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Saunameister Dominic Bärtsch verwöhnt seine Gäste im Säntispark mit ausgefallenen Show-Aufgüssen. Für ihn ist Saunieren ein «Way of life».
Was dem Samurai das Schwert oder dem Cowboy das Lasso, ist dem Saunameister die Kelle, mit der er Wasser mit ätherischen Ölen auf die heissen Steine giesst. Saunameister Dominic Bärtsch besitzt etliche Holzkellen: Eine ist von kunstvoll geschnitzten Eichenblättern umrankt, andere sind mit Bergen, Wasserfällen oder Geckos bemalt. «Die Eidechsen sind meine Haustiere», sagt Dominic Bärtsch, ein grosser Schlaks mit fuchsrotem Bart, Nerdbrille und etlichen Tätowierungen.
Seit sieben Jahren bringt der Gossauer die Gäste im Säntispark in Abtwil zum Schwitzen. Bei Neumond zelebriert er mit seinem Team spezielle Aufgüsse. Am 26.November ist es wieder soweit: unter dem Titel «Highlands» wird Bärtsch im Smoking mit Schottenkaro zu Dudelsackklängen das Badetuch schwingen. Er wird den Saunagästen den Duft von Kiefern, Birken und Wachholder zufächern. Der 38-Jährige sagt:
«Diese Events sind so beliebt, dass leider nicht alle unsere Gäste Platz finden und wir immer wieder Leute vertrösten müssen.»
Manche würden schon eine halbe Stunde vorher in die Sauna sitzen, um einen Platz zu ergattern.
Event-Saunas mit Showeinlagen zu Themen wie «Star Wars» oder «König der Löwen» liegen im Trend: Früher schwitzte man einfach auf seinem Badetuch auf der Holzbank. Inzwischen werden Aufgüsse von geschultem Personal ausgeführt, mit präzisen Choreografien und spezieller Tuchwedeltechnik. Dazu erklingt Musik, oft der «Herr der Ringe»-Soundtrack.
«Spezielle Choreografien, etwa für eine Saunaweltmeisterschaft, üben wir monatelang ein», sagt Dominic Bärtsch. Dabei gehe es auch darum, in wenigen Minuten eine Geschichte zu erzählen. Nur wenige Erholungssuchende stören sich an den Shows und bevorzugen das klassische Saunaprogramm ohne Tamtam. Auch Gesundheitstourismusforscher beobachten, dass solche betreuten Angebote wichtiger werden, weil sie dem gesellschaftlichen Problem der Vereinsamung entgegen wirken.
Im Säntispark arbeiten rund 35 Bademeister. Sie rotieren zwischen Wellenbad, Solebad, Kinderbadewelt und den Saunas. «Am liebsten würde ich den ganzen Tag in der Sauna arbeiten», sagt Dominic Bärtsch, der in Leipzig eine zweiwöchige Sauna-Ausbildung absolviert hat. Dabei lernte er Dinge wie: Was passiert im Körper, wenn er starker Hitze ausgesetzt ist? Darf man mit Krampfadern in die Sauna? Dass die Heiss-Kalt-Wechsel das Immunsystem stärken und Erkältungen vorbeugen, wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen. Bärtsch kanns’ bestätigen:
«Seit ich hier arbeite, war ich nie mehr krank.»
Auf seinem Unterarm prangt der tätowierte Spruch «Sauna is a way of life». Das war so nicht geplant. Bärtsch, der in Widnau aufwuchs, brach einst eine Metzgerlehre ab, arbeitete als Materialwart des FC Gossau und als Bademeister im Freibad Gossau. Als er seine Stelle in Abtwil antrat, genierte er sich, in die Sauna zu gehen. Inzwischen steht er mit Saunameistern aus ganz Europa in Kontakt:
«Wir sind eine Saunafamilie.»
Er sammelt Räuchermischungen und hat verschiedene Sorten Weihrauch – das sei gerade im Trend in der Szene –, besitzt Kuhhörner, Klangschalen, schwarze und rote Riesenfächer und spezielle Badetücher.
Bärtsch geht durch das unterirdische Labyrinth der Bäderwelt. Es ist wie hinter den Kulissen eines Theaters: Vornerum Glanz und Luxus, hintenrum Werkstätten, Werkzeuge, Dienstpläne und Regale voller Gummistiefel. Der Bademeister öffnet einen Kühlschrank voller Flaschen und schnuppert daran. Es duftet nach Rosmarin, Lavendel, Zitrone. Reine ätherische Öle, chemische Düfte seien out. Bärtsch liebt den Duft von Jasmin, unreifen Mandarinen und Bergamotteminze; bei Anis und Nelke rümpft er die Nase.
Dominic Bärtsch hat einen Raum voller Kostüme, Männerröcke und Accessoires wie Hüte und Perücken, die er in der Sauna trägt. Zum Thema «Aladin» verkleidete er sich als blauer Flaschengeist Jeannie, «im Original-Disney-Kostüm». Zur Oscar-Nacht trug er in der Sauna einen Blazer mit Rosen und Totenköpfen. Auch in der finnischen Nationaltracht, als Hippie und Samichlaus sei er schon aufgetreten. «Ich bin fast gestorben unter dem Chlausmantel.» Bärtsch zieht alle Register, um den Saunagang bunt und duftend zu gestalten – auch wenns’ ein bisschen weh tut.