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Die Stadt St.Gallen kann im Quartierzentrum von St.Georgen die Fahrgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer herabsetzen. Das hat das Bundesgericht entschieden. Die Massnahme gilt probeweise für ein Jahr. Sie soll nach den Sommerferien kommen.
Jetzt ist es definitiv: Die Stadt St.Gallen kann auf der St.-Georgen-Strasse, im Abschnitt von der Felsenstrasse bis zur Kirche St. Georgen, Tempo 30 einführen. Das Bundesgericht hat bejaht, dass diese Massnahme notwendig sowie zweck- und verhältnismässig sei, und damit die Urteile der Vorinstanzen gestützt.
Vor fünf Jahren hatte die Stadt die entsprechenden Verkehrsanordnungen publiziert. Sie erhoffte sich dank der Geschwindigkeitsreduktion eine Erhöhung der Sicherheit für Fussgänger, insbesondere für Kinder, welche die Strasse unter anderem auf dem Schulweg überqueren müssen, und für ältere Personen. Dagegen gab es jedoch Widerstand aus dem Quartier. Die Einsprecher wehrten sich beim kantonalen Sicherheits- und Justizdepartement und zogen die Entscheide weiter ans Verwaltungsgericht des Kantons St.Gallen und schliesslich ans Bundesgericht – und blitzten jedes Mal ab.
Mit dem Urteil geht ein jahrelanger Rechtsstreit zu Ende – zumindest vorerst. Denn die Einführung von Tempo 30 gilt probeweise zunächst für ein Jahr. Die definitive Herabsetzung der Geschwindigkeit müsste die Stadt nach einer Auswertung der Testphase nochmals öffentlich auflegen. Die Einsprecher hätten also wieder die Möglichkeit, das Projekt auf juristischem Weg zu bekämpfen.
In seinem Urteil lässt das Bundesgericht keines der Argumente der Beschwerdeführer gelten. So schreibt es beispielsweise, wenn das Verwaltungsgericht davon ausgehe, dass es sich angesichts von 21 Unfällen zwischen 2009 und 2013 um einen für alle Verkehrsteilnehmer gefährlichen Strassenabschnitt handle, sei dies nicht zu beanstanden. Dass es sich, wie von den Beschwerdeführern ins Feld geführt, bei lediglich einem dieser Unfälle um eine Kollision zwischen einem Personenwagen und einen Fussgänger handle, ändere nichts daran. Zudem sei die Feststellung eines Sicherheitsdefizits nicht davon abhängig, dass sich bereits Verkehrsunfälle ereignet hätten.
Elmar Jud, rechtlicher Vertreter der insgesamt 81 Beschwerdeführer, widerspricht dem entschieden: Zum einen zeige ein einziger Unfall mit Fussgängerbeteiligung, dass es sich nicht um einen Unfallschwerpunkt handle. Zum anderen erhöhe Tempo 30 die Sicherheit nicht, da Fussgänger auf dem Zebrastreifen ohnehin Vortritt geniessen und abseits davon rechtlich ebenso wenig geschützt seien wie bei Tempo 50. Durch die vorgesehene Aufhebung des Fussgängerstreifens bei der Bitzistrasse und jenes beim Café Mühlegg, der infolge der Umgestaltung des dortigen Strassenraums verschwinden soll, verschlechtere sich sogar die Sicherheit für Fussgänger. Es gebe also keine Notwendigkeit, die Geschwindigkeit herunterzusetzen.
Folglich sei die Massnahme «objektiv falsch und sachlich nicht begründet».
Das Bundesgericht hält jedoch fest, dass die Rüge der Beschwerdeführer, die bestehenden Fussgängerstreifen müssten aufgehoben werden, was eine massive Verschlechterung der Sicherheit für die Fussgänger zur Folge habe, nichts am Ergebnis ändere. Die Feststellungen zum Schutz der Fussgänger seien nachvollziehbar.
Elmar Jud kritisiert diesbezüglich auch, dass das Bundesgericht keine Beurteilung der Situation vorgenommen habe und lediglich auf die Entscheide der Vorinstanzen abstelle. So heisst es im Urteil, dass das Bundesgericht Zurückhaltung übt, soweit die Beurteilung von einer Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhänge, welche die zuständigen Behörden besser kennen als das Bundesgericht. Diese besässen ausserdem einen erheblichen Gestaltungsspielraum.
Stadträtin Sonja Lüthi zeigt sich froh über das Urteil des Bundesgerichts. Die Stadt werde «möglichst bald» Tempo 30 in jenem Abschnitt der St.-Georgen-Strasse signalisieren. Der Zeitpunkt sei noch nicht ganz klar. «Voraussichtlich nach den Sommerferien.»