UNLUST: Pro City St.Gallen möchte längere Ladenöffnungszeiten: Politiker haben keine Freude am heissen Eisen

Pro City möchte als Resultat aus den Diskussionen im Forum "Zukunft Innenstadt" die Ladenöffnungszeiten ausdehnen. Die Vorschläge entsprechen in etwa dem, was das kantonale Stimmvolk bereits dreimal abgelehnt hat. Politisch sind längere Öffnungszeiten derzeit kein Thema. Und beim Gewerbe sind die Meinungen darüber geteilt.

Reto Voneschen
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Die Ladenöffnungszeiten einer Stadtsanktgaller Migros-Filiale. Pro City möchte neu unter der Woche bis 20 Uhr und am Samstag bis 18 Uhr öffnen dürfen. Dafür soll der Abendverkauf eine Stunde kürzer werden und nur noch bis 20 Uhr dauern. (Bild: Urs Bucher - 20. Februar 2014)

Die Ladenöffnungszeiten einer Stadtsanktgaller Migros-Filiale. Pro City möchte neu unter der Woche bis 20 Uhr und am Samstag bis 18 Uhr öffnen dürfen. Dafür soll der Abendverkauf eine Stunde kürzer werden und nur noch bis 20 Uhr dauern. (Bild: Urs Bucher - 20. Februar 2014)

Pro-City-Präsident Ralph Bleuer hat mit Aussagen am Forum "Zukunft Innenstadt" die seit den frühen 1990er-Jahren periodisch aufflammende Debatte um die Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten neu angestossen. Im Kern geht es ihm darum, unter der Woche und am Samstag die Öffnungszeiten um eine Stunde auszudehnen, dafür soll der Abendverkauf eine Stunde kürzer werden. Nur so könnten die Innenstadtgeschäfte konkurrenzfähig, die Innenstadt lebendig bleiben, ist Ralph Bleuer überzeugt.

Ein kantonales Gesetz für ein städtisches Problem revidieren?

In der Politik stossen die Vorschläge des Pro-City-Präsidenten auf zurückhaltende Reaktionen. Ein erstes Problem ist, dass für die Ladenöffnungszeiten nicht die Stadt, sondern der Kanton zuständig ist. Er hat das Thema im Gesetz über Ruhetag und Ladenöffnung geregelt. Ein zweites Problem ist, dass die Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten schon dreimal in Referendumsabstimmungen am Volkswillen gescheitert ist.

Das heisst im Klartext: Für längere Ladenöffnungszeiten in der St.Galler Innenstadt müsste ein kantonales Gesetz revidiert werden. Das wäre nicht nur ein aufwendiger politischer Prozess, dabei müssten auch unterschiedlichen Interessen verschiedener Kantonsteile unter einen Hut gebracht werden. Und am Ende wäre die Chance gross, dass gewerkschaftliche und kirchliche Kreise die Revision erneut in einer Volksabstimmung bodigen.

Der Kanton Thurgau hat liberalere Ladenöffnungszeiten als die St.Galler Nachbarn. Im Bild jene der Coop-Filiale in Münchwilen TG. (Bild: Reto Martin - 2. September 2014)

Der Kanton Thurgau hat liberalere Ladenöffnungszeiten als die St.Galler Nachbarn. Im Bild jene der Coop-Filiale in Münchwilen TG. (Bild: Reto Martin - 2. September 2014)

Der Druck für längere Ladenöffnungszeiten ist nicht überall im Kanton gleich gross. Das Interesse daran ist vor allem bei Teilen des Gewerbes in der Zentrumsstadt St.Gallen und in kleineren Zentren spürbar. Dies insbesondere dort, wo der Detailhandel die Konkurrenz durch Tankstellenshops und die Bahnhofgeschäfte mit ihren speziellen, im Bundesrecht verankerten Öffnungszeiten spürt. Sie haben in St.Gallen und gerade bei jüngeren Konsumenten das Einkaufsverhalten tatsächlich spürbar verändert.

Der Konkurrenzdruck hat zugenommen

Angesichts dieser Entwicklungen ist es keine Überraschung: Für den St.Galler Stadtpräsidenten Thomas Scheitlin ist der Wunsch nach längeren Öffnungszeiten nachvollziehbar. Die Stadt will ihn daher auch prüfen. In St.Gallen sei offensichtlich, dass etwas bei den Ladenöffnungszeitungen nicht mehr stimme: Im Hauptbahnhof könne der Laden eines Grossverteilers sieben Tage die Woche bis in die Nacht hinein offen halten, während beispielsweise ein Café mit Laden an der Poststrasse Frischprodukte nur zu vergleichsweise eingeschränkten Zeiten verkaufen dürfe. Dazu spüre das städtische Gewerbe die Ausdehnung des rund um die Uhr zur Verfügung stehenden Onlinehandels immer stärker.

