In 29 Jahren unter Walo Möri hat sich das Pflegeheim Heiligkreuz grundlegend verändert

Walo Möri hat 29 Jahre lang das Pflegeheim Heiligkreuz geleitet. Fast so lange hat er selber darin gewohnt.

Christina Weder
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Walo Möri (stehend) unterhält sich in der Cafeteria des Pflegeheims Heiligkreuz mit Angehörigen von Heimbewohnern. Bild: Ralph Ribi

Walo Möri (stehend) unterhält sich in der Cafeteria des Pflegeheims Heiligkreuz mit Angehörigen von Heimbewohnern. Bild: Ralph Ribi

Eigentlich ist Walo Möri seit mehreren Monaten pensioniert, seit Anfang November hat er einen Nachfolger. Doch noch immer erreicht man den Heimleiter am besten im Pflegeheim Heiligkreuz. «So schnell setze ich mich nicht zur Ruhe», sagt der 65-Jährige und em­pfängt im grosszügigen Eingangsbereich des Neubaus, den das Pflegeheim vor eineinhalb Jahren bezogen hat.

Breitschultrig, mit markanter Brille, den Schal locker um den Hals gelegt, das lange Haar nach hinten gekämmt führt er durch sein Reich. 29 Jahre war er Heimleiter im Heiligkreuz. «Wir haben uns in dieser Zeit von einem Pflegeheim mit Dienstleistungen zu einem Hotelbetrieb mit Pflegeleistungen gemausert», sagt er nicht ohne Stolz.

Vierbettzimmer mit Zugluft

Zwischen dem Pflegeheim von heute und damals scheinen Welten zu liegen. Möri erinnert sich auf den Tag genau, wann er «als Heimvater» angefangen hat. Am 15. Oktober 1990 sei er mit einer Matratze und ein paar Kleidern in die damalige Heimleiter-Wohnung gezogen. Frau und Kinder folgten später nach. Der damals 36-Jährige fand das Gebäude in einem katastrophalen Zustand vor. «Die Fenster waren undicht, es herrschte ständig Zugluft», erinnert er sich. Es gab eine Station für die Männer und eine für die Frauen. Die 56 Bewohnerinnen und Bewohner waren in Zwei- und Vierbettzimmern ohne WC und Duschen untergebracht. «So will ich im Alter nicht leben», habe er sich gedacht.

Trotzdem unterschrieb Möri den Arbeitsvertrag, da ihm eine baldige Renovation in Aussicht gestellt wurde. Auch den Tagesablauf wollte der neue Heimleiter so schnell wie möglich ändern. Nach altem Regime mussten alle Bewohner um 8 Uhr am Frühstückstisch sitzen. Damit dies möglich war, habe der Nachtdienst bereits zwischen 5 und 6 Uhr morgens mit der Morgentoilette begonnen, die Bewohner der Reihe nach geweckt, gewaschen und wieder ins Bett gelegt, um sie dann gegen 8 Uhr zum Frühstück zu rufen. Eine Zumutung, fand Möri.

Auch sonst sah er Handlungsbedarf. Die Finanzbuch­haltung wurde damals noch auf Papier erledigt. Anfang der 1990er-Jahre schaffte er die ersten Computer an und führte bald darauf die EDV-basierte Patientendokumentation ein. Fünf Jahre nach seinem Stellenantritt folgte dann der grosse Umbau. Möri hätte sich schon damals einen Neubau gewünscht. Doch bis dieser verwirklicht wurde, musste er sich weitere 20 Jahre gedulden.

Wenig Andrang in der mediterranen Abteilung

Heute arbeiten 137 Angestellte im neuen Pflegeheim und teilen sich 91 Vollzeitstellen. Sie kümmern sich um das Wohl von 96 Bewohnerinnen und Bewohner, die fast alle in Einzelzimmern untergebracht sind. Auf der dritten Etage befindet sich eine mediterrane Abteilung für eingewanderte Südländer. Der Andrang hält sich gemäss Möri aber in Grenzen.

Er habe vieles in die Wege leiten können, sagt der Heimleiter. Nur in einem Punkt trauert er dem Altbau noch nach. Im Neubau müsse man die Bewohner motivieren, sich in Gesellschaft zu begeben. Im Altbau dagegen seien die Bewohner froh gewesen, auch mal aus ihrem Zimmer rauszukommen. Die Türen standen stets offen, die Atmosphäre war familiär.

Über 25 Jahre lebte Möri mit seiner Familie selber im Pflegeheim. «Da musste ich stets damit rechnen, dass auf einmal ein verwirrter Heimbewohner in der Wohnung stand.» Doch für die Familie sei es eine schöne Zeit gewesen. In seiner Stube sei der FCSG-Fanclub Compadres mittels Statutenerstellung gegründet worden. «Im Heimkeller wurden die Choreos zusammengestellt», erinnert sich Möri, dessen Frau aus einer Fussballerfamilie stammt. Seine drei inzwischen erwachsenen Kinder sind noch immer begeisterte Fans.

Möris längste Rede und eine Busse

Durch die Nähe zum Stadion Espenmoos wurde Möri selber zum fleissigen Matchbesucher. Er war auch beim legendären Spiel 2008 auf der Tribüne, das in Krawallen ausartete. Möri, der damals für die EVP im Stadtparlament sass, empfand das Verhalten der Polizei als Provokation und verschaffte seinem Ärger im Ratssaal Luft. Er habe damals eine flammende Rede gehalten – «eine der längsten überhaupt», sagt er. Zehn Jahre sass Möri im Stadtparlament. Am meisten mediale Aufmerksamkeit bescherte ihm nicht seine lange Rede, sondern ein sozialer Akt innerhalb des Pflegeheims. Weil er in der Küche einen abgewiesenen Asylbewerber beschäftigt hatte, musste er eine Busse von 300 Franken zahlen. Er trug es mit Fassung. Kirche und Partei standen hinter ihm. 2009 trat er aus der Politik zurück, um sich auf sein Engagement in der Kirchenvorsteherschaft Tablat zu konzentrieren, die damals turbulente Zeiten durchlebte.

Aktive Politik und Fussball sind für Möri unterdessen nebensächlich geworden. Gerne engagiert er sich im Vorstand der Spitex, im Jodelchörli oder als Vorleser an der Erzählnacht. Im Pflegeheim ist er noch bis Ende Jahr damit beschäftigt, seinen Nachfolger einzuführen. Es sei ein seltsames Gefühl, die Heimleitung nach so vielen Jahren abzugeben. «Für mich ist es wie eine Mischung aus Abschiednehmen und in die Ferien gehen.»