In St.Gallen gibt es neben dem Paul-Grüninger-Stadion zwei Stellplätze für Wohnmobilisten. Doch die beiden Plätze genügen nicht.
Urs Weishaupt ist wütend. Wütend auf den Stadtrat und seine Haltung gegenüber Wohnmobilstellplätzen. Solche gebe es in der Umgebung genug, in der Stadt seien sie kein Bedürfnis, schreibt der Stadtrat in der Antwort auf einen Vorstoss.
Genau das ärgert Weishaupt, den ehemaligen Leiter der stätischen Kommunikation. Zwar hat es in St.Gallen neben dem Paul-Grüninger-Stadion zwei Stellplätze. Doch dort sei der Boden schräg und die Plätze seien häufig wegen Fussballspielen besetzt, sagt Urs Weishaupt. «Warum also nicht an zentraler Stelle ein Provisorium aufstellen und testen, ob das ein Bedürfnis ist?», fragt er. «Dem Stadtrat und der Verwaltung fehlt es an Willen und Fantasie, dabei wären provisorische Stellplätze schnell eingerichtet.»
Weishaupt hat bereits einen konkreten Plan. Die Kreuzbleiche sei geeignet, weil zentrumsnah und an mehreren Buslinien gelegen. Auf dem Kiesplatz würde er zwei, drei Plätze für Wohnmobile einzeichnen und ein «Toi-Toi»-WC aufstellen. Die Plätze ständen nur saisonal, von Mai bis Ende September zur Verfügung. «Das darf dann aber keinesfalls gratis sein. Wenn jemand mit dem Auto parkiert, muss er schliesslich auch zahlen.» Zudem sei es wichtig, das Angebot in den gängigen Campingführern zu platzieren.
Wenn dieses dann auf Nachfrage stösst, würde Weishaupt – selbst seit zwölf Jahren Wohnmobilist – das Angebot ausbauen und einen Stromkasten der Stadtwerke aufstellen. «Aber alles immer noch im Provisorium.»
Doch so einfach ist es nicht: Schon in der Antwort auf den Vorstoss hielt der Stadtrat fest, dass der Platz auf der Kreuzbleiche nicht durchgehend zur Verfügung steht. Während der Olma, Zirkusaufführungen und weiteren Anlässen stehen Fahrzeuge auf dem Platz. Ausserdem nutzt ihn die Voltigiergruppe St.Gallen zum Verlad.
Zudem gebe es rund um St.Gallen ein breites Angebot an Stellplätzen für Wohnmobile, schreibt Stadtpräsident Thomas Scheitlin auf Anfrage. Die Infrastruktur dieser Plätze sei sehr gut. «Wenn die Stadt in diesen Markt eintreten will, dann muss das Angebot professionell daherkommen.» Dies wiederum gehe nicht ohne Investitionen in Infrastruktur und Betrieb. «Nur ein ‹Toi-Toi› aufzustellen, ist weit entfernt von den Infrastrukturanforderungen an Stellplätze.» Um den heutigen Ansprüchen zu genügen, brauche es Wasser, Strom, Entsorgung, Toiletten, Bezeichnung der Plätze und ein Zahlungssystem.
Dem wiederum widerspricht Rolf Järmann, Vorstandsmitglied des Schweizerischen Camping- und Caravanning-Verbands (SCCV):
«Von mir aus bräuchte es nicht einmal ein ‹Toi-Toi›. Ein Schild, dass nur Wohnmobile mit eingebautem WC erlaubt sind, würde genügen. Und dazu ein Schacht, um das Abwasser zu entsorgen.»
Die Wohnmobilfahrer Järmann und Weishaupt sind sich einig: St.Gallen und anderen Gemeinden entgeht mit ihrer ablehnenden Haltung viel Geld. «Wer sich ein Wohnmobil leisten kann, hat in der Regel Geld», sagt Järmann. Die eingebaute Küche bleibe oft kalt, stattdessen würden die Wohnmobiler auswärts essen gehen.
Tatsächlich belegen mehrere Studien das finanzielle und touristische Potenzial von Wohnmobilisten. Es sei eine spannende Klientel, sagte Tobias Treichler, Vizedirektor von St.Gallen-Bodensee-Tourismus vor kurzem. Zudem gibt es immer mehr Wohnmobilisten. So wurden 2018 in Deutschland gut 45000 neue Wohnmobile und Campingbusse zugelassen. Ein Zuwachs von über 15 Prozent gegenüber 2017. Und der Trend hat sich 2019 fortgesetzt.
In der Schweiz sei der Trend ähnlich, sagt Järmann. «Aber es gibt immer noch nur wenige Stellplätze.» Der SCCV plant nun ein Infoblatt für Gemeinden, wie sie Stellplätze einfach anlegen und davon profitieren können. Viele Gemeinden hätten Vorbehalte: «Manche verwechseln uns mit Zigeunern.» Andere, etwa Saas Fee, würden das Potenzial von Wohnmobilisten erkennen.
Dennoch sei der Stadtrat aber der Meinung, dass nicht die Erwartung besteht, im Zentrum einer Stadt einen Stellplatz zu finden, schreibt Scheitlin. Zudem seien weder von Seiten der Caravaner noch von Tourismusorganisationen solche Begehren eingegangen. Touristen, die mit dem Wohnmobil unterwegs seien, würden St.Gallen besuchen – unabhängig von zentralen Standplätzen. «Wie in anderen Städten sind Stellplätze mitten in der Stadt kaum zweckmässig», schreibt Scheitlin und verweist auf den Campingplatz bei Wittenbach und dessen «schönes Ambiente zwischen Sitter und Wald».
Das Camping kennt auch Järmann: «Aber ich fahre nicht dorthin, zahle für Infrastruktur, die ich nicht benötige und nehme dann den Bus nach St.Gallen. Stattdessen reise ich lieber in die nächste Stadt mit Stellplätzen.»
Inzwischen müssten die zwei Stellplätze im Krontal neben dem Paul-Grüninger-Stadion saniert werden, was etwa 5000 Franken kosten würde. Vorerst sei von Seiten der Stadt nichts geplant, schreibt Stadtpräsident Scheitlin. Grundsätzlich seien die Plätze betriebsfähig.