In den kargen Bergen hat es nicht mehr genügend Futter für die Schafe. Anstatt sie im Winter im Stall zu halten, führen Hirte die Tiere durch das Unterland.
Hunderte Schafe grasen friedlich auf der Brumenau in Wittenbach. Nur ab und zu werden sie von Hirt und Hund zurück gescheucht, wenn sie ein wenig zu weit entfernt von der Herde nach frischem Gras suchen.
Die Tiere gehören einer Wanderherde an – eine von insgesamt 20 in der Schweiz. Weil es in den Berggebieten nur noch wenig Futter hat, sind die Hirten nun zur Winterfütterung im Unterland unterwegs. Diese verweilen stets nur wenige Tage am selben Ort. So auch die Herde, die momentan auf der Brumenau haltmacht. Sie zieht danach von Wittenbach weiter nach Lömmenschwil, Häggenschwil über Bernhardzell bis nach Niederbüren. Der Hirte und seine Aushilfe übernachten dabei im kleinen Wohnwagen. Sie verpflegen sich ebenfalls auf dem Feld oder werden von den Bauern eingeladen. Sie erhalten tierische Unterstützung von zwei Hunden und einem Esel. Der Esel trägt die Netze, das im Nachtlager die Schafe umzäunt. Aber er ist nicht nur Packesel, sondern auch Wach-Esel zugleich. «Der Esel ist kein Fluchttier. Käme ein Wolf, würde der Esel ihn angreifen», erklärt Walter Buoch. Ihm gehört die Hälfte der Schafe.
Er selbst wacht nicht über seine Herde. Nur kurz kommt in Arbon wohnhafter Metzger vorbei und erkundigt sich nach dem Wohl seiner Tiere. Gekonnt kommandiert er die Hunde, gibt ihnen Lautbefehle. Schnalzt er mit der Zunge, bleibt der Hund umgehend stehen. Ruft er «Platz!», setzt sich der Hund sofort ins Gras. Auch der Esel kommt angelaufen. Buoch tastet seine Jackentaschen ab. Er kramt ein Guetzli hervor, das er vorhin beim Café nicht gegessen hat, und gibt es dem Esel. «Ich sollte sowieso nicht zu viel Süsses essen», sagt er lachend. Der Esel wiederum dürfe nicht zu viel Gras fressen. Darum werde er oft angebunden. «Sind Esel zu fett, leben sie weniger lang», sagt Buoch. Einige Hirten hätten sogar drei Esel dabei, die jegliches Gepäck transportieren. Anstatt eines Wohnwagens übernachten die Hirten dann in Zelten.
Als Kind habe er oft beim Hirten aushelfen müssen. «Während sich die Schulkameraden im Schwimmbad amüsierten, mussten wir die Herde hüten», sagt Walter Buoch.
Diese Art der Winterfütterung rentiere für viele nicht mehr. Die meisten Schafe werden im Winter in Ställen gehalten und gefüttert. Walter Buoch ist Metzger und schlachtet seine Tiere selbst. Er besitzt etwa 300 Lämmer, ausserdem habe er Boden gepachtet in St. Gallen, wo etwa hundert Mutterschafe verweilen. Diese Haltung würde den Tieren guttun. Seine Schafe seien dadurch viel gesünder, leiden viel weniger an Krankheiten. «Die Tiere wollen draussen sein, solange es trocken ist – egal ob kalt oder warm.»