Über Ladenöffnungszeiten wurde in den vergangenen zwanzig Jahren in verschiedenen Kantonen abgestimmt. Im Bild ein Plakat für den Thurgauer Urnengang von 2002. (Bild: Nana do Carmo - 21. September 2002)

Über Ladenöffnungszeiten wurde in den vergangenen zwanzig Jahren in verschiedenen Kantonen abgestimmt. Im Bild ein Plakat für den Thurgauer Urnengang von 2002. (Bild: Nana do Carmo - 21. September 2002)

Wenn die kommenden Diskussionen zeigten, dass längere Öffnungszeiten tatsächlich wichtig für eine lebendige Innenstadt seien, werde die Stadt handeln, verspricht Stadtpräsident Scheitlin. Sie werde dann aufs kantonale Volkswirtschaftsdepartement zugehen und ausloten, ob und welchen rechtlichen Spielraum das geltende Gesetz über Ruhetag und Ladenöffnung für Lockerungen bei den städtischen Ladenöffnungszeiten gebe. Bezüglich einer Gesetzesrevision macht sich Thomas Scheitlin keine Illusionen: Dafür brauche es einen längeren Prozess. Persönlich könne er sich gut vorstellen, sich in einem solchen mittel- oder langfristig zu engagieren.

Für den kantonalen Gewerbeverband derzeit kein Thema

Auch Felix Keller, Geschäftsführer des Gewerbeverbandes und FDP-Stadtparlamentarier, kann nachvollziehen, wieso Teile des Detailhandels flexiblere Ladenöffnungszeiten wollen. Für die Gruppe Handel des kantonalen Gewerbeverbandes sei die Frage angesichts der politischen Stimmung im Moment aber kein Thema. Man dürfe nicht vergessen, dass es im Gewerbe unterschiedliche Bedürfnisse und damit unterschiedliche Meinungen zu den Ladenöffnungszeiten gebe. Felix Keller glaubt nicht, dass es in der Frage seit dem Nein im Urnengang von 2010 im Stimmvolk einen grossen Stimmungsumschwung gegeben hat.

Kantonsregierung will den Volkswillen respektieren

Klar ist die Sache auch für die Kantonsregierung. Sie hält gemäss Volkswirtschaftsdirektor Bruno Damann an der Meinung fest, die sie 2017 in den Antworten auf eine Einfache Anfrage im Kantonsrat dargelegt hat. Der Regierungsrat glaubt, dass eine "Lockerung der Ladenöffnungszeiten zum jetzigen Zeitpunkt nicht angezeigt ist angesichts der in den Volksabstimmungen von 1996, 2003 und 2010 gescheiterten Liberalisierungsvorhaben". Das Stimmvolk habe nämlich bei der bisher letzten Abstimmung über das Thema vom 26. September 2010 mit 63,5 Prozent deutlich Nein dazu gesagt, dass Läden am Abend eine Stunde länger offenhalten dürfen.

Was Pro City St.Gallen vorschlägt

Ralph Bleuer von Pro City St. Gallen will die Ladenöffnungszeiten verlagern und ausdehnen. Konkret geht es der Interessenorganisation des Gewerbes in der St.Galler Innenstadt um fünf Punkte.
- Von Montag bis Freitag sollen die Geschäfte von 6 bis 20 Uhr öffnen dürfen (und nicht wie heute bis 19 Uhr).
- Am Samstag soll jedes Geschäft von 6 bis 18 Uhr geöffnet sein dürfen (und nicht wie heute bis 17 Uhr).
- Der Abendverkauf unter der Woche soll im Gegenzug nur noch bis 20 Uhr dauern (und nicht mehr bis 21 Uhr).
- Die Sonntagsverkäufe im Advent sollen von 11 bis 17 Uhr dauern (und nicht wie heute von 12 bis 17 Uhr). Es soll wie bisher vier Sonntagsverkäufe pro Geschäft und pro Jahr geben, davon zwei im Advent.
- Jedes Geschäft soll unter der Woche pro Jahr an vier speziellen Verkaufsanlässen bis 22 Uhr geöffnet sein dürfen (und nicht nur an zweien). (vre/rbe)