Ein Lediwagen hängt am Seil

Am Samstag haben Helfer einen zerlegten Lediwagen in den Estrich des Bezirksgebäudes in Lichtensteig transportiert und dort wieder zusammengesetzt. Die Appenzeller Stiftung für Volkskunde hat ihn dem Toggenburger Museum überlassen.

Martin Knoepfel
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Christelle Wick und Hansruedi Kugler sorgen dafür, dass Fahrgestell und Aufbau des Lediwagens beim Transport in den Estrich des Bezirksgebäudes die Hauswände nicht beschädigen. (Bild: Martin Knoepfel)

Christelle Wick und Hansruedi Kugler sorgen dafür, dass Fahrgestell und Aufbau des Lediwagens beim Transport in den Estrich des Bezirksgebäudes die Hauswände nicht beschädigen. (Bild: Martin Knoepfel)

LICHTENSTEIG. Vom Himmel hoch kommt er zwar nicht her, aber dorthin – oder zumindest bis in den Estrich im fünften Stock – muss und schwebt er. Er, das ist ein zerlegter Lediwagen, der am Samstag in Lichtensteig in einem Lager des Toggenburger Museums eine neue Heimat erhält. Und diese Heimat befindet sich im Bezirks- oder Gerichtsgebäude im Städtli.

Während Deichsel und Räder in den Lift passen, sind Chassis und Aufbau zu lang, doch das Bezirksgebäude besitzt einen ausschwenkbaren Galgen und eine grosse Luke gegen die Obstgasse. Über einen Haspel läuft ein Seil, an dem Chassis und Aufbau aufgehängt sind. Früher hat man hier und auch in anderen Häusern im Städtli Waren mit Seil und Galgen in den Estrich hinaufgezogen oder von dort herabgelassen. «Ledi» ist übrigens ein alemannischer Ausdruck für Ladung oder Last. Auf Schweizer Seen fahren ja Ledischiffe.

Rasch zusammengesetzt

Bruno Wickli, Präsident der Museumskommission des Toggenburger Museums, und Helfer Martin Zwingli drehen den senkrechten Haspel und legen sich dabei ordentlich ins Zeug. Kunststück: Eigentlich sollten ihn vier Mann antreiben, und die Stecken sind kurz, was einen schlechten Hebel ergibt. Das Werk ist dennoch nach 20 Minuten vollendet: Der Lediwagen steht – noch ohne Deichsel und Räder – auf dem Estrichboden. Nach einer weiteren guten halben Stunde ist er fahrbereit. Eine kurze Debatte entbrennt über der Frage, ob die kleineren Räder an die Vorder- oder die Hinterachse gehören, doch die Variante «klein nach vorne» setzt sich durch.

Kein Platz in der Ausstellung

Im Winter hat die appenzellische Stiftung für Volkskunde den Lediwagen dem Toggenburger Museum geschenkt. Die Stiftung habe ein Lager aufgelöst und, wie unter Museen üblich, andere Häuser gefragt, ob sie Material übernehmen wollten. Das sagt die Kuratorin des Toggenburger Museums, Christelle Wick. «Der Lediwagen würde sich in der Ausstellung gut machen, doch uns fehlt Platz.» Die Kuratorin schätzt, dass der Lediwagen um 1900 gefertigt worden ist, wobei die Besitzer später abgenutzte Teile ersetzt haben. Lediwagen hätten dazu gedient, die für das Leben auf der Alp nötigen Gerätschaften im Frühling auf die Alp und im Herbst wieder ins Tal zu transportieren. Beispiele für solche Geräte seien das Butterfass oder der Käsekessel. Auf dem historischen Bild ist auch zu sehen, dass ein Schleifstein auf dem Lediwagen transportiert wird.

Bei der Konstruktion gebe es keine wesentlichen Unterschiede zwischen Toggenburger und Appenzeller Lediwagen. Das Gebiet rund um den Alpstein bilde einen Kulturraum. Zusammen mit dem Lediwagen habe das Museum den Schindlerstuhl eines Schindelmachers übernommen, sagt Christelle Wick.

«Zuerst Gerichtsakten»

Im Estrich des Bezirksgebäudes lagert das Museum neben dem Lediwagen unter anderem bemalte Schränke und Werkzeuge. Wie steht es da um die Brandsicherheit? Die Lager bildeten in vielen Museen ein Problem, räumt Christelle Wick ein. Im Sommer sei es im Estrich warm. Es sei ihr klar, dass bei einem Brand im Bezirksgebäude zuerst die Gerichtsakten hinausgetragen würden. Die dort eingelagerten Schränke besässen einen gewissen Wert. Die übrigen Lager seien im Museumsgebäude. Die wirklich wertvollen Stücke der Sammlung befänden sich jedoch in der Ausstellung im Museum, sagt Christelle Wick.