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Der St. Galler Stadtrat liberalisiert seine Bewilligungspraxis. Der öffentliche Raum darf ab 2020 breiter genutzt werden – auch kommerziell. Per 1. Januar 2020 wird daher ein zweijähriger Pilotversuch gestartet. Die neue Bewilligungspraxis ermöglicht kommerzielle Aktivitäten vor Läden und Gastronomiebetrieben sowie auf bestimmten Plätzen.
Die Verwaltung und die Stadtpolizei lebe eine restriktive Bewilligungspraxis: Dieser Vorwurf war in jüngster Zeit oft zu hören. Detailhändler äusserten ihn, aber auch Gastronomen und Kulturmanager. Am Mittwoch informierte Stadträtin Sonja Lüthi, Vorsteherin der Direktion Soziales und Sicherheit, über eine Lockerung im Umgang mit Bewilligungen. Lüthi wurde bei der Information flankiert von Ralph Hurni, Kommandant Stadtpolizei, und von Samuel Zuberbühler, Leiter der Dienststelle Standortförderung.
Der öffentliche Raum in der Stadt St. Gallen soll ab 2020 einfacher kommerziell genutzt werden dürfen mit dem Ziel, die Innenstadt zu beleben. Die neue Bewilligungspraxis ermöglicht Detailhändlern und Gastronomen, die Fläche vor ihren Läden an vier Tagen im Jahr zu nutzen. Vor Gebäuden mit mehreren Geschäften können insgesamt an acht Tagen Aktionen durchgeführt werden. Die Bewilligungen dafür erteilt die Stadtpolizei. Mit wie vielen Gesuchen sie rechnet, konnte Hurni gestern nicht sagen:
«Wir haben keine Vergleichsmöglichkeiten.»
Sicher sei: Die neue Bewilligungspraxis bedeute für die Stadtpolizei einen erheblichen Mehraufwand.
Für diese kommerzielle Nutzung des öffentlichen Raums macht die Stadt den Detailhändlern und Gastronomen auch Auflagen. So dürfen beispielsweise keine fixen Bauten aufgestellt werden in den Gassen. Aktionen an Tagen, an denen das St.Galler Fest oder das «New Orleans meets St.Gallen» ausgetragen werden, sind nicht möglich.
Bei dieser Lockerung der Bewilligungspraxis handelt es sich um einen zwei Jahre dauernden Pilotversuch, wie Lüthi sagte. Mitte 2021 wollen Verwaltung und Stadtpolizei eine erste Bilanz ziehen und hernach entscheiden, wie es weitergeht mit der Nutzung des öffentlichen Raums.
Teil dieses Pilotversuchs ist auch die kommerzielle Nutzung von vier Plätzen: Der Marktplatz, der Vadianplatz beim Einkaufszentrum Neumarkt, der Scherrerplatz bei der Post Brühltor und die Gutenbergstrasse vor der Hauptpost. Diese vier Plätze werden von Montag bis Freitag für kommerzielle Aktivität wie Sampling, Verkaufsaktionen oder Werbung zur Verfügung gestellt. In der übrigen Zeit stehen gemäss Lüthi auf diesen Plätzen nicht kommerzielle Nutzungen im Vordergrund. Jede Gesuchstellerin oder jeder Gesuchsteller können maximal zwei Aktionstage auf diesen vier Plätzen beanspruchen. Auf dem Marktplatz ist eine Nutzung nur ausserhalb der Marktzeiten möglich.
Weil eine kommerzielle Nutzung des öffentlichen Raums heute strikt abgelehnt wird, hat der Stadtrat in eigener Kompetenz die Gebührentarife per Anfang 2020 angepasst. Sonja Lüthi sagt, Gebühren für eine Bewilligung für kommerzielle Aktivität seien grundsätzlich höher als jene für nicht kommerzielle Aktionen.
Diese Lockerung der Bewilligungspraxis ist Teil der vom Stadtrat gewünschten «Ermöglichungskultur», wie es Lüthi formuliert; sie wurde aber auch im Projekt «Zukunft St. Galler Innenstadt» angestossen. Ralph Bleuer, Präsident der innerstädtischen Detailhandelsvereinigung Pro City, ist erfreut über die versuchsweise Liberalisierung, wie er gestern dem «St. Galler Tagblatt» in einer ersten Reaktion sagte.
Losgelöst vom Pilotversuch ermöglicht die Stadt ab 2020 auch Grossveranstaltungen mit kommerziellem Charakter im öffentlichen Raum. Mehr noch: Unter der Leitung der Dienststelle Standortförderung will sie grosse Events akquirieren. Gemäss Samuel Zuberbühler wird der Fokus hierbei auf die Kultur und den Sport gelegt, wie es in der Vision 2030 des Stadtrats steht.
Den Grundsatzentscheid, ob ein Gesuch für eine Grossveranstaltung wie etwa «Slide my City», hinter der der Getränkehersteller Rivella steht, bewilligt wird oder nicht, trifft der Stadtrat. Er wird sich gemäss Lüthi auf eine Empfehlung der Arbeitsgruppe «Events» stützen, in welcher die Standortförderung den Vorsitz haben wird. Überprüft werden Gesuche auf operative und inhaltliche Kriterien.