500 Jahre Reformation
Der Wind macht den Organisatoren einen Strich durch die Rechnung. Bereits auf Iltios ist Endstation, nicht wie geplant auf dem Chäserrugg. «Schattenwurf Zwingli» heisst die Veranstaltung, Zwinglis Schatten wird dabei vom Zürcher Lichtkünstler Gerry Hofstetter in die Toggenburger Nacht geschickt. Mehr als 50 Personen lassen sich dieses Schauspiel trotz des stürmischen Wetters am Mittwochabend nicht entgehen. Aber sie sind froh, dass es bald darauf wieder ins Warme geht, zu einem Sofagespräch.
Für das «reformierte» Sofagespräch, wie es Moderator Pfarrer Christoph Sigrist nennt, nehmen die Gesprächsteilnehmer auf Holzstühlen Platz. Eingeladen sind Nationalrat Toni Brunner, der Zürcher Regierungspräsident Mario Fehr, Heiner Graf, Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Kirche des Kantons St. Gallen und Gerry Hofstetter, der Zwingli als Schatten ins Toggenburg gebracht hat. Der Schatten, den er von der Zwinglistatue beim Grossmünster in Zürich genommen hat.
Etwas debattieren sei durchaus im Sinne Zwinglis, schickt Christoph Sigrist voraus. Der Reformator habe gerne debattiert und nie etwas für sich alleine entschieden. Angeknüpft an Wildhaus als Geburtsort von Zwingli haben die Veranstalter den Abend unter das Motto «Neugeburt» gestellt. Dies bringt Christoph Sigrist zu seiner ersten Frage, nämlich wie die Gesprächsteilnehmer die «Geburt des Jahres 2017» begangen haben. Toni Brunner erzählt, dass er sich am Neujahrstag über die Geburt eines Stierkalbs gefreut habe. «Dieses habe ich Huldrych genannt», fügt er hinzu. Später ist zu erfahren, dass es sich um ein schwarzes Kalb handelt, also um ein Eringer. Mario Fehr hat den Neujahrstag in England in seiner «Dreifaltigkeit» begangen und sich, wie er sagt, dabei gut gefühlt. Am Morgen sei er rennen gegangen, dann habe er einen Gottesdienst besucht und am Nachmittag sei er an einem Fussballmatch gewesen. Gerry Hofstetter ist im wahrsten Sinne des Wortes, nämlich auf einer Eisbahn, ins neue Jahr gerutscht. Da sich am Mittwoch der Entscheid der Zürcher Obrigkeit, die Reisläuferei abzuschaffen, zum 495. Mal gejährt hat, nimmt Christoph Sigrist diesen Faden auf und meint, dass jeder in seiner Funktion schöpferisch tätig sein könne, um etwas Neues zu schaffen. Was dies denn bei ihnen ist, will er von den Herren der Gesprächsrunde wissen. Toni Brunner sagt, dass seine Lebensfreude und sein Humor ihm helfen, schöpferisch tätig zu sein. Er vergleicht sich dabei mit Zwingli, der auf seine Art ein Satiriker gewesen sei, gepaart mit der bescheidenen Art der Toggenburger Bauern. Mario Fehr hält dem entgegen, dass es Zwingli alleine nie soweit gebracht hätte. Die Reformation sei nur geglückt wegen der Synthese eines Toggenburgers und der Zürcher Obrigkeit. «Der Wildhauser und die Zürcher haben zusammen die Welt bewegt.» Heiner Graf vereint für seine schöpferische Tätigkeit in der kirchlichen Organisation seine Herkunft und seine Ausbildung. «Mein Wissen als Unternehmensberater in die Kirche zu bringen, schafft Möglichkeiten», sagt er. Die Summe seiner Erfahrungen und der Neugier, gepaart mit Aussagen der Menschen machen die Kreativität von Gerry Hofstetter aus. «Zwingli hat geschaut und zugehört und hat gemerkt, dass etwas nicht mehr passt. Mit seinen Erfahrungen hat er dann etwas Neues geschaffen», sagt er.
Nach einem musikalischen Intermezzo durch den Jodelclub Säntisgruess setzt Christoph Sigrist zur Schlussrunde an. Was für Bilder man von diesem Reformationsjubiläum haben soll, fragt er. Das Jubiläum schaffe Raum, aus der Routine herauszubrechen und über letzte Fragen nachzudenken, findet Mario Fehr. Gerry Hofstetter nimmt das Jubiläum zum Anlass, das Thema auf moderne Art ins Rampenlicht zu stellen. Er ist der Ansicht, dass man so etwas jedes Jahr tun sollte. Für Heiner Graf ist es wichtig, dass der Glaube, die Gnade Christi und die Kirche einen guten Platz im Leben bekommen und dass Zwinglis Botschaft in die ganze Welt komme. Christoph Sigrist schliesst mit dem Vergleich, das Reformationsjubiläum sei, wie wenn man beim Vorwärtsfahren immer wieder kurz in den Rückspiegel schaut. «Es ist etwas, das es ab und zu braucht.»
Sabine Schmid
sabine.schmid@toggenburgmedien.ch