Die Stadtsanktgaller Linke will Eigentümer von leerstehenden Ladenlokalen mit einer Lenkungsabgabe belegen. In den sozialen Medien gibt dieser Vorschlag zu reden: Während die einen die Rückkehr des Kommunismus wittern, unterstützen andere die Idee.
Wer Ladenlokale in der Innenstadt lange leer stehen lässt, soll künftig mit einer Lenkungsabgabe belegt werden. Das fordert die SP/Juso/PFG-Fraktion im St. Galler Stadtparlament. Die Lenkungsabgabe würde sich explizit nur gegen jene Ladenvermieter richten, die gegen öffentliche Interessen handeln. Denn auf Dauer leere Ladenlokale seien nicht im Interesse der Allgemeinheit, der Markt funktioniere nicht, so die Argumentation der Motionäre.
In den sozialen Medien stösst der Vorschlag der Linken auf einigen Zuspruch. «Finde ich gut», schreibt zum Beispiel eine Facebook-Nutzerin. Ein anderer betont, wie sehr er sich an den vielen leeren Ladenlokalen im Stadtzentrum störe. «Sie führen mir tagtäglich vor Augen, dass ich weniger online dafür mehr offline einkaufen sollte.» Und wieder eine andere Userin schreibt: «Hier wäre die Politik in der Verantwortung! Und die Hausbesitzer. Aber die lassen ja lieber leer stehen, als die Mieten zu senken!»
Es hagelt aber auch Kritik für den Vorschlag der SP/Juso/PFG-Fraktion. Ein User sieht gar sarkastisch den Sozialismus vergangener Zeiten wieder aufleben: «Irgendwie kommt es mir so vor, als ob der Kommunismus aus dem früheren Ostblock wegen Nichtgebrauchs nun weltweit zur Verteilung kommt». Ein anderer schreibt: «Wie wär's mit einer Steuersenkung?»
Eine Nutzerin schreibt: «Das sind doch die gleichen Politiker, welche mit schöner Regelmässigkeit dafür plädieren, dass mehr und mehr Parkplätze in der Stadt abgeschafft werden. An Perversität ist das kaum zu überbieten.» Und auch Blogger Marcel Baur hält nur wenig von dem Vorschlag der Ratslinken:
Harte Zeiten für die Nostalgiker, die gerne Schaufensterbummel unternehmen - aber Palliative Care bringt auch nichts, geht ins Licht und es wird hell #kurzverbloggt https://t.co/oJ0CtwrAGi
— Marcel Baur (@marcel_baur) 10. Juli 2018
Rückendeckung erhält Baur in seiner Einschätzung von Hans-Dieter Zimmermann, Dozent für Wirtschaftsinformatik an der Fachhochschule St.Gallen und ebenfalls Blogger:
Ein traditionelles Ladenkonzept ohne Mut zur Innovation und Veränderung wird kaum dem veränderten Konsumverhalten gerecht, auch nicht bei günstigeren Mieten, die das Leiden höchstens verlängern #Lädelisterben https://t.co/zUbUJBmdZq
— HD (@hdzimmermann) 10. Juli 2018
Die Meinungen gehen weit auseinander - nicht nur im Stadtparlament, sondern auch in den sozialen Medien. Der Stadtrat hat nun bis im Oktober Zeit, zum Vorstoss Stellung zu nehmen. Danach entscheidet das Stadtparlament, vermutlich im Spätherbst, ob die Motion als Auftrag an den Stadtrat weitergeleitet oder abgewiesen wird.