Die Verfahren brauchen oft zu lange, um ein Projekt umzusetzen, sagt Kilian Looser. Das nehme vielen Sachen den Schwung. Er bläst damit ins gleiche Horn wie Thomas Egger, der die administrativen Lasten verringen möchte, und zwar auf dem politischen Weg.
Sabine Schmid
sabine.schmid@toggenburgmedien.ch
Administrative Lasten hemmen die wirtschaftliche Entwicklung. Dies ist das Fazit einer Studie der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB). Dafür wurden rund 100 administrative Lasten identifiziert. Anhand der Gemeinden Innertkirchen, Blatten, Isérables und Nesslau wird aufgezeigt, was dies für die Verwaltungsarbeit heisst (siehe «Toggenburger Tagblatt» von gestern). Thomas Egger, Direktor der SAB, sagt, inwiefern die Ergebnisse politisch genutzt werden sollen.
Thomas Egger, warum hat die SAB die Studie über die administrativen Lasten im Berggebiet gemacht?
In der Schweiz wird oft über administrative Lasten gesprochen, dabei wird der Fokus aber immer auf die gesamte Schweiz gelegt. Wir wollten nun bewusst untersuchen, wie gross diese administrativen Lasten für die Berggemeinden sind. Die Berggebiete werden immer wieder als Subventionsjäger abgekanzelt. Wir sind aber überzeugt, wenn die administrativen Lasten kleiner sind, werden die Handlungsspielräume für die Gemeinden grösser und sie sind auf weniger Subventionen angewiesen.
Es gab vier Gemeinden, Innertkirchen, Blatten, Isérables und Nesslau. Warum wurden diese Gemeinden ausgesucht?
Der Ursprung der Studie liegt in Blatten, einer Gemeinde, die ich sehr gut kenne und von deren Fläche über 90 Prozent in einem Schutzgebiet liegen. Wir haben in unserem Bericht rund 100 administrative Lasten identifiziert, die spezifisch in den Berggebieten und ländlichen Räumen wirken. Diese Auswirkungen wollten wir anhand von vier Gemeinden konkretisieren und haben mit Blatten, Isérables, Innertkirchen und Nesslau bewusst Gemeinden aus verschiedenen Regionen berücksichtigt.
Welche Gemeinsamkeiten wurden festgestellt?
Alle Beispielgemeinden, und dazu sicher auch viele weitere in den Berggebieten, leiden und sind durch diese administrativen Lasten in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt. Die Gemeinden sind die Letzten in der Kette, hinter dem Bund und den Kantonen, und darum treffen sie die Lasten mit voller Wucht. In unserer Studie zeigen wir Beispiele von Bewilligungsverfahren und Raumplanung auf. Auch die Umsetzung der Zweitwohnungs-Initiative bringt Schwierigkeiten mit sich, denn diese verlangt zusätzliche Kontrollen und Auflagen bei der Bewilligung. Ein anderes Beispiel ist die Energieproduktion. Der Bau von erneuerbaren Energieproduktionsanlagen ist aufwendig zu bewilligen, da diese zwangsläufig oft in Schutzgebieten zu liegen kommen.
Welche Unterschiede gab es?
Jede Gemeinde hat unterschiedliche Standortvoraussetzungen. Damit sind auch nicht alle Gemeinden von den gleichen Lasten betroffen.
Welche Konsequenzen zieht die SAB aus dieser Studie?
Für uns ist klar, dass wir das Thema der administrativen Lasten aufs politische Parkett bringen müssen. Eine Lockerung der Rahmenbedingungen beispielsweise beim Raumplanungsgesetz ist zwingend, so dass die Gemeinden flexibler handeln können. Wir erachten die Studie als Grundlage, um den Dialog zu starten und politisch zu agieren. Dies zum einen, indem wir unseren Standpunkt bei Vernehmlassungen einbringen, zum anderen aber auch selber aktiv werden und im Parlament Vorstösse einreichen.
Wie können die Interessen der Agglomerationen und der Berggebiete unter einen Hut gebracht werden?
Wir haben die typischen Lasten für Berggebiete identifiziert. Themen wie der Bau von Seilbahnen, Bauen ausserhalb der Bauzone oder die Landwirtschaft betreffen praktisch nur die Berggebiete und nicht die Agglomerationen. Hier können wir gut auf nationaler Ebene bei den jeweiligen spezifischen Gesetzen wie dem eidgenössischen Raumplanungsgesetz ansetzen.
Muss es Änderungen bei der Gesetzgebung geben?
Nicht zwingend, denn unsere Beobachtungen betreffen nicht nur die Gesetze, sondern auch deren Vollzug. So stellt sich zum Beispiel bei Programmvereinbarungen zwischen Bund und Kantonen im Umweltbereich ein Problem im Vollzug. Die Aufgabenteilung wäre eigentlich klar. Nur mischt sich der Bund allzu oft in die Kompetenzen der Kantone ein, was zu einer Verdoppelung des Aufwandes führt.
Wer erlässt diese Regelungen?
Das Parlament, aber auch die Verwaltung, die in einzelnen Bereichen zu zentralistisch funktioniert. Die Tendenz geht dahin, mehr auf Bundesebene zu regeln, was eigentlich in der Kompetenz der Kantone liegt.
Wie können die Regelung der Gesetze und der Schutz der Natur und der Heimat unter einen Hut gebracht werden?
Wir wollen keinesfalls bestehende Schutzgebiete in Frage stellen. Aber es braucht einen Abbau von Lasten, der Vollzug muss vereinfacht werden. Die Lasten haben auch direkte finanzielle Konsequenzen für die Gemeinden. Ich möchte dies anhand eines Beispiels ausführen: 2013 wurden die Restwasserbestimmungen angepasst. Dies brachte mit sich, dass die Wasserkraftwerke weniger produzieren konnten und Produktionseinbussen von geschätzten 140 Millionen Franken hinnehmen mussten. Dies erhöhte den Druck auf diese Unternehmungen. Nun will der Bund den Wasserzins um 150 Millionen Franken senken, was zu Lasten der Berggemeinden geht, die dadurch weniger Geld erhalten.
Wer ist nun gefordert, National- und Ständerat?
Hier ist das Parlament gefordert. Wir werden entsprechende Vorstösse einreichen, um die Grundpositionierung gegenüber Berggebieten zu verändern. Ich bin überzeugt, damit sind wir im Parlament mehrheitsfähig.
Und die Kantone?
Wie gesagt, wir haben uns auf die Lasten von Seiten des Bundes beschränkt. Aber die Kantone haben gewiss auch ein Interesse, die administrativen Lasten zu senken.
Was soll die Studie für das Berggebiet letztlich bringen?
Es muss uns gelingen, das vorhandene Innovationspotenzial, das sehr gross ist, zu nutzen und die Entwicklung der Berggebiete nachhaltig zu stärken. Wir müssen das zu eng geschnürte Korsett wieder so weit lockern, dass wir wieder Luft zum Atmen haben.
Der vollständige Bericht ist unter www.sab.ch verfügbar.