Was macht eigentlich Esther Widmer?

Im nächsten Sommer ist es 30 Jahre her, seit die Ur-Rorschacherin Esther Widmer – ihre Eltern führten das stadtbekannte Hotel-Restaurant Helvetia am Hafenbahnhof – mit einigen Gleichgesinnten das «Uferlos»-Festival gründete.

Otmar Elsener
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Esther Widmer als Leiterin Events Arteplage Murten Expo 2002 vor dem Monolith von Jean Nouvel. (Bild: Otmar Elsener)

Esther Widmer als Leiterin Events Arteplage Murten Expo 2002 vor dem Monolith von Jean Nouvel. (Bild: Otmar Elsener)

Im nächsten Sommer ist es 30 Jahre her, seit die Ur-Rorschacherin Esther Widmer – ihre Eltern führten das stadtbekannte Hotel-Restaurant Helvetia am Hafenbahnhof – mit einigen Gleichgesinnten das «Uferlos»-Festival gründete. Zehn Jahre lang, jeden Sommer, zog das kleine Festival mit seinen Theatern, seiner Musik und dem exquisiten Restaurant Tausende in die Zelte am See in Rorschach, anfänglich auf dem Kurplatz, später auf der Wiese beim Kleinboothafen. Es bewies, was an kultureller Neugierde in unserer Region steckt. Unvergesslich sind das Schauspiel «Lysistrata», Stücke des Musiktheatermeisters Ruedi Häusermann und der heutigen Intendantin des Zürcher Schauspielhauses, Barbara Frey, und die Bands Züri West, Baby Jail sowie The Ukranians. Leider kam 1997 das Ende des in der ganzen Schweiz wahrgenommenen und in der Presse einmal «Wunder von Rorschach» genannten Festivals; für die bisher stets gratis arbeitende Leitung war die Belastung nebst ihren Berufen zu gross geworden und eine andere Weiterentwicklung nicht mehr finanzierbar. «Uferlos» und Esther Widmer werden seither in Rorschach in einem Atemzug genannt.

Eventleiterin Murten Expo 2002

Schon damals war Widmer parallel in Zürich als Theaterproduzentin in der «Roten Fabrik», dem Theaterhaus Gessnerallee, der Kaserne Basel und an anderen Festivals tätig gewesen. Auf ihr Talent wurden die Organisatoren der Expo 2002 aufmerksam und holten sie als Leiterin der Events der Arteplage Murten. Nach Ende der Expo schloss sie den Master in Kulturmanagement an der Universität Basel ab und arbeitete bis 2009 als Geschäftsführerin der Schweizerischen Geschäftsstelle des Internationalen Kinder- und Jugendtheater-Verbands. Danach lockte sie das Medium Film: Sie übernahm die administrative Leitung des Filmfestivals Fribourg und blieb dort sieben Jahre lang. Nun hat sie eine neue Herausforderung wieder in die Ostschweiz zurückgerufen: Als Geschäftsführerin der 2015 gegründeten Stiftung Erbprozent Kultur bleibt sie ihrem Lebensmotto Kultur treu. Ihr neuer Arbeitsplatz ist die Geschäftsstelle der Stiftung im Lagerhaus an der Davidstrasse 40 in St. Gallens ehemaligem Textilquartier.

Geld aus Erbe für Kultur

Die Stiftung, die anlässlich der Kulturlandsgemeinde AR gegründet wurde, bezweckt «die Förderung der Kultur im Schulterschluss der Generationen». Gelder aus den vererbten Vermögen in der Schweiz sollen für die Kultur genutzt werden. Fünfzehn Kantone haben den Aufbau der Stiftung bereits mit Beträgen unterstützt, als erster der Kanton Appenzell Ausserrhoden mit 150 000 Franken, die Kantone St. Gallen, Aargau und Zürich mit je 50 000 Franken. Die Bevölkerung wird die Stiftung tragen, denn jede Person kann freiwillig ein Prozent ihres persönlichen Erbes für die Kultur stiften. Bereits heute haben namhafte Persönlichkeiten aus der ganzen Schweiz ein Prozent ihres persönlichen Nachlasses der Stiftung vermacht oder eine Schenkung (Vorlass) zu Lebzeiten gemacht. Die Liste dieser Personen kann auf der Webseite der Stiftung eingesehen werden: www.erbprozent.ch. Auf der Homepage findet sich auch das Formular, mit dem das Erbversprechen abgelegt werden kann. Dank den bereits gespendeten Vorlässen wird die Stiftung bereits 2017 die ersten Förderungsbeiträge ausschütten können.

Liebe für die Region

Obwohl Esther Widmer seit Jahrzehnten in Zürich wohnt und in all den Jahren zu ihren Arbeitsplätzen pendelte, ist sie derzeit fast jedes Wochenende in Rorschach anzutreffen. So begegnet man ihr an heissen Sommertagen am See. «Ich liebe den Bodensee und die Region. Gute Freunde und ein Teil der Familie leben hier, und ich besuche meine betagte Mutter Klär im Scholastikaquartier, wo sich heute noch die Familie treffen kann», sagt Widmer. Sie bedauert, dass im Kanton St. Gallen der Kredit für die Planung der Expo 2027 abgelehnt wurde. Es freut sie aber, dass wenigstens die Rorschacher Ja gestimmt haben: «Eine Expo hier am See hätte der Region erlaubt, in andern Dimensionen zu denken und dringend nötige Impulse geben können.» Und Esther Widmer hätte vielleicht welschen Schulklassen oder internationalen Gästen das schöne Projekt und ihre Heimat gezeigt. «Jede Generation hat eine Expo zu gut – die Konzeption und die Realisierung hätte man einer neuen Generation überlassen müssen.»

Esther Widmer heute. (Bild: Pierre-Yves Massot)

Esther Widmer heute. (Bild: Pierre-Yves Massot)

Bild: Otmar Elsener

Bild: Otmar Elsener