Interview
St.Galler Standortförderer: «Wir haben eine Vision – und wir arbeiten an ihrer Umsetzung»

Im Interview erklärt Samuel Zuberbühler, Leiter der Standortförderung der Stadt St.Gallen, welche Branchen eine Schlüsselstellung in der Zukunft haben werden und wie die Krise der Stickerei nachhallt.

Reto Voneschen
Drucken
Samuel Zuberbühler, Leiter Standortförderung Stadt St.Gallen (Bild: PD)

Samuel Zuberbühler, Leiter Standortförderung Stadt St.Gallen (Bild: PD)

Gemäss der am Mittwochabend vorgestellten Studie von Wirtschaft Region St.Gallen (WISG) ist die Stadt St.Gallen wirtschaftlich nur Mittelmass.

Samuel Zuberbühler: Ich glaube, diese Studie zeichnet kein so schlechtes Bild der städtischen Wirtschaft. Bei den Kennzahlen liegen wir im Schweizer Schnitt, nur bei der Bevölkerungsentwicklung sind wir unterdurchschnittlich. Wir schwingen zwar nirgends obenaus, dafür fallen wir aber auch nirgends wirklich ab. Im Gegenteil: Gemessen an der übrigen Schweiz ist etwa das Steuerklima für Unternehmen bei uns gut. Ich fand’s daher auch wichtig, dass die oft dominante Steuerfrage bei den Diskussionen vom Mittwochabend eine untergeordnete Rolle spielte.

Wir sind wirtschaftlich nur durchschnittlich. Müssen wir damit jetzt einfach leben? Oder kann man dagegen etwas tun?

Nein, damit müssen wir nicht leben. Regionen, die heute wirtschaftlich die Nase vorne haben, hatten einen einfacheren Start als St.Gallen. Stadt und Region mussten beim Wiederaufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg zuerst die immer noch nachwirkende Krise der Textilindustrie bewältigen...

Apropos Textilkrise: Einzelne Vertreter aus Wirtschaft und Politik träumen davon, dass St.Gallen wirtschaftlich wieder so stark wird, wie während des Textilbooms. Wie realistisch ist das?

Die Krise der St.Galler Stickereiindustrie zeigt das grosse Risiko, dass man eingeht, wenn man als Stadt oder Region wirtschaftlich alles auf eine Karte setzt. Wenn diese nicht sticht, steht man als Verlierer da. Wir brauchen eine breit abgestützte Wirtschaft – und das haben wir heute. Eine starke Wirtschaft ist für die Stadt St.Gallen auch kein Traum, den man sowieso nicht erreichen kann. Dabei handelt es sich um eine durchaus realistische Vision. Es ist sehr wohl möglich, unsere Wirtschaft zu stärken und in einzelnen Bereichen eine Topstellung aufzubauen. Das braucht aber Zeit und Ressourcen.

Hat die Stadt wirklich eine Vision zur Stärkung der Wirtschaft?

Wir haben nicht nur eine Vision, wir arbeiten auch aktiv an ihrer Umsetzung. Die «Vision 2030» setzt die Leitplanken dafür, was die Stadtverwaltung pushen, fördern soll.

Wie sieht das konkret aus?

Die Stadt St.Gallen will gezielt Wirtschaftszweige mit Zukunft fördern. Dazu gehört etwa die IT-Branche, der eine Schlüsselstellung für die Zukunft zukommt. Das Erfreuliche daran ist, dass unsere Fördermassnahmen erste Erfolge zeigen. Das bestätigt jetzt auch die WISG-Studie.

Kann man aus dem Ansatz noch mehr herausholen?

Wir müssen den eingeschlagenen Weg fortsetzen. Neben der IT-Branche wollen wir den Medtech-Bereich stärken. Dabei stehen wir am Anfang. Die personellen Ressourcen dafür haben wir bei der Standortförderung geschaffen. Wichtig für den Erfolg sind jetzt auch der dritte Anlauf zur Schaffung eines Innovationsparks und der Aufbau eines Medizinstudiums in St.Gallen. Zudem sind wir bereits daran, unsere Institutionen im Gesundheitsbereich besser zu vernetzen. Das Echo auf diese Bemühungen ist positiv. Auch eine räumliche Vorstellung, wo man Medtech-Betriebe ansiedeln könnte, haben wir: Die Areale an der Steinachstrasse, die durch den Neubau eines Betriebszentrums samt Busdepot für die Technischen Betriebe freigemacht werden könnten, sind optimal geeignet. Ich bin drum zuversichtlich, dass wir da erfolgreich sein werden.