Die Kantonspolizei St.Gallen hat am Mittwoch den Gemeindeschreiber von Steinach verhaftet. Der Mann wurde wegen Verdachts auf sexuelle Handlungen mit Kindern inhaftiert. Das Zwangsmassnahmengericht hat nun entschieden, dass der Beschuldigte bis mindestens 15. Januar in U-Haft kommt.
Das Zwangsmassnahmengericht hat entschieden: Der am Mittwoch verhaftete Steinacher Gemeindeschreiber kommt in Untersuchungshaft. Damit wird dem Antrag der St.Galler Staatsanwaltschaft stattgegeben.
Das zuständige Zwangsmassnahmengericht hat die Untersuchungshaft bis am 15. Januar 2020 bewilligt. «Dies heisst aber nicht, dass der Beschuldigte nur bis dann, beziehungsweise bis dann, in U-Haft verbleibt. Dies ist massgeblich von den weiteren Untersuchungshandlungen insbesondere von der Auswertung der sichergestellten Datenträger abhängig», sagt Roman Dobler, Staatsanwalt und stellvertretender Mediensprecher der Staatsanwaltschaft St.Gallen, am Montagmorgen auf Anfrage.
Damit Untersuchungshaft überhaupt angeordnet werden kann, müsse ein dringender Tatverdacht für ein Verbrechen oder Vergehen gegeben sein. Dies sei beim verhafteten Gemeindeschreiber von Steinach der Fall, sagte Beatrice Giger, Mediensprecherin der Staatsanwaltschaft des Kantons St.Gallen, noch am Donnerstag.
Zusätzlich brauche es einen besonderen Haftgrund wie Verdunkelungs-, Flucht- oder Wiederholungsgefahr. Giger sagt:
«Ohne einen solchen Haftgrund muss eine Person in Freiheit entlassen werden.»
Dem Gemeindeschreiber von Steinach und Präsidenten des Tennisclubs Romanshorn werden die Herstellung und Zugänglichmachung illegaler Pornografie im Internet sowie sexuelle Handlungen mit Kindern vorgeworfen. Ob es zu sexuellen Handlungen mit Kindern im familiären Umfeld oder aus dem Tennisclub gekommen ist, wollte Giger am Donnerstag nicht sagen. Zur Frage, warum der Mann gerade jetzt verhaftet wurde, äusserte sich Giger ebenfalls nicht. Genausowenig präzisierte sie, wann sich die fraglichen Delikte ereignet haben sollen.
Das Kompetenzzentrum Cybercrime der Kantonspolizei St.Gallen untersucht laut Giger nun die sichergestellten Datenträger auf strafbare Dateien. «Dabei handelt es sich in einem solchen Fall üblicherweise um Laptops, Tablets, Smartphones und USB-Sticks.» Zur genauen Anzahl sowie der Art und Grösse des Datenvolumens könne sie keine Aussagen machen. Man wolle zuerst den Beschuldigten mit dem sichergestellten Material konfrontieren.
Der Gemeinderat hat aufgrund der aktuellen Geschehnisse bezüglich der Verhaftung des Gemeinderatsschreibers am Mittwoch unter Beizug des designierten neuen Gemeindepräsidenten Michael Aebisegger eine ausserordentliche Sitzung abgehalten.
Der Gemeinderat ist bestürzt über die Vorwürfe, die von der Staatsanwaltschaft gegen den Gemeinderatsschreiber eröffnet wurden. Es gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung. Der Rat geht jedoch davon aus, dass aufgrund der laufenden Ermittlungen über eine längere Zeit eine Vakanz auf der Gemeinderatskanzlei entstehen wird. Er hat aus diesem Grund eine Interimsorganisation aufgestellt, damit die anfallenden Arbeiten möglichst erledigt werden können und die bestehenden Mitarbeitenden bestmöglich unterstützt werden.
Der Steinacher Gemeindeschreiber war am Mittwochmorgen am Arbeitsplatz verhaftet worden, im Einsatz standen laut Polizeisprecher Florian Schneider zivile und uniformierte Beamte. Zudem wurde eine Hausdurchsuchung angeordnet.
