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Vier Tage hat eine Delegation aus Südkorea in Wittenbach verbracht. Wie alle anderen war auch Song Oh Seong zum ersten Mal in der Schweiz. Er ist Parlamentsabgeordneter in der Provinz Gyeongsangnam-do, die im Südosten von Südkorea liegt. Song Oh Seong erzählt, wie ihm die Bürgerversammlung gefallen hat und was ihn überrascht hat.
Welchen Eindruck haben Sie von der Bürgerversammlung?
Song Oh Seong: Es war wirklich interessant. Es war spannend zu sehen, wie jeder Bürger frei seine Meinung äussern kann, wie diskutiert und abgestimmt wird. Hier können alle mitentscheiden und der Rat nimmt jedes Anliegen auf. Bei uns ist das anders. Dort entscheiden nur die Repräsentanten. Die Bürger haben nicht wirklich die Möglichkeit, sich einzubringen. Und hier wird darüber gesprochen, die Bürgerbeteiligung zu erweitern, etwa mit einer Leserbriefseite im Gemeindeblatt. Das ist grossartig.
Hat Sie etwas überrascht?
Ja, dass alle Leute so ruhig und konzentriert waren während der ganzen Versammlung. Nicht einer war am Handy. Und dass sie hier offenbar auch ÖV-Probleme haben.
Sie kennen diese Probleme also auch?
Ja, bei uns gibt es ebenfalls viele Staus und Verspätungen. Für den ÖV gibt es aber eigene Fahrbahnen. Und genau das wünscht man sich hier ja auch.
Was haben Sie sich nebst der Bürgerversammlung sonst noch angeschaut?
Wir haben uns die Schule, die Feuerwehr und die Entsorgungsstelle in Wittenbach angeschaut. Wir haben viel Neues kennen gelernt. Am eindrücklichsten fand ich aber den Einblick ins Milizsystem. Ich finde das hochinteressant, da bei uns alle hauptamtlich tätig sind.
An dieser Bürgerversammlung war einiges neu. Zum einen empfing am Montag zum ersten Mal Oliver Gröble als Gemeindepräsident die Bürger. Zum anderen hatten sich ein paar Gäste unter die Wittenbacher gemischt. Eine Delegation aus 21 südkoreanischen Professoren, Politikern und Wissenschaftern besuchte die Gemeinde, um das Schweizer Demokratiesystem kennen zu lernen. Die Gäste aus Ostasien hatten zwar keine Stimmkarte dabei, dafür ihre Selfiesticks.
Zuerst führte Schulratspräsidentin Ruth Keller durch die Schulbürgerversammlung der Primarschulgemeinde. Die Bürger genehmigten die Jahresrechnung 2018 deutlich. Anwesend waren 238 Bürger, dies entspricht 4,03 Prozent der Stimmberechtigten. Auch die Rechnung der politischen Gemeinde wurde mit vier Enthaltungen genehmigt.
In der allgemeinen Umfrage wurden zwei Themen diskutiert. Tino Bentele von der IG Bettenwiese merkte an, dass die Wittenbacher nur begrenzt ihre Meinung zu öffentlichen Themen äussern könnten. Er schlug deshalb eine Leserbriefseite im «Gemeindepuls» vor oder eine Austauschplattform auf der Website. Einige befürworteten die Idee, andere befürchteten, dass dies aus dem Ruder laufen könnte.
Ebenfalls Thema war die Buslinie 4 und deren Verspätungen. Viele machten deutlich, wie unzufrieden sie sind. Nicht alle glauben, dass sich die Situation mit den Zusatzbussen verbessert. Diese werden im Herbst eingesetzt. Gröble zeigte Verständnis. Dennoch solle man abwarten. «Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns die Lösung, die uns der Kanton bietet, zuerst anschauen.» (woo)