St. Galler Stadtratswahlen
Kurz vor dem Wahlsonntag liegen die Nerven blank – Mathias Gabathuler tritt auf Facebook mit Anlauf ins Fettnäpfchen und krebst zurück

Der FDP-Kandidat für Stadtpräsidium und Stadtrat greift in einem Facebook-Kommentar eine Fachhochschulprofessorin wegen ihrer Wahlempfehlung für Maria Pappa (SP) frontal an. Dafür erntet er Häme und Kritik – und entschuldigt sich am nächsten Morgen.

Luca Ghiselli
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Am Sonntag ist es so weit. Die Stadt St. Gallen wählt eine neue Stadtpräsidentin oder einen neuen Stadtpräsidenten und füllt die letzte Vakanz im Stadtrat. Endlich, ist man versucht zu sagen. Denn der Wahlkampf dauert bereits über sechs Monate. Er verlief gehässiger als auch schon: Anonyme Vorwürfe, ein gebrochenes bürgerliches Bündnis, eine Kontroverse über Wahlplakate an städtischen Liegenschaften. SP, FDP und CVP bekämpften sich mit harten Bandagen.

Wer kurz vor der Zielgerade auf ein versöhnliches Ende hoffte, wurde am Mittwochabend enttäuscht. Kurz vor der Urnenschliessung treibt der Wahlkampf noch einmal seltsame Blüten: Mathias Gabathuler, seines Zeichens FDP-Kandidat für Stadtpräsidium und Stadtrat und Rektor der Kantonsschule am Brühl, kommentierte auf Facebook ein Posting der städtischen SP. Dessen Inhalt: eine Wahlempfehlung für Maria Pappa von Ruth Maria Kuster, Professorin für Soziale Arbeit an der Fachhochschule Ost. Gabathuler schreibt in seinem Kommentar Kuster direkt an:

Gabathuler schreibt von Missbrauch und verfasst seinen Kommentar im Namen der «grossen Zulieferschule Kanti am Brühl». Er erwartet eine umgehende Kontaktaufnahme und grüsst «freundlich».

Die Antworten – grösstenteils aus SP-Kreisen – lassen nicht lange auf sich warten. Noch in der Nacht braut sich ein Shitstürmli zusammen. Joel Müller, Vizepräsident der SP Toggenburg, vermutet einen schlechten Witz. SP-Stadtparlamentarier Etrit Hasler kehrt den Spiess gleich um und schreibt despektierlich an die Adresse von «Herr Gabbagabba»:

«Sie haben ja im Namen der Kanti am Brühl geantwortet, wenn ich das richtig lese. Und links daneben sehe ich ein Profilbild, das Sie zur Wahl empfiehlt? Ich erachte diesen Missbrauch Ihrer Position als Rektor als höchst problematisch und erwarte umgehend eine Kontaktaufnahme, ansonsten müsste ich mir ja noch kurz überlegen, eine Aufsichtsbeschwerde einzureichen?» Juso-Vorstand Moritz Rohner postet ein GIF mit der Überschrift «Daddy chill». Und auch ein «Ok Boomer» findet sich in der Kommentarspalte.

Der nächtliche Shitstorm ging an Gabathuler nicht spurlos vorbei. Am Morgen schreibt er, er bedaure sein emotionales Posting. Er sei von der Wahlempfehlung persönlich verletzt gewesen, es stehe aber jeder Bürgerin und jedem Bürger frei, eine Wahlempfehlung abzugeben:

Etrit Hasler und Mathias Gabathuler werden – Bedauern hin oder her – so schnell keine Freunde mehr. Denn Hasler liess sich mit der Entschuldigung am Morgen danach nicht abspeisen und doppelte nach. Gabathuler habe gegen seine Pflichten als Rektor verstossen, indem er im Namen seines Arbeitgebers mit seinem Kommentar in den Wahlkampf eingegriffen habe.

Ob die Geschichte mit der Entschuldigung Gabathulers erledigt ist, wird sich zeigen. Die Nerven liegen wenige Tage vor dem Wahlsonntag jedenfalls blank. Und Gabathuler hat am Donnerstagmorgen sicher zwei Dinge gelernt. Erstens: Es gibt ein «Daddy chill»-Meme. Und zweitens: «Emotionale Postings» kommen in der Politik selten gut an. Vor allem, wenn man sie im Namen des Arbeitgebers absetzt.