Presseschau
Von euphorisch bis sachlich: So berichten die Medien über die Wahlen in die St.Galler Stadtregierung

Maria Pappa ist als erste Frau Stadtpräsidentin von St.Gallen. Zudem ist es erst das zweite Mal, dass das Amt in der Hand der SP ist. Beides findet schweizweit Beachtung.

Marlen Hämmerli
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Illustration: Leoni Tobia

Geht es nach dem Kulturmagazin «Saiten» ist St.Gallen jetzt «eine richtige Stadt». Jetzt, nachdem SP-lerin Maria Pappa als erste Frau zur Stadtpräsidentin gewählt worden ist. Aber nicht nur lokale Medien berichten über diese «historische Wahl». Nein, sie findet überregional Beachtung.

Eben als «historisch» bezeichnet das Online-Nachrichtenportal «Watson» die Wahl von Pappa und titelt:

Screenshot: Watson.ch

Die «Ostschweizer Grossstadt» habe ihre erste weibliche Stadtpräsidentin. Das sei historisch und dürfte die Bürgerlichen «fest schmerzen», heisst es im Artikel. Denn St.Gallen war – bis auf zwei Ausnahmen – immer in der Hand des Freisinns.

NZZ: «Mathias Gabathuler ist eine Verlegenheitslösung»

Im zweiten Wahlgang hat der FDP-Kandidat, Mathias Gabathuler, im Rennen ums St.Galler Stadtpräsidium 9'152 Stimmen gemacht. Maria Pappa holte 11'782 Stimmen. Die freisinnige NZZ hatte Gabathuler vor dem zweiten Wahlgang als «Verlegenheitslösung» bezeichnet. Nach dem zweiten Wahlgang titelt sie:

Screenshot: Nzz.ch
Mathias Gabathuler (Mitte) zieht für die FDP in den Stadtrat ein, das Rennen ums Präsidium hat er verloren.

Mathias Gabathuler (Mitte) zieht für die FDP in den Stadtrat ein, das Rennen ums Präsidium hat er verloren.

Bild: Ralph Ribi

Damit verzichtet das Leitmedium – wie wenige andere Medien – darauf, die Tatsache, dass Pappa die erste Frau im Stadtpräsidium ist, prominent zu erwähnen. Die NZZ stützt sich auf eine Agenturmeldung, geht aber auch kurz auf den Wahlkampf und das Abschneiden von Trudy Cozzio ein. Die CVP-lerin hatte für den letzten freien Sitz im Stadtrat kandidiert. Diesen holte sich dann aber Gabathuler mit 10'894 Stimmen.

Der politisch unerfahrene Gabathuler habe sich mehrere Fehltritte geleistet, schreibt die NZZ. Zugleich habe der 53-Jährige mit Trudy Cozzio eine ernstzunehmende Gegnerin gehabt.

Trudy Cozzio hatte für die CVP für den verbleibenden Stadtratssitz kandidiert. Sie holte jedoch mit 9'039 Stimmen weniger als Mathias Gabathuler.

Trudy Cozzio hatte für die CVP für den verbleibenden Stadtratssitz kandidiert. Sie holte jedoch mit 9'039 Stimmen weniger als Mathias Gabathuler.

Bild: Ralph Ribi

«Tagesschau», «Blick», «Tages-Anzeiger» erwähnen die Wahl am Rande

Auch in der «Tagesschau» von SRF finden die Wahlen in St.Gallen Erwähnung – wenn auch am Rande. Die Stapi-Frage sei geklärt, sagt die Moderatorin nach einem Beitrag zu den Wahlen in Bern. «Mit SP-Frau Maria Pappa hat St.Gallen zum ersten Mal eine Frau als Stadtpräsidentin.»

Auch in der Online-Berichterstattung von «Blick» und «Tages-Anzeiger» werden die Wahlen in St.Gallen am Rande erwähnt. Beide Medien stützen sich dabei auf eine Agenturmeldung.

Ein Vorbild für Frauen und Kinder

Einige Medien haben aber auch die Kandidierenden interviewt. Gegenüber TVO, das wie diese Zeitung zu CH-Media gehört, sagte Pappa: «Meine Wahl zeigt Frauen und Kindern in der Stadt, dass es zu schaffen ist, wenn man engagiert und selbstbewusst ist.» Ähnliches sagt sie auch gegenüber FM1Today, das ebenfalls zu CH-Media gehört, und gegenüber dem «Regionaljournal» von SRF, das titelt:

Screenshot: srf.ch

«Saiten» kommentiert fast schon euphorisch: «Mit Maria Pappa als Stadtpräsidentin sind die durchschnittlichen Zeiten in Sankt Güllen vorbei. Addio wohliger Stillstand – ciao wagemutige ‹Stadt für alle›», und titelt:

Screenshot: saiten.ch

Das linke Kulturmagazin räumt aber ein, ein solcher Kulturwandel sei nicht einfach zu schaffen. Ein solcher benötige Zeit, dazu kämen die wegen Corona nicht gerade rosigen Finanzen. «Trotzdem: Pappa ist einiges zuzutrauen.»