hat sich in den Balken festgesetzt und wenn ich das Haus zeitgemäss isoliere, wird das nicht besser», begründet Thomas Brändle. Ausserdem wird er den neuen Stall nicht mehr ans Haus bauen. «Falls jemals wieder so etwas passieren sollte, dann habe ich wenigstens noch eines von beidem», sagt der in Erinnerung an den Brand noch immer erschauernde junge Mann. Auf den alten Grundmauern möchte er ein neues Haus errichten. Die Pläne dafür sind schon gezeichnet. «Ich möchte das neue Haus um den alten Ofen herum bauen, etwas vom alten soll doch bestehen bleiben», sagt er.
Von der Versicherung allerdings erhält er nur die Differenz zwischen dem Restwert des alten Hauses und dem versicherten Wert. Daher ist Thomas Brändle nun mit der Frage der Finanzierung beschäftigt. Die Spenden fliessen voll und ganz in das Bauprojekt und er will selbst einen Teil der Arbeiten am neuen Stall ausführen. Auch Freunde hätten tatkräftige Unterstützung angeboten. Dennoch reicht es noch nicht ganz aus, und der Jungbauer muss zusehen, wie er seine neue Existenz finanzieren kann. Sein Ziel wäre, dass er im Frühling mit dem Bau beginnen kann, so dass sein Vieh im Herbst wieder in ein definitives Zuhause umziehen kann.
Noch aber sind viele Fragen offen und auch die Baueingabe steht noch aus. Langsam scheint Thomas Brändle aber wieder zuversichtlich. Wenn er die Pläne für das neue Haus zeigt, dann schleicht sich gar ein Ausdruck von Vorfreude in sein Gesicht. Dennoch plagen ihn noch immer verschiedene Sorgen: «Ich frage mich, ob ich das alles alleine machen kann, wie ich während der Bauzeit alles organisieren soll und so weiter.» Umso mehr ist Thomas Brändle froh, dass er auch in diesem Winter bei den Bergbahnen arbeiten kann. «Das lenkt ab und ich habe weniger Zeit zum Nachdenken», sagt er. Und wenn dort mal nicht viel los ist, dann nimmt er Papier und Bleistift zur Hand und zeichnet. Er skizziert Möbel, die er zusammen mit seiner Cousine aus den noch brauchbaren Balken des alten Hauses schreinern will. «Als Erinnerung an das alte Zuhause der Familie.»