Einige Betriebe in der Stadt versuchen zudem, die neuen Regeln zu interpretieren.
Während in der Migros Mitarbeiter kontrollieren, dass nicht mehr als 50 Kundinnen und Kunden den Supermarkt betreten, läuft bei vielen anderen Gossauer Geschäften gar nichts mehr. Wer keine Medikamente oder Lebensmittel verkauft, darf sein Geschäft nach dem Bundesratsentscheid vom Montag nicht mehr öffnen. «Trostlos» findet Stadträtin Gaby Krapf-Gubser den Anblick, den ihr die Gossauer Innenstadt beim Einkauf bietet.
Betroffen ist auch die «Gutenberg Buchhandlung» von André Wigger, der zudem Präsident der Gossauer Fachgeschäfte ist. Er bleibt betont optimistisch.
«Für die Schweiz ist das zwar eine Zäsur. Aber es geht uns im Vergleich zu anderen noch immer gut.»
In einem Laden gebe es immer etwas zu tun, auch wenn keine Kunden vor Ort seien. Wigger beispielsweise bereitet den Umzug seines Betriebs an die Kirchstrasse vor. Er vergleicht die ausgerufene «ausserordentliche Lage» mit einer Wetterkapriole. «Nur dauert sie länger.»
Ganz zusammengebrochen ist Wiggers Geschäft nicht. Sein Onlineshop ist weiter in Betrieb und die Bibliotheken – obwohl auch sie geschlossen sind – bestellen weiterhin Bücher.
Im Vorstand der Vereinigung wurde die Situation noch nicht besprochen. Wigger könnte sich vorstellen, dass die Fachgeschäfte in einer gemeinsamen Aktion an die Kundinnen und Kunden appellieren, ihnen die Treue zu halten. Er selber tut das auf seiner Webseite bereits: «Wir und auch die weiteren Fachgeschäfte der Region sind auf Ihre Unterstützung angewiesen», ist da zu lesen.
Hoffnung setzt Wigger auch auf die Banken. Wenn ein Geschäft nur aufgrund der Corona-Zwangspause in Liquiditätsengpässe komme, müssten unkompliziert Kredite gewährt werden – eine Forderung, die auch der Bundesrat an einer Medienkonferenz geäussert hat.
Die Fachgeschäfte-Vereinigung müsse ausserdem schauen, wie man die Mitglieder unterstützen könne. «Für uns Lädeler ist eine solche Lage neu», sagt Wigger. Die Anträge für Kurzarbeit seien beispielsweise eine Herausforderung.
Mit diesen Formularen kämpft auch die Messerschmiede von Leo Cozzio: «unheimlich kompliziert!» Für die Massnahme des Bundesrats hat der Ex-Stadtparlamentarier Verständnis: «Das muss man jetzt durchziehen, die Gesundheit geht vor. Hoffentlich nützt es etwas.» Er versucht, sich auf einem Mittelweg mit der Situation zu arrangieren: Der Laden ist geschlossen, die Werkstatt reduziert geöffnet.
«Ich weiss nicht, ob ich das überhaupt darf. Aber ich muss meinen Kunden doch die Möglichkeit geben, ihre Messer und Scheren wieder abzuholen.»
Cozzios Geschäft wurde von den Einschränkungen hart getroffen. Seine grössten Auftraggeber sind Gastronomiebetriebe und Coiffeursalons, die ebenfalls schliessen mussten. Und Privatkundinnen und -kunden würden derzeit als letztes daran denken, ihre Küchenmesser schleifen zu lassen.
Unweit von Cozzios Geschäft muss sich auch Nadine Heuberger von Blumen Belser mit der Lage arrangieren. Was der Entscheid des Bundesrats bedeutet, kann sie am Dienstag noch nicht ermessen. Blumen werden in ihrem Geschäft derzeit nur auf Bestellung geliefert oder am Automaten verkauft.
Ihr Laden ist voll mit der verderblichen Pracht. Sie findet es deshalb besonders bitter, dass in den Grossverteilern weiterhin Blumen und Zimmerpflanzen verkauft werden. So nehmen diese Auslagen in der Migros und im Coop noch immer Dutzende Quadratmeter ein.
Der Claro-Laden am Ochsenkreisel hat zwar noch geöffnet, aber ein Teil des Sortiments ist abgesperrt. «Wir verkaufen nur noch Lebensmittel», sagt Franziska Kissling. Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Vorgaben des Bundesrats – so ultimativ sie klingen – Interpretationsspielraum lassen.
Zusätzlich zum Sortiment hat der Laden auch die Öffnungszeiten eingeschränkt. Zwei der Verkäuferinnen, die auf freiwilliger Basis im «Claro» arbeiten, gehören der Risikogruppe an und möchten sich bis auf Weiteres nicht im Laden exponieren, sagt Kissling.