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Die 15-Jährige Rebecca Schefer hat in ihrer Abschlussarbeit 16 Oktopusse für Frühchen gehäkelt. Sie tragen Hüte auf dem Kopf, Kopfhörer in den Ohren oder den grün-weissen FCSG-Style. Und ihre Tentakel dienen den Babys als Nabelschnurersatz.
Vor 20 Jahren kamen Rebecca Schefers Geschwister als Frühchen auf die Welt. Kurz nach der Geburt starben jedoch beide. Trotzdem schenkte man ihnen damals, wie im Spital bei Frühgeborenen üblich, eine kleine Decke, von anonymen Freiwilligen selbstgehäkelt. «Diese Decke haben wir bis heute aufbewahrt, als Erinnerungsstück. Damals freuten sich meine Eltern riesig über die Geste», sagt die Schülerin aus der Maitleflade.
Weil sie diese Freude anderen Eltern und Frühgeborenen ebenfalls schenken wollte, beteiligte sich Schefer in ihrer Abschlussarbeit am Projekt «Oktopus für Frühchen». Dabei handelt es sich um einen Freiwilligeneinsatz. Jeder, der Frühgeborenen helfen möchte, kann nach bestimmten Vorlagen aus dem Internet einen Oktopus häkeln. Dieser wird den Frühchen mit in den Brutkasten gelegt. Als eine Art Nabelschnurersatz sollen die Tentakel verhindern, dass die Frühchen ihre Schläuche aus der Nase ziehen und Rückschläge erleiden.
Schefers Geschwister waren aber nicht etwa der ausschlaggebende Grund für ihre Themenwahl. Viel mehr liess sie sich von einem Zeitungsartikel inspirieren, in dem das Konzept der Oktopusse beschrieben war und die Leser zum Häkeln aufforderte. «Ich fand die Idee des Projektes so toll, dass ich den Artikel einfach aufbewahren musste und mir vornahm, das Ganze bei Gelegenheit selbst einmal auszuprobieren. Da kam mir die Abschlussarbeit natürlich gerade gelegen», sagt die 15-Jährige mit einem Lächeln. Was im Zeitungsartikel als Resultat beschrieben stand, hat sie selbst schon einmal miterlebt: Frühchen, die mit ihren winzigen Händen einen gehäkelten Oktopus umklammern.
«Als ich im Spital schnuppern durfte, habe ich dort auch Frühchen gesehen. Die waren wahnsinnig herzig, aber zugleich taten sie mir auch ein bisschen leid, weil sie mir so unbeholfen vorkamen. Einer der Frühgeborenen hatte auch so einen Tintenfisch in seinen Fingerchen, was mich zum Schmunzeln brachte.»
Die St.Gallerin bastelt für ihr Leben gerne: «Ich finde es toll, mit meinen eigenen Händen etwas zu erschaffen.» Ihre Mutter erzählt von Momenten, als die Familie Tagesausflüge machte, ihre Tochter aber, vom Basteln angefressen, zu Hause blieb und bei der späten Heimkehr immer noch «mit einer Heidengeduld an ihrem Projekt werkelte».
Als Schefer aber selbst Garn und Nadel in den Griff nehmen musste, war die Sache zu Beginn gar nicht so einfach. Sie habe das Gelernte aus der Handarbeit schon lange vergessen und musste alles wieder neu lernen. Ausserdem erforderte die Arbeit viel Disziplin, nicht immer sei es leicht gefallen, in der Freizeit stundenlang zu häkeln. «Ich habe meine Themenwahl aber nie bereut», sagt Schefer, «immer, wenn ich mich daran erinnerte, dass zukünftig ein Frühchen meinen Oktopus in den Händen halten wird, gab mir das neue Motivation.» Mit 12 bis 16 Stunden pro Oktopus und 16 fertiggestellten Exemplaren häkelte die Schülerin um die 230 Stunden.
Dabei musste sie sich beim Herstellen des Körpers und der Tentakeln an Richtlinien halten. Waren die Maschen zu gross, musste sie noch einmal neu beginnen. Die Kopfbedeckung hingegen hat sie selbst gestaltet. Zeitgemäss stecken dem einen Kopfhörer im Ohr, während andere Haarreifen und Hüte tragen. Sogar einen FCSG-Oktopus gibt es. Dieser wird sich wohl bald in den Fingerchen eines wortwörtlich kleinen Fussballfans befinden.