Die Schweiz ist ein Land von Kaffeetrinkern. Auch Zucker und Crème sind hierzulande übliche Zutaten im koffeinhaltigen Wachmacher. Ist das erlaubt oder nur für jene eine Option, die Kaffee eigentlich gar nicht mögen?
Viele Menschen werden ohne ihr Lieblingsgetränk am Morgen nicht wach oder sind einfach nicht ansprechbar. Dabei ist man sich uneinig, ob eine Versüssung erlaubt ist.
Kommt man als Volontärin in die Redaktion Rorschach, lernt man, wie wichtig der morgendliche Kaffeekonsum ist. Abgesehen vom Wachwerden liefert einem das Ritual des Kaffeetrinkens und der gemeinsame Gedankenaustausch auch viele neue Ideen zum Schreiben. Aber ohne Zucker geht Kaffee eben nicht.
Sind wir mal ehrlich, Kaffee ist von Natur aus bitter. Ist man das bräunlich-heisse Getränk nicht gewöhnt, reichen die Sorten eigentlich nur von bitter zu richtig bitter. Da hilft dann nur der Griff zu Milch und Zucker. Aber da fängt die Diskussion an. Darf man Zucker überhaupt in den heiligen Kaffee geben?
Die Antwort lautet klar: ja! Nicht nur weil man morgens lieber sanft wach wird, sondern weil der Zucker im Kaffee einen positiven Effekt auf die Gesundheit hat. Denn Zucker im Kaffee lässt das Gehirn zu Hochleistungen auflaufen. Spanische Forscher fanden heraus, dass Personen, die einen Koffein- und Traubenzucker-Mix zu sich nahmen, weniger Hirnressourcen brauchten als Testteilnehmer, deren Getränk keinen Zucker-Koffein-Mix enthielt. Zugegeben, die Mischung wäre ein bisschen übertrieben (es waren 25 Stück Zucker in der Tasse), aber die Leistungen sprechen für sich.
Ein anderer Trend ist derzeit auch die schlankmachende Mischung von einem gesamten Klumpen Butter in einer Tasse Kaffee mit Zucker aufgelöst. Das soll die neue Diät der Stars ein. Ok, so würde ich meinen Kaffee nun auch nicht trinken wollen, aber immerhin ist der Geschmack nicht mehr so bitter. Ausserdem soll die Mischung so sättigend sein, dass man automatisch abnehme.
In einer weiteren Studie fanden dänische Forscher heraus, dass diejenigen, die ihren Kaffee süssen, tatsächlich etwas für ihre schlanke Figur tun. Denn die Langzeitstudie mit 5200 Männern zeigte auf, dass fünf bis sechs gezuckerte Tassen Kaffee pro Tag das Risiko für Übergewicht um bis zu 40 Prozent senken würde. Offenbar regt die Mischung aus Koffein und Zucker den Stoffwechsel an und zügelt den Appetit.
Die richtige Dosis macht es also. Es müssen ja nicht gleich 25 Stück Zucker sein, aber wenn die Mischung aus Kaffee und Süsse so gesund ist, dann bleibe ich doch lieber dabei. Vor allem versüsst es einem im wahrsten Sinne des Wortes schon morgens den Tag.
Zucker gehört nicht in einen guten Kaffee. Den Rotwein mit Zucker zu versüssen, wäre ebenso fatal. In der Schweiz ist der Kafi Crème der Klassiker schlechthin unter den Koffeingetränken. Mit Rahm und Zucker gereicht, hat er aber wenig mit einem aromatischen Espresso zu tun.
Kaffee und Alkohol haben einiges gemeinsam. Zugegeben: Es gibt niemanden, der diese Getränke von Beginn an gerne mag. Man probiert sie immer wieder, und vielleicht mag man sie irgendwann. Mit der Zeit und mit dem Alter findet man Gefallen an den Getränken, kommt eventuell sogar nur schlecht ohne sie aus.
Dennoch gibt es wohl wenige Getränke, bei denen man so viel falsch machen kann wie beim Kaffee. Der perfekte Espresso kommt natürlich unter viel Druck aus der Kolbenmaschine – während rund 25 Sekunden läuft er durch den Siebträger. Nur so entsteht eine echte Crema und ein vollmundiger Geschmack. Selbstverständlich werden die Bohnen vorher frisch gemahlen und stets luftdicht abgepackt. Der perfekte Kaffee wird denn auch schwarz – weder mit Zucker noch mit Crème – getrunken.
Leider ist die Schweiz nicht bekannt für seine hochstehende Kaffeekultur. Der Kafi Crème gilt als Standard, schmeckt eher wässrig und kommt meist aus einer vollautomatischen Maschine. Gereicht wird er mit Zucker, Kaffeerahm – eine Mischung zu je einer Hälfte aus Vollrahm und Vollmilch – meistens gibt es ein Schöggeli dazu. Volles Verständnis für alle, die schlechten Kaffee mit einem Schluck Milch übertönen.
Guter Kaffee liegt zum Glück im Trend, und vermehrt setzen hippe Cafés und Bars auf die Barista-Handwerkskunst. Auch dort bekommt der Gast auf Verlangen die Zuckerdose gereicht. Wer Kaffee aber wirklich liebt, verzichtet auf Zucker und andere Zusätze. Die Vielfalt und Komplexität der Aromen im Kaffee ist vergleichbar mit jener im Rotwein. Und wer würde es wagen, Zucker in den Wein zu schütten?
Am Morgen ist etwas Milch erlaubt, im Cappuccino zum Beispiel. Ab Nachmittag noch einen Latte Macchiato zu bestellen, geht aber gar nicht. Zuckerbomben wie Starbucks Frappuchinos oder Vanilla-Lattes hingegen haben wenig mit Kaffee gemeinsam.