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Der Kanton ist einer der grössten Grundeigentümer in St.Gallen. Einzelne seiner Liegenschaften werden in absehbarer Zeit frei. Das ist eine Chance für die Stadtentwicklung. Die SP-Stadtpartei will daher für Debatten über Umnutzungen eine Strategie entwickeln und aktiv mitdiskutieren.
Stadtentwicklung ist auch in St.Gallen derzeit ein grosses Thema. Die Stadt selber will beispielsweise verschiedene Einrichtungen der Technischen Betriebe – darunter das Busdepot und Werkhöfe der Stadtwerke – in einem 100-Millionen-Neubau an der Rechenstrasse zusammenfassen. Dafür soll an der Steinachstrasse, zwischen Olma und Kantonsspital, Platz für die Ansiedlung neuer Unternehmen und Arbeitsplätze aus dem medizinisch-technischen Bereich entstehen.
In den nächsten zwanzig Jahren eröffnen Veränderungen bei einem zweiten grossen Grundeigentümer in St.Gallen Chancen für die Stadtentwicklung: Beim Kanton sind verschiedene Projekte geplant oder angedacht, die Chancen für eine Um- oder Neunutzung zentraler Liegenschaften eröffnen. Darunter ist in einer ersten Phase die Verlegung der neuen Bibliothek aus der Hauptpost ins Union-Gebäude am Blumenmarkt; damit wird die Post und auch das Gebäude Notkerstrasse 22 für neue Nutzungen frei.
In dem Zusammenhang ist für die Stadtentwicklung interessant, wie der zusätzliche Raumbedarf der Fachhochschule gedeckt werden soll: Auf den dafür reservierten Freiflächen hinter dem Hauptbahnhof, in der Hauptpost oder gar an einem anderen Standort? Je nachdem eröffnet das neue Entwicklungsmöglichkeiten.
Ein weiteres Vorhaben mit Wirkung auf die Stadt ist das angedachte kantonale Zentrum für Sicherheit und Justiz in Winkeln. Dadurch werden heutige Standorte an bester Lage – unter anderem im Klosterhof und an der Schützengasse – frei.
Wie diese kantonalen Liegenschaften danach genutzt werden, ist für die Stadt von grösstem Interesse. Davon ist die SP-Stadtpartei überzeugt. Für sie ist klar, dass man heute eine Strategie für Um- und Neunutzungen entwickeln muss, um ab Mitte der 2020er-Jahre für die Diskussion gewappnet zu sein. Sie will daher mit Hilfe von Fachleuten wie der Öffentlichkeit eine «Stadtstrategie 2024» entwickeln.
Nutzungsideen, vor allem wenn sie unkonventionell seien, müssten frühzeitig aufs Tapet gebracht werden. Sie bräuchten nämlich Zeit, um zu reifen, begründeten SP-Kantonsrätin Bettina Surber und SP-Stadtparteipräsident Peter Olibet an einem ersten Workshop vom Montagabend.
Und in der Diskussion gab’s dann natürlich auch prompt so eine unkonventionelle Idee: ein City-Hallenbad hinterm Hauptbahnhof. Dieses Modell funktioniere in Zürich-Selnau hervorragend. Und es würde sich in St.Gallen eignen, das am Abend ausgestorbene Quartier hinter dem Hauptbahnhof wirkungsvoll zu beleben. Man müsse in der Stadtplanung auch unkonventionell denken; aus solchen Ideen seien schon erfolgreiche Projekte gewachsen, wurde dazu betont.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Anlass vom Montag im Kulturkonsulat begrüssten die SP-Idee für eine «Stadtstrategie 2024». Es liege im Interesse der Stadt, dass die Nutzungen in kantonalen Liegenschaften positiv aufs Umfeld ausstrahlten, dass sie zu einem lebendigen Stadtzentrum und zu lebenswerten Quartieren beitrügen.
Man müsse rechtzeitig überlegen, was man wo ansiedle, um «tötelige» Stadtteile zu vermeiden. Kantonale Neubauprojekte wie auch die Umnutzung bestehender kantonaler Liegenschaften seien diesbezüglich Chance und Risiko für die Stadtentwicklung zugleich.
Einig war man sich am SP-Workshop, dass von Seiten der Stadt in Sachen künftiger Nutzungen kantonaler Liegenschaften zu wenig zu hören sei. Stadtentwicklung sei ein Kernthema der Stadt, sie müsse Bedürfnisse und Ideen gegenüber dem Kanton formulieren. Man dürfe nicht einfach abwarten, was dieser aus dem Hut zaubere. Es sei nicht verboten, sondern dringend nötig, sich öffentlich hörbar mit städtischen Interessen in die kantonalen Planungsprozesse einzubringen.
Weiter wurde am SP-Workshop festgestellt, dass der Nutzungsdruck auf Liegenschaften in St.Gallen erheblich kleiner ist als im Grossraum Zürich. Dieser Stillstand sei auch eine Chance: Man könne sich in Ruhe überlegen, wo und wie man die Stadt entwickeln wolle. Man habe also noch grosse Gebiete mit viel Entwicklungspotenzial und erst noch die Chance, die Fehler anderer Städte bei der Entwicklung solcher Gebiete zu vermeiden.
Diese Möglichkeiten dürfe man nun aber auch nicht durch Untätigkeit vergeben. Es sei Zeit für die Entwicklung einer Umnutzungsstrategie für kantonalen Liegenschaften und für eine öffentliche Diskussion der damit zusammenhängenden Fragen, war der Tenor am SP-Workshop vom Montagabend.
