THURSANIERUNG: Den Menschen nicht aussperren

Anlässlich eines kommentierten Spaziergangs liessen sich Interessierte am Freitagabend vom Projekt der Thursanierung und dessen naturschützerischen Aspekten informieren. Eingeladen hatte der Verein «nathur — Wattwil, Krinau, Lichtensteig».

Michael Hug
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Projektleiter Philipp Gyr erläuterte an der Thur im Bunt den Planungsstand der Thursanierung. (Bild: Michael Hug)

Projektleiter Philipp Gyr erläuterte an der Thur im Bunt den Planungsstand der Thursanierung. (Bild: Michael Hug)

«Es zerren verschiedene Interessen an diesem Projekt.» Philipp Gyr muss es wissen, er ist die zentrale Schaltstelle des Jahrhundertprojekts an der Wattwiler Thur. Der diplomierte Bauingenieur ist Projektleiter im kantonalen Amt für Wasser und Energie (AWE) und mit dem Projekt der Thursanierung betraut. Damit hatte der Verein nathur für seine kommentierte Führung am Freitagabend die zentrale und wohl kompetenteste Person engagieren können. Gyr stand Rede und Antwort und nahm Stellung zu zahlreichen Fragen. Entsprechend der Interessenlage des Naturschutzvereins nathur beleuchtete Gyr vorab die Aspekte der Natur und des Naturschutzes am Projekt. Etwas provokativ stellte nathur die Frage «Naturschutz oder Partymeile an der Thur?» in den Raum.

Schäden sofort reparieren

Der Kanton käme hier seiner Pflicht nach, sagte Philipp Gyr: «Die Grundsätzlichkeit der Sanierung steht ausser Frage. Der Thurverlauf, so wie er vor mehr als hundert Jahren gebaut wurde, ist in einem desolaten Zustand.» Unabhängig vom laufenden Projekt wird der Kanton an Orten, wo die Schäden bei einem Hochwasser gravierende Folgen haben könnten, Reparaturen vornehmen müssen und damit noch während der laufenden Planungsphase beginnen. Sehr früh, seit einem Jahr, haben die Projektverantwortlichen vom AWE die Bevölkerung mittels dreier sogenannter Beiratsveranstaltungen die Bevölkerung in die Projektschritte miteinbezogen. Zurzeit kläre die Projektleitung nach allen Seiten Massnahmen und Problemlösungen: «Es sind eben sehr viele Interessen betrof- fen.» Zum Beispiel Grundeigentümer und Landbewirtschafter, deren Grundstücke an die Thur stossen. Gyr: «Das Bett der Thur muss verbreitert werden. Das zieht Eingriffe in anstossende Grundstücke nach sich.» Hierbei gäbe es umfangreiche Abklärungen, inwieweit wer betroffen sein wird, so Gyr weiter: «Wir wollen beide Thurseitenwege bis ins Bunt beibehalten, auch hier müssen verschiedenste Interessen berücksichtigt werden.» Der Projektleiter erwähnt die Interessen der Fussgänger, der Hundebesitzer, der Velofahrer und der Gemeinde, die den Winterdienst gewährleisten muss. «Einen Veloweg wird es nur noch auf der rechten Seite der Thur geben, dafür wird dieser Weg auf vier Meter Breite ausgebaut, damit die grossen Fahrzeuge für Unterhalt oder Notfalldienste durchfahren können.» Diese zusätzlichen Ansprüche werden wohl nicht ohne Landenteignungen durchführbar sein.

Hälfte der Bäume betroffen

460 Bäume stehen am Verlauf der Thur, die meisten davon so nah am Fluss, dass sie von der Erweiterung betroffen sein werden. «Wir haben alle Bäume betrachtet, haben registriert, was sie für Vögel, Insekten, Bodenlebewesen und sogar die Flechten auf ihnen bedeuten. Wir werden darum alle Bäume, die beim Bau weichen müssen, und das wird mehr als die Hälfte sein, adäquat ersetzen.» Mit Plänen und Erläuterungen stellte Gyr die Situation dar, insbesondere widmete er sich den geplanten Veränderungen im Bereich Schomatten bis Bunt. Rund 25 Meter mehr Raum braucht die Thur in diesem Verlauf. Infolgedessen sei geplant, den Fussballplatz und das unterirdische Regenrückhaltebecken zu verlegen. Zudem falle die Brücke beim Jumbo und der linksseitige Fussweg weg. Gyr: «Damit erhalten wir einen Ruhebereich für die Natur. Ausser für die Bewirtschaftung des Bodens gibt es dort keinen Öffentlichkeitsverkehr mehr.»

Unterhalb der Hochsteig, wo die Thur eine Rechtskurve beschreibt, seien Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen vorgesehen. Mittels Kiesbänken soll ein Ruhegewässer entstehen, wo sich ausbreiten kann, was am fliessenden Gewässer nicht möglich ist. Mittels einer Beobachtungsplattform könne man die Entwicklung dieses Biotops über das Jahr beobachten, so Gyr. Abschliessend sagte der Projektleiter: «Wir versuchen bei allem die Ansprüche der Natur miteinzubeziehen. Dazu sind wir mit verschiedenen Gesetzen auch verpflichtet.» Doch ein Naturschutzgebiet werde aus dem sanierten Thurabschnitt nicht: «Man kann den Menschen nicht aussperren, er ist auch Teil der Natur.» Aber eine Partymeile wird es nicht geben.

www.thursanierung-wattwil.ch