Nun sprechen Gossauer Politiker wieder vom Stadtbus - andere wollen davon aber nichts wissen

Verstopfte Strassen und abgehängte Quartiere sind in Gossau heiss diskutierte Themen. Während die einen nun wieder einen Stadtbus fordern, hat sich für die anderen seit der Abstimmung 2007 nichts geändert.

Johannes Wey
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Zwei SVP-Kantonsräte sind gegen den geplanten Regiobus-Halt vor der «Sonne». (Bild: Urs Bucher (20. September 2018))

Zwei SVP-Kantonsräte sind gegen den geplanten Regiobus-Halt vor der «Sonne». (Bild: Urs Bucher (20. September 2018))

Auf vielen Hauptverkehrsachsen ist in Gossau gut Bus fahren. Bis zu neunmal pro Stunde wird beispielsweise die Haltestelle Migros-Markt vom Bahnhof her angesteuert. Mit dem neuen Fahrplan werden es immerhin noch siebenmal sein.

Doch abseits der St.Galler­strasse dominieren Halb- oder gar Stundentakte. Und grosse Teile der Stadt sind überhaupt nicht erschlossen, wie ein Blick auf den Linienplan der Regiobus AG zeigt. Stadtparlamentarierin Ruth Schäfler hat aus diesem Grund eine Interpellation eingereicht, die namentlich eine Buserschliessung für das Niederdorf-Quartier und das Altersheim Espel fordert. Sie argumentiert unter anderem damit, dass der öffentliche Verkehr (ÖV) als Standortfaktor immer wichtiger werde.

Auch eine Umfrage, zu der alle Gossauerinnen und Gossauer über 50 eingeladen waren, stellte der ÖV-Anbindung in Gossau kein gutes Zeugnis aus. Eine Mehrheit der Umfragenteilnehmer gab an, der ÖV sei nur zum Teil oder gar nicht auf die Bedürfnisse der älteren Bevölkerung ausgerichtet. Nebst dem Niederdorf wurden weitere Quartiere genannt, die nicht mit dem Bus zu erreichen seien.

Stadtbus soll wieder aufs Tapet kommen

Im Stadtentwicklungskonzept hat sich die Stadt Gossau eigentlich ein anderes Ziel auferlegt: «Die Stadt stellt ein attraktives Angebot zur Verfügung, sodass sich Gossauerinnen und Gossauer gerne mit dem Velo, zu Fuss oder mit dem ÖV bewegen», heisst es darin. Erreichen soll man das durch die bessere Anbindung von Gebieten mit hoher Einwohner- oder Arbeitsplatzdichte und der Priorisierung des öffentlichen Verkehrs auf der Strasse.

Auch Ruth Schäflers Interesse am ÖV beschränkt sich nicht auf das Niederdorf, wie sie auf Nachfrage erklärt. Es sei «absolut zwingend», sich wieder Gedanken über einen Stadtbus zu machen. Dazu brauche es ein Gesamtkonzept.

Ein Mittel gegen Elterntaxis?

Für den Stadtbus gab es in Gossau bereits früher einen Anlauf. Ein dreijähriger Versuchsbetrieb wurde 2007 allerdings vom Volk mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt – zum Nein-Lager gehörte die FDP, für die auch Schäfler politisiert. «Das ist aber für mich kein Grund, dieses Thema nicht wieder aufzunehmen. Die Zeiten und Bedürfnisse ändern sich», sagt Schäfler. Vielleicht sei ein Stadtbus ja die Möglichkeit, die Fahrten sogenannter Elterntaxis zu reduzieren. Um die Bevölkerung zum Umstieg auf den ÖV zu bewegen, müsse man ein gutes Angebot schaffen und eine gewisse Durststrecke in Kauf nehmen.

Die Wiederbelebung des Stadtbus-Konzepts hat auch die SP als Ziel ausgegeben, nachdem der Kanton im Frühling erklärt hatte, auf der St.Gallerstrasse keine Entlastungsmassnahmen umzusetzen. Die Partei kündigte zwei Vorstösse im Stadtparlament an, die bislang aber ausgeblieben sind.

Die Vorstösse sollen noch kommen, wie Fraktionspräsident Florian Kobler auf Nachfrage versichert. Er sieht aber auch den Stadtrat in der Pflicht, konkrete Ideen für die Förderung des öffentlichen und des Langsamverkehrs zu liefern. «Die Haltung des Kantons ist klar, die Situation in Gossau ist klar, es braucht nun endlich Massnahmen.»

Das ÖV-Angebot sei einer Stadt mit der Einwohnerzahl Gossaus «unwürdig», insbesondere, da immer mehr Einwohner zur Arbeit pendelten. Die Aussenquartiere seien teils überhaupt nicht erschlossen. Gemäss Zahlen des Bundesamts für Statistik reist weniger als ein Drittel der Pendler innerhalb von Gossau und in andere Städte mit dem ÖV.

Gegner hält am Nein von 2007 fest

Auch Pascal Fürer und Benno Koller von der SVP thematisieren den ÖV in Gossau in einem Vorstoss, den sie im Kantonsrat eingereicht haben. Darin vertreten sie die Ansicht, der geplante zusätzliche Bushalt vor der «Sonne» verschärfe das Gossauer Verkehrsproblem.

Für Fürer ist es besonders stossend, dass der Bus auf der Fahrbahn halten soll und damit den restlichen Verkehr noch weiter ins Stocken bringen würde. Ausserdem sollten die Stadtbus-Befürworter das deutliche Abstimmungsergebnis von 2007 respektieren. «Die Bevölkerung will keinen Stadtbus. Das müssen auch VCS und SP akzeptieren», ist Fürer auch mehr als zehn Jahre nach der Abstimmung überzeugt.

Auch der Haltung, dass erst ein ausgebautes Angebot Passagierinnen und Passagiere auf das ÖV-Netz bringe, kann Fürer nichts abgewinnen. «Es kann nicht sein, dass auch diejenigen, die den ÖV nicht nutzen, dafür zahlen müssen.»

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