(vre) Die Hauptpost gehört vollumfänglich dem Kanton. Ursprünglich hätte darin die grosse Bibliothek untergebracht werden sollen. Diese Pläne sind am Kantonsrat gescheitert. Die Bibliothek soll jetzt im Haus Union und einem neuen Anbau untergebracht werden. Der Architekturwettbewerb dafür wird in diesem Jahr ausgeschrieben. Damit dürfte die Hauptpost in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre für neue Nutzungen zur Verfügung stehen. Ein Favorit dafür ist die Fachhochschule, die in ihrem Zentrum hinter dem Bahnhof bereits wieder unter Platzmangel leidet. Eine vollumfängliche schulische Nutzung fürs Gebäude wurde am SP-Workshop vom Montag skeptisch beurteilt. Die FHS sei kein öffentlicher Ort, den die breite Allgemeinheit frequentiere. Mit ihr als Alleinnutzerin der Hauptpost herrsche dort kein Leben, sondern ab 18 Uhr Nachtruhe. Die Lage der Hauptpost rufe nach einer vielfältigen Mischnutzung. Wobei sich die obersten Geschosse sogar für urbanes Wohnen eignen könnten.
(vre) Die Fachhochschule braucht über kurz oder lang zusätzlichen Raum. Dessen waren sich am SP-Workshop zur Stadtentwicklung alle bewusst. Dafür reserviert ist das dem Kanton gehörende Bauland zwischen FHS-Hochhaus und Lokremise. An einer rein schulischen Nutzung dieses Areals gab’s am Montagabend Kritik: Das Gebiet «tötele» heute schon sehr stark; es brauche neben Lokremise und Klubhaus unbedingt einen dritten Magneten fürs öffentliche Leben. Dabei müsse man auch unkonventionell denken, wurde gefordert – und die Idee eines City-Hallenbads in die Diskussion geworfen. In Zürich funktioniere dieses Modell ausgezeichnet. Und wohin mit dem Raumbedarf für die Fachhochschule? Eine Idee war, diese Erweiterung östlich des FHS-Hochhauses im Dreieck zwischen Rosenbergstrasse und Bahngleisen zu platzieren. Andere votierten für einen neuen zweiten FHS-Standort, allenfalls auch im Zeughaus am Rand der Kreuzbleiche.
(vre) Kurz wurde am SP-Workshop zur Stadtentwicklung auch über die Aufwertung von Quartieren diskutiert. Dabei kamen der HSG-Campus am Platztor, das Areal des Kinderspitals an der Claudiusstrasse und das Zeughaus zur Sprache. Am Platztor sei es wichtig, dass man Vorkehrungen treffe, dass die Uni nicht – wie auf dem Rosenberg – in die umliegenden Wohngebiete «wuchere». Dieses Risiko bestehe vor allem, wenn mit den Neubauten der Raumbedarf der Uni immer noch nicht gedeckt werden könne. Allenfalls müsse man sich überlegen, mit einem Plan zu arbeiten, der rund um den neuen Campus Haus für Haus einen Wohnanteil vorschreibe. Bei der Umnutzung des Standorts des Kinderspitals oder des Zeughauses müsse man Rücksicht auf die Quartiere nehmen. Es brauche an beiden Orten auch öffentlichen Nutzungen, beispielsweise Treffpunkte. Es gebe quer durch die Stadt schon genug reine Büronutzungen, die das öffentliche Leben aus Teilen der Standortquartiere vertrieben hätten.
(vre) Natürlich kam am SP-Workshop über die Neunutzung kantonaler Gebäude in der Stadt das Zeughaus am Rand der Kreuzbleiche zur Sprache. Hierhin sollte vor Jahren die Schule für Gestaltung aus dem Riethüsli zügeln, um sich zur Fachhochschule für Kunst weiterentwickeln zu können. Das Vorhaben scheiterte; heute wird das historische Haus unter anderem vom Army-Liq-Shop, vom Militär und vom Zivilschutz genutzt. Das Gebäude eigne sich von seiner Struktur wie von seinem Umfeld her ausgezeichnet für eine schulische Nutzung, war man sich am SP-Workshop einig. Eine Fachhochschule für Kunst mit ihren öffentlichen Aktivitäten konnte man sich in der Debatte zusammen mit der FHS-Abteilung für Architektur aber auch in der Hauptpost vorstellen. Allenfalls blieben halt Militär und Zivilschutz bis auf Weiteres im Zeughaus, hiess es dann. Dieses werde damit zu einer grossen Raumreserve. Die heutigen Nutzer könne man gut auch erst dann zügeln, wenn echter Bedarf nach Raum vorhanden sei.
(vre) Am Rand wurde am Montagabend bei der SP im Kulturkonsulat auch über den Raumbedarf der Kleinkunst geredet. Der Kanton gebe gerade in Zusammenhang mit dem geplanten Bau eines Zentrums für Sicherheit und Justiz in Winkeln in den 2030er-Jahren auch kleinere Häuser frei. In so einer Liegenschaft wäre allenfalls das im städtischen Kulturkonzept angedachte Haus für die freie Szene möglich. In Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Kunstmuseums wurde weiter die Möglichkeit diskutiert, dass dieses sich aufgrund der Vergrösserung seiner Ausstellungsflächen im Stadtpark aus der heutigen Kunstzone in der Lokremise zurückziehen könnte. Das sei doch die Chance, dass dort das Kinok einen zweiten, dringend nötigen Saal erhalten könnte, wurde vorgeschlagen. Oder das kantonale Amt für Kultur könne dort – oder auch in der heutigen Alarmzentrale der Kantonspolizei in der Calatrava-Muschel an der Moosbruggstrasse – Ersatz für den Ausstellungsraum am Klosterplatz erhalten.