Peanutbutter-Cheesecake im hippen Kafi Franz, Yoga mit idyllischer Aussicht auf Drei Weieren, berühmtes Cordon bleu im «Perronnord», Kaffee bei Abendstimmung im «Lattich». Und eine Portion Lokalpatriotismus. Viel mehr war nicht nötig, um zu beweisen, dass St.Gallen die beste Stadt der Schweiz ist. Zumindest wenn es nach SRF Virus geht. 2019 hatte sich der Sender in der neuen Web-Serie «Mutterstadt» von Einheimischen zehn Schweizer Städte zeigen lassen.
Nebst der Gallusstadt besuchte Moderator Pablo Vögtli auch Fribourg, Thun, Chur, Olten, Brig, Basel, Baden, Winterthur und Luzern. Die lokalen Tourismusguides, die den Moderator durch die Gassen führten, ihn zum Essen einluden und Quizfragen beantworteten, konnten Punkte sammeln für ihre Heimatstadt. Danach waren die Stadtbewohnerinnen und -bewohner gefragt: Für jedes Mal Teilen auf Facebook kam ein Punkt hinzu.
Unter anderem dank 2236 Shares auf Facebook – auch das Open Air St.Gallen hatte den Clip auf seinen Kanälen verbreitet – landete St.Gallen mit insgesamt 2348 Punkten schliesslich auf dem ersten Platz und wurde zur besten Stadt der Schweiz gekürt. St.Gallen winkte damit nicht nur Ruhm und Ehre, sondern auch eine Party – und zwar auf Kosten von SRF. Mit lokalen Bands, DJs und Catering.
Seine Schulden bei der Stadt St.Gallen hat SRF aber bis heute nicht beglichen. Denn kurz nach der Sieger-Verkündigung im Dezember 2019 dachte niemand mehr ans Feiern, sondern nur noch ans Abstandhalten und Maskentragen. Statt SRF-Virus-Party stand auf einmal ein anderes Virus im Fokus. Die Coronapandemie verunmöglichte die Party verständlicherweise in den vergangenen Jahren. Darüber, ob das Fest aber eines Tages nachgeholt werden soll, gab es nie eine Information.
Wo bleibt denn jetzt die Party? Nachhaken bei SRF. Senior Producer Matthias Püntener, damals verantwortlich für «Mutterstadt», teilt Folgendes mit: «Schande über unser Haupt, die St.Gallerinnen und St.Galler warten noch immer – zu Recht – auf eine Ansage bezüglich der ‹Mutterstadt›-Party in ihrer Stadt.» Und weiter:
«Wir hatten wirklich grosse Lust, ein richtig gutes Fest zu feiern – wäre da nicht die Pandemie gewesen.»
Zweimal habe man zwischen Frühling 2020 und Winter 2021 versucht, sowohl St.Gallen als auch Solothurn (die Stadt wurde 2020 in der zweiten Staffel zur Mutterstadt gekürt) eine Party zu spendieren. Die Feste seien eigentlich so weit aufgegleist gewesen, führt Püntener aus. «Die Konzertlokale waren besichtigt und reserviert, die Bands gebucht, und auch die Caterers organisiert.» Wo genau die Party in St.Gallen stattgefunden hätte, wird nicht verraten. Auch zum Budget gibt es keine näheren Angaben.
«Zweimal hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht – und jetzt ist es leider zu spät», sagt Püntener. Wieso zu spät? Die Ausstrahlung liege mittlerweile fast zweieinhalb Jahre zurück und das Format existiere derweil auch nicht mehr. Zudem gebe es am 30. Mai einen Re-Start von Radio SRF Virus – mit neuer Ausrichtung und neuen Gesichtern. Püntener betont:
«Aber wir machen’s wieder gut, versprochen – irgendwie, irgendwann.»
Wie, wird sich zeigen. Den Titel immerhin kann der Gallusstadt niemand mehr nehmen. Sie bleibt auch ohne Party die beste Stadt der Schweiz.