Landung im St.Galler Naturmuseum: Weshalb neben Dinosauriern plötzlich Weltraum-Raketen stehen

Vor 50 Jahren landeten die ersten Menschen auf dem Mond. Dem Ereignis widmet das Naturmuseum eine Ausstellung. Elf Stationen heben besondere Aspekte der Mondlandung hervor.

Marlen Hämmerli
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Die «Vergeltungswaffe 2» von Adolf Hitler (ganz links) wurde bis zur Mondflugrakete Saturn V (ganz rechts) weiterentwickelt. (Bild: Urs Bucher)

Die «Vergeltungswaffe 2» von Adolf Hitler (ganz links) wurde bis zur Mondflugrakete Saturn V (ganz rechts) weiterentwickelt. (Bild: Urs Bucher)

Ein Astronaut begrüsst die Besucher des Naturmuseums – und macht aufmerksam auf die Jubiläumsintervention «50 Jahre bemannte Mondlandung», die heute eröffnet wird. Der Astronaut ist eine von elf Stationen zur Mondlandung, die sich im ganzen Naturmuseum verteilen. Erkennbar sind die Stationen an den schwarzen Sockeln und dem Ausstellungssignet, dem Fussabdruck von Neil Armstrong. «Wir wollten keine klassische Ausstellung zur Mondlandung zeigen, sondern spezielle Aspekte hervorheben», sagt Museumsdirektor Toni Bürgin.

Toni Bürgin, Museumsdirektor. (Bild: Sabrina Stübi)

Toni Bürgin, Museumsdirektor. (Bild: Sabrina Stübi)

«Wir» – das sind Toni Bürgin und Men J. Schmidt. Der Gossauer Weltraumspezialist hat die Intervention konzeptioniert und von ihm stammen sämtliche Ausstellungsstücke.

«Eine Reflexion darauf, wie wir mit der Erde umgehen»

Doch warum zeigt das Naturmuseum eine Ausstellung zur Mondlandung? Die Antwort ist simpel: Men J. Schmidt arbeitet für die benachbarte Fisba und er wie auch Bürgin sind Zeitzeugen der Mondlandung. Bürgin sagt:

«Die Mondausstellung ist aber auch eine Reflexion dessen, wie wir mit der Erde umgehen.»

Berühmt ist das Zitat von William Anders, der mit der Apollo 8 zum Mond flog und als Erster den Erdaufgang fotografierte. Dazu soll er später gesagt haben: «Wir flogen hin, um den Mond zu entdecken. Aber was wir wirklich entdeckt haben, ist die Erde.»

Men J. Schmidt. (Bild: Ralph Ribi)

Men J. Schmidt. (Bild: Ralph Ribi)

Das Apollo-Programm beschäftigte rund 400000 Personen und kostete nach heutigem Massstab etwa 120 Milliarden Dollar. «Eigentlich wäre es heute an der Zeit, gegen den Klimawandel oder das Artensterben ein solches Apollo-Projekt durchzuführen», sagt Schmidt.

3300 Grad Verbrennungstemperatur

Im Foyer neben dem Empfang steht ein Modell der Mondflugrakete Saturn V im Massstab 1:65. Dahinter prangen auf einer etwa fünf Meter hohen Tafel die Umrisse eines Raketentriebwerks – und deuten an, wie gross die Saturn V war. Fünf Triebwerke gehörten zur Startstufe. Jedes verbrannte pro Sekunde 1565 Liter flüssigen Sauerstoff und 976 Liter Kerosin. Die Verbrennungstemperatