Die erste aktive 5G-Antenne im Kanton St.Gallen steht in Gossau

Der Streit um die Mobilfunktechnologie 5G hat auch im Kanton St.Gallen die Politik erreicht. Von den meisten unbemerkt ist derweil in Gossau die erste neuartige Handyantenne im Kanton auf Sendung gegangen.

Johannes Wey
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Wo die Lindenbergstrasse die Autobahn kreuzt, steht die erste 5G-Antenne im Kanton. (Bild: Johannes Wey)

Wo die Lindenbergstrasse die Autobahn kreuzt, steht die erste 5G-Antenne im Kanton. (Bild: Johannes Wey)

Um den Mobilfunk der fünften Generation (5G) tobt ein Streit. Kritiker befürchten gesundheitliche Risiken durch die höheren Frequenzen, die beim neuen Standard verwendet werden. Schweizweit versuchen Politiker, Moratorien für 5G-Antennen zu erwirken, darunter im St. Galler Kantonsrat. Der Bund hat solchen Plänen Anfang Monat allerdings einen Riegel geschoben.

Die erste 5G-Antenne, die im Kanton St.Gallen in Betrieb genommen wurde, steht auf dem Gossauer Lindenberg. Das zeigt eine interaktive Karte auf der Website des Bundesamts für Kommunikation (Bakom). In einer früheren Version wurden noch weitere Standorte im Kanton St.Gallen angezeigt. Dabei wurden aber fälschlicherweise Standorte für Versuchslizenzen eingezeichnet, sagt Martin Simon, Fachspezialist für nichtionisierende Strahlung beim kantonalen Amt für Umwelt.

Die Karte wurde in der Zwischenzeit bereinigt. Ob die Antenne in Gossau noch immer die einzige im Kanton ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Denn die Bakom-Karte wird nur alle zwei Wochen aktualisiert, während die Telekommunikationsunternehmen beim 5G-Ausbau aufs Gas drücken und massiv für die neue Technologie werben.

Keine Auflage bei bestehender Antenne

Im Fall der Gossauer Antenne wurde eine bestehende 4G-Antenne auf den neuen Standard nachgerüstet. Dass das von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt passiert ist, hat mit dem Verfahren zu tun: Weil Strahlungsleistung und -belastung nicht geändert worden seien, entspräche die Nachrüstung einer Bagatelländerung, weshalb keine Baubewilligung nötig sei, sagt Martin Simon. Simon sagt:

«Die Grundlagen für Bagatelländerungen wurden im Jahr 2013 eingeführt. Damals kam 4G als neue Technologie zum Einsatz. Ebenso wurden dazumal neue zusätzliche Frequenzen eingesetzt. Im Prinzip war es die gleiche Situation wie heute mit der Einführung von 5G»

Die Antennenbetreiber müssen daher bei Bagatelländerungen lediglich das Datenblatt zur Anlage anpassen und es der Gemeinde einreichen. Geprüft wird es dann von der kantonalen Fachstelle für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung, also von Martin Simon. Die Gemeinde könne zudem entscheiden, ob sie eine Abnahmemessung verlange. In Gossau geschieht das, wenn der Anlagegrenzwert zu 80 Prozent ausgeschöpft wird, ist beim Hochbauamt zu erfahren.

Grundeigentümer wusste lange von nichts

Ein Baubewilligungsverfahren mit öffentlicher Auflage sei deshalb nicht nötig. Nicht einmal der Grundeigentümer des Antennenstandorts sei über den Umbau informiert worden, sagt dieser. Weiter will er sich derzeit nicht äussern.

Obwohl der Umbau nicht öffentlich publiziert wurde, gab es Rückmeldungen dazu, sagt Stadträtin Gaby Krapf-Gubser. «Wir haben zwei Reaktionen von besorgten Gossauern erhalten.» Zudem sei ein anonymes Schreiben an Politiker und Behördenmitglieder eingegangen. Wie der Gossauer Kommunikationsbeauftragte Urs Salzmann auf Nachfrage präzisiert, handelt es sich dabei um einen Standardbrief gegen 5G, den die Toggenburger Esoterikerin Christina von Dreien auf ihrer Website bereitstellt. Darin wird ein Baustopp für Antennenanlagen und die Abschaltung bestehender 5G-Antennen gefordert.

Die Antenne auf dem Lindenberg werde von Sunrise betrieben, erklärt Salzmann weiter. Derzeit seien in Gossau drei weitere Gesuche für 5G-Antennen hängig. Auch hier geht es um Bagatelländerungen an bestehenden Antennen, Gesuchstellerin ist die Swisscom.

Das mobile Internet war erst der zweite Schritt

Die 5G-Antenne auf dem Lindenberg ist seit Mitte März in Betrieb, sagt Sunrise-Sprecher Rolf Ziebold. In einem ersten Schritt wurde sie allerdings nicht für das Surfen auf dem Smartphone, sondern in den eigenen vier Wänden eingesetzt. Ausgewählte Sunrise-Kunden können seit Anfang April über das 5G-Netz den Glasfaser- oder Festnetzanschluss ersetzen.

Seit Mitte Mai sind bei Sunrise auch Smartphones erhältlich, welche das 5G-Netz nutzen können. Gemäss der Abdeckungskarte auf der Sunrise-Website sind mit der neuen Antenne weite Teile von Gossau, aber auch Teile von Andwil, Arnegg, Niederwil und sogar Aussenquartiere von Herisau abgedeckt.