Raiffeisenbanken fusionieren: Im Frühling wird geheiratet

Die Raiffeisenbanken Abtwil, Engelburg und Winkeln sollen bald die Raiffeisenbank Regio St. Gallen West bilden. Alle Standorte bleiben bestehen. Verwaltungsrat und Leitung der neuen Bank stehen bereits fest.

Johannes Wey
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Die Fusion der Raiffeisenbanken Abtwil-St. Josefen, Engelburg und Winkeln wird konkreter. Die Verwaltungsratspräsidenten der drei Banken haben dieser Tage die Genossenschafter über den Zwischenstand informiert. Abgestimmt wird bei den Generalversammlungen im kommenden Frühling. Stimmen mindestens zwei Drittel der Genossenschafter zu, wird die Fusion rückwirkend auf Anfang 2019 vollzogen.

Das neue Unternehmen soll Raiffeisenbank Regio St. Gallen West heissen. Damit wolle man auch den Wirtschaftsraum im Westen der Stadt St. Gallen widerspiegeln, sagt Rosita Kühne, Verwaltungsratspräsidentin der Raiffeisenbank Winkeln und designierte Präsidentin der fusionierten Bank. Der juristische Sitz wird in Gaiserwald, am Standort der heutigen Raiffeisenbank Abtwil-St. Josefen liege

Neue Geschäfte abseits des Hypothekarmarkts

Im Einzugsgebiet der drei Banken soll in den kommenden Jahrzehnten eine bedeutende wirtschaftliche Entwicklung stattfinden. Mit einer Fusion will man sich darauf vorbereiten. «Derzeit leben alle drei vor allem vom Hypothekenmarkt. Ob das auch in zehn Jahren noch möglich ist, ist fraglich», sagt Thomas Häseli, Präsident der Raiffeisenbank Abtwil. Die Fusion der drei Banken würde es erlauben, sich besser auf Firmen- und Privatkunden einzustellen und so auch neue Segmente zu erschliessen. Damit würden sich auch den Mitarbeitenden neue Perspektiven eröffnen, was die Bank attraktiver mache, sagt Kühne.

Häufig genannt als Grund für die Fusion von Raiffeisenbanken ist auch die Zunahme der regulatorischen Anforderungen. «Diese sind mit einer Fusion leichter zu erfüllen. Denn eine Bank mit fünf Angestellten muss dieselben Bedingungen erfüllen, wie eine mit zwanzig», sagt Häseli. Mit der Fusion würde man auch die Schwelle von 600 Millionen Franken Bilanzsumme übersteigen, welche sich die Schweizer Raiffeisenbanken in ihrer Strategie 2020 als Ziel gesetzt haben.
Für den Zeitpunkt der Fusion spricht auch eine bevorstehende Umstellung in der Informatik der Schweizer Raiffeisenbanken. Erfolgt die Fusion noch 2019, lassen sich hier zwei Millionen Franken sparen.

Die Bank bleibt im Dorf

Dringend nötig wäre die Fusion zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, betont Rosita Kühne. Alle Banken seien gut kapitalisiert. «Wir handeln aus der Stärke heraus. Langfristig hätten die einzelnen Banken Mühe, die Kosten durch die regulatorischen Auflagen zu tragen.» Und die drei vergleichbar grossen Banken passten gut zusammen.

Viel ändern soll sich für Kunden und Genossenschafter nicht. Die drei Standorte bleiben bestehen. Auch die Generalversammlung als Dorfanlass soll nicht ersatzlos wegfallen. Denkbar wäre zum Beispiel, mit der GV zwischen Abtwil, Engelburg und Winkeln abzuwechseln und an den anderen Orten jeweils eine festliche Informationsversammlung auszurichten. «Das wird zumindest bei der Generalversammlung 2020 so sein», sagt Kühne.

Fest steht, wer die fusionierte Bank führen würde. Der Verwaltungsrat soll mit je zwei bisherigen Verwaltungsräten der Banken in Abtwil-St. Josefen, Engelburg und Winkeln besetzt werden. Nebst Rosita Kühne als Präsidentin würde Thomas Häseli dem Audit Committee vorstehen, das sich um die Finanzen kümmert. Markus Baumgartner, seit zehn Jahren Präsident der Raiffeisenbank Engelburg, plant hingegen, den Verwaltungsrat zu verlassen. An seiner Stelle würde der heutige Aktuar Markus Naegeli Vizepräsident der fusionierten Bank.

Auch auf einen Geschäftsführer haben sich die Verwaltungsräte der drei Banken bereits geeinigt. Reto Ochsner, der heute die Raiffeisenbank Winkeln interimsmässig leitet, soll später die Raiffeisenbank Regio St. Gallen West leiten. Er wurde bereits im Hinblick auf eine Fusion eingestellt, sagt Rosita Kühne; der frühere Leiter der Raiffeisenbank Winkeln sei zu Gunsten eines fliessenden Übergangs nach 27 Jahren zurückgetreten.

Engelburg feiert das Jubiläum auch nach der Fusion

Kommt die Fusion zur Raiffeisenbank Regio St. Gallen West zu Stande, tritt sie auf das Jahr 2019 hin in Kraft – just das Jahr, in welchem die Raiffeisenbank Engelburg ihr 100-Jahr-Jubiläum begehen würde. Um diese Feierlichkeiten will man sich in Engelburg nicht bringen lassen. Über das Jahr verteilt stehen diverse Anlässe für Kunden und Genossenschafter auf dem Programm.

Darunter sticht die 100. Generalversammlung am 8. März heraus, die gleichzeitig auch die letzte der Raiffeisenbank Engelburg sein könnte. Die eigentliche Jubiläumsfeier für die rund 2200 Genossenschafterinnen und Genossenschafter wird, unabhängig von der Fusion, am 21. September auf dem Schulareal stattfinden. Gegründet wurde die heutige Raiffeisenbank am 18. September 1919 als Sparkasse Engelburg. (jw)