WAHLKAMPF: Wer besser mobilisiert, wird gewinnen

Am 26. November treten Boris Tschirky (CVP), Sonja Lüthi (Grünliberale) und Roland Uhler (Schweizer Demokraten) zum zweiten Wahlgang um die Nachfolge von Stadtrat Nino Cozzio an. Es könnte ein knappes Rennen zwischen Tschirky und Lüthi werden.

Reto Voneschen
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Sonja Lüthi und Boris Tschirky an einer Wahlveranstaltung, links im Bild Moderator Benedikt van Spyk. (Bild: Urs Bucher (15. August 2017))

Sonja Lüthi und Boris Tschirky an einer Wahlveranstaltung, links im Bild Moderator Benedikt van Spyk. (Bild: Urs Bucher (15. August 2017))

Reto Voneschen

reto.voneschen@tagblatt.ch

In gut einem Monat wird die Nachfolgerin oder der Nachfolger für den kürzlich verstorbenen CVP-Stadtrat Nino Cozzio gewählt. Für die Christdemokraten soll Boris Tschirky das Mandat verteidigen, während Sonja Lüthi es für die Grünliberalen erobern soll. Beide sind bereits im ersten Wahlgang angetreten. Auf die Teilnahme am zweiten Wahlgang vom 26. November verzichten Jürg Brunner (SVP, damals 3133 Stimmen), Andri Bösch (Juso, 2255) und Ingrid Jacober (Grüne, 1769). Dafür startet im zweiten Wahlgang neu und etwas überraschend Schweizer Demokrat Roland Uhler.

Boris Tschirky ist im ersten Wahlgang vom 24. September auf 6872, Sonja Lüthi auf 5844 Stimmen gekommen. Für Kandidierende rechts der Mitte wurden 10005 Stimmen, für jene links davon 9868 Stimmen abgegeben: Der Unterschied ist mit 137 Stimmen hauchdünn. Daher ist davon auszugehen, dass es Ende November zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Tschirky und Lüthi kommen wird. Hinter den CVP-Mann scharen sich wieder bürgerliche Parteien und Verbände, während die grünliberale Frau von Parteien und Verbänden von links der Mitte unterstützt wird.

Ein paar Ferientage und viel Vorbereitungsarbeit

Boris Tschirky wie Sonja Lüthi sind bereit, sich in den Wahlkampf zu stürzen. Er hat sich eine Woche Herbstferien im Tessin gegönnt. Während der Olma war er oft in den Messehallen anzutreffen. Dort, so erzählt er, sei er immer wieder auf seine Stadtratskandidatur angesprochen worden. Er sei mehr als einmal mit dem Spruch begrüsst worden: «Hallo, sie kenne ich. Sie sind doch der vom Wahlplakat…!» Was wohl darauf hindeute, dass diese Plakate besser angeschaut würden, als allgemein angenommen werde, schmunzelt Tschirky. In den Wahlkampf steigt er mit positiven Gefühlen: Nach dem Erreichten im ersten Wahlgang gehe es jetzt darum, erneut Wählerinnen und Wähler aus der Mitte und aus dem übrigen bürgerlichen Lager abzuholen.

Sonja Lüthi hat sich drei Tage Ferien in den Bergen, drei Tage Ferien ebenfalls im Tessin und einige schöne Tage in St. Gallen geleistet. Der bevorstehende Wahlkampf sei aber immer präsent gewesen. Ganz abschalten könne man in so einer Situation einfach nicht. Die Grünliberale steigt mit Respekt, aber auch mit Vorfreude in den zweiten Wahlgang. Sie habe Respekt, sei aber auch gespannt auf die Herausforderungen, die da auf sie warteten. Anderseits habe ihr der erste Wahlgang Spass gemacht: Die vielen Kontakte und der Austausch mit Wählerinnen und Wählern seien eine bereichernde Erfahrung gewesen. Sie freue sich, das vor dem 26. November wiederholen zu können.

Wahlkampf zu den Wählern auf die Strasse tragen

Beiden Kandidierenden ist bewusst, dass die Mehrheitsverhältnisse knapp sind, dass die Mobilisierung der Wählerschaft entscheidend sein wird. Beide wollen im Wahlkampf die eigene Basis und die Wählerschaft der unterstützenden Parteien und Verbände ansprechen: Die Unterstützung durch andere Parteien und Verbände sei nämlich nur der erste Schritt, bringt es Boris Tschirky auf den Punkt. Weitere müssten folgen, damit eine Kandidatur erfolgreich sei. Jetzt gehe es darum, Wählerinnen und Wähler dazu zu bewegen, tatsächlich ihre Stimme abzugeben. Dafür brauche es einen grösseren Effort als vor dem ersten Wahlgang: Anders als am 24. September mit der Altersvorsorge fehle diesmal eine eidgenössische Abstimmungsvorlage, die automatisch viele Stimmberechtigte anziehe. Beide Kandidierenden wollen den Wahlkampf «auf die Strasse tragen». Beide wollen mit Stand- und anderen Aktionen im öffentlichen Raum noch intensiver als im ersten Wahlgang den direltem Kontakt mit der Wählerin, dem Wähler suchen. Boris Tschirky in der Mitte und rechts davon, Sonja Lüthi in der Mitte und links davon.

Roland Uhler in der Aussenseiterrolle

Roland Uhler von den Schweizer Demokraten startet als Aussenseiter in den zweiten Wahlgang um den vakanten Stadtratssitz. Im ersten Wahlgang war er noch nicht angetreten. Der 51-Jährige will, wie er auf Anfrage sagt, eine Alternative zu den beiden Kandidierenden aus der politischen Mitte bieten: «Wenn man die Wahl zwischen einem Boskop und einem Glockenapfel hat, schadet eine Zwetschge nicht», findet er.

Zwar rechnet sich Uhler keine grossen Chancen aus, gewählt zu werden. Mit seiner Kandidatur verfolgt er das Fernziel, den Sitz der Schweizer Demokraten im Stadtparlament zurückzuerobern. Dieser war der Partei im Jahr 2000 abhanden gekommen. Uhler sieht sich als Vertreter der Büezer und beschreibt seine Politik als Versatzstück zwischen Rechts- und Linksaussen. Er ist überzeugt, auch linke Stimmen zu holen. Dies aufgrund seiner Haltung in Lohn- und Umweltfragen. Bei Migrations- und Sicherheitsthemen positioniert er sich dagegen rechts aussen. Für den Wahlkampf stehen Uhler 2000 Franken zur Verfügung. «Da liegt nicht viel drin.» Eine eigene Homepage hat er nicht. Er will Flugblätter verteilen. Als Slogan schwebt ihm vor: «Einfache Leute braucht es – nicht nur Akademiker.» (cw)