Steinachs Gemeindepräsident Roland Brändli zeigte sich in einer ersten Stellungnahme betroffen. «Ich war an einer Sitzung in St.Gallen, als ich von meiner Assistentin über die Verhaftung informiert wurde. Im ersten Moment war ich geschockt, doch dann dominieren sofort Gedanken darüber, dass die Amtsgeschäfte weiter funktionieren müssen und die Stellvertretung zu organisieren ist. Zeit, das Ganze zu realisieren und zu verarbeiten, hatte ich noch nicht.»
Er sei froh, dass die Vorfälle nicht im Gemeindehaus passiert seien, so sei zumindest sein Kenntnisstand. In der Vergangenheit habe es auch keine Vorfälle gegeben, die auf unerlaubte sexuelle Handlungen hingewiesen hätten. «Ich werde mich nun mit der Staatsanwaltschaft in Verbindung setzen, um mir ein besseres Bild machen zu können», so Brändli, der ausserdem auf die Unschuldsvermutung hinwies.
Der beschuldigte Gemeindeschreiber engagiert sich auch im Vorstand des Tennisclubs Romanshorn (TCR), wo er seit März 2014 Präsident ist. Der Vorstand habe keine Detailkenntnisse zu den Vorwürfen seines Präsidenten und wolle keine Kommentare abgeben, schreibt TCR-Kassier Richard Baumgartner am Donnerstagnachmittag in einer Medienmitteilung. Die ganze Angelegenheit sei ohnehin schon schockierend wie delikat genug. «Die Clubleitung ist bestürzt über die Vorwürfe gegenüber ihrem Präsidenten und möchte den Club und seine Mitglieder schützen», schreibt Baumgartner.
Es sei in der heutigen Zeit ohnehin schwierig genug, überhaupt Schüler und Junioren zu motivieren in einem Club mitzuwirken. Der TCR-Kassier ergänzt:
«Wir können aber versichern, dass unser Präsident keinen direkten Kontakt zu Schülern und Junioren unseres Clubs hatte. Es sind uns keine Vorfälle bekannt.»
Die TCR-Junioren würden von der Juniorenverantwortlichen und dem Trainer gemeinsam betreut, «ohne Mittun des Präsidenten», heisst es.
Der TCR-Vorstand traf sich am Mittwoch gemäss Baumgartner zu einer schon seit längerem angesetzten Vorstandssitzung die so üblich sei nach einer abgeschlossenen Sommersaison. Die Sitzung habe nichts mit den kürzlichen Vorfällen um den Beschuldigten zu tun gehabt, so Baumgartner. Selbstverständlich sei das Thema traktandiert und besprochen worden. Baumgartner schreibt:
«Der Vorstand des TCR distanziert sich klar vom Beschuldigten und prüft weitere Schritte zu seiner Person.»
Wie lange der Beschuldigte TCR-Präsident bleibt, ist somit unklar.
In den vergangenen Jahren machten in der Ostschweiz mehrere Fälle öffentlich bekannter Personen Schlagzeilen, die sich ein Fehlverhalten im sexuellen Bereich hatten zuschulden kommen lassen. So trat Anfang 2019 ein St.Galler CVP-Kantonsrat zurück, nachdem er einen Strafbefehl wegen Pornografie erhalten hatte. Der Mann hatte Kontakt zu minderjährigen Frauen im Netz gehabt und dabei intime Bilder verschickt. Einer der Kontakte gab sich schliesslich als verdeckter Ermittler der Polizei zu erkennen. Gegen den Politiker wurde eine bedingte Geldstrafe sowie eine Busse ausgesprochen.
Grossen Wirbel gab es auch, als im Mai 2015 der damalige Gemeindepräsident von Berneck in Untersuchungshaft genommen wurde. Der Mann kam vor Gericht, weil er Pornobilder von Kleinkindern und Minderjährigen konsumiert hatte. Zudem hatte er in einem Chat seinen Gewaltfantasien Ausdruck verliehen. Der Mann erhielt eine unbedingte Freiheitsstrafe von zwölf Monaten, die zugunsten einer Therapie aufgeschoben wurde.