ABSTIMMUNGSKAMPF: St.Galler Stadtzentrum: Bürgerliche fordern eine Gesamtsicht aufs Lädelisterben

Auch in St.Gallen verschwinden gerade im Stadtzentrum je länger je mehr Traditionsgeschäfte. Drei bürgerliche Stadtparlamentarier verlangen vom Stadtrat jetzt einen umfassenden Bericht über die Ursachen. Die Diskussionen um den Einkaufsverkehr dürften damit über den Abstimmungskampf zur Mobilitäts-Initiative hinaus weitergehen.

Reto Voneschen
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Das St.Galler Stadtzentrum ist nicht nur in Zeiten des Ausverkaufs ein Publikumsmagnet. Damit das so bleibt, verlangen Politiker in Vorstössen eine Situationsanalyse und konkrete Massnahmen gegen das Ladensterben. (Bild: Benjamin Manser)

Das St.Galler Stadtzentrum ist nicht nur in Zeiten des Ausverkaufs ein Publikumsmagnet. Damit das so bleibt, verlangen Politiker in Vorstössen eine Situationsanalyse und konkrete Massnahmen gegen das Ladensterben. (Bild: Benjamin Manser)

Im laufenden Abstimmungskampf um die Mobilitäts-Initiative sind sie ein gewichtiges Thema: die Parkplätze. Für die bürgerlichen Befürworter des Volksbegehrens ist und bleibt ihr Verschwinden aus dem Stadtzentrum eine gewichtige Ursache für das Phänomen, das allgemein als «Lädelisterben» bezeichnet wird.

Die Gegner der Initiative von links der politischen Mitte halten diese Argumentation für überholt: Für sie spielen andere Faktoren die Hauptrolle bei der Verarmung des Branchenmixes im Stadtzentrum. Sie halten angesichts der immer noch vergleichsweise zahlreichen Autoabstellplätze in der St.Galler Innenstadt beispielsweise zu hohe Ladenmieten, den boomenden Online-Handel, den Einkaufstourismus oder Nachfolgeprobleme bei diesem Prozess für wichtiger.

Grüne und Junge Grüne mit kritischen Fragen

Auch angesichts dieser hin- und herwogenden Diskussion haben die Grünen und Jungen Grünen am 17. Januar eine Interpellation mit kritischen Fragen zum Lädelisterben und zu konkreten Massnahmen dagegen durch die Stadtplanung eingereicht. Wobei die Interpellation davon ausgeht, dass die angeblich fehlenden Parkplätze nur eine untergeordnete Rolle spielen. Antworten der Stadtregierung liegen noch keine vor.

An der bisher letzten Stadtparlamentssitzung vom 14. Februar haben nun René Neuweiler (SVP), Remo Daguati (FDP) und Roger Bechtiger (CVP) nachgedoppelt: Sie wollen mit einem Postulat erreichen, dass der Stadtrat die Ursachenforschung zum Lädelisterben ausweitet. Weil für sie hängt das - teilweise erst geplante - Verschwinden von Parkplätzen aus der Altstadt sehr wohl mit diesem Phänomen zusammen.

Alle Faktoren untersuchen

Es sei einseitig, wenn man bei der Untersuchung des Verschwindens von Geschäften den Abbau von Parkplätzen von vorneherein als Ursache ausklammere. Und die ganze Situationsanalyse sei viel zu wichtig für eine lebendige Innenstadt, als dass man es so einseitig angehen dürfe.

Die drei Postulanten vermuten «laut Aussagen von Ladenbesitzern», dass einerseits das Fehlen von Autoabstellplätzen, anderseits aber auch die Höhe der Parkiergebühren in Tiefgaragen bedeutende Ursachen dafür sind, dass die Geschäfte in der Innenstadt weniger stark frequentiert würden. Zitiert werden dabei ausdrücklich Aussagen der Betreiber des «Jeanshüsli» gegenüber dem «St.Galler Tagblatt».

Weitere Gründe fürs Lädelisterben, die vom grünen Vorstoss nicht abgedeckt werden, sind für die drei bürgerlichen Parlamentsmitglieder Überreglementierung, übertriebene Polizeikontrollen, die verbesserte ÖV-Anbindung ans nahe Ausland oder die fehlende Koordination von Arbeiten etwa bei der Pflästerung der Altstadt. Weiter spielen dabei ihrer Meinung nach auch teils fehlende Innovationskraft des Gewerbes und zu hohe Steuerbelastungen eine Rolle.

Mit ihrem Postulat wollen René Neuweiler, Remo Daguati und Roger Bechtiger erreichen, dass der Stadtrat einen umfassenden Bericht über die Ursachen des Lädelisterbens im Stadtzentrum abliefert. Dazu gehört aus ihrer Sicht eine Analyse der Situation und des Kaufverhaltens in der Stadt insgesamt.Weiter soll der Stadtrat die Vorschriften auf den Prüfstand stellen, die Gewerbetreibende behindern. Weiter soll er Massnahmen gegen die Hauptursachen des Lädelisterbens aufzeigen, aber auch darauf eingehen, was für Möglichkeiten die Stadt gegenüber Bund und Kanton hat, um die Entwicklung positiv zu beeinflussen.

Die Verkehrsdebatte geht sicher weiter

Das städtische Stimmvolk entscheidet am 4. März über die Mobilitäts-Initiative. Bereits ist absehbar, dass die politischen Diskussionen über die Zukunft des Gewerbes in der Innenstadt wie auch den Einkaufsverkehr darüber hinaus weitergehen werden. Dafür sorgen nur schon die beiden hängigen Vorstösse im Stadtparlament. Da liegt der Ball jetzt beim Stadtrat: Auf seine Stellungnahmen auf die grüne Interpellation wie das bürgerliche Postulat darf man gespannt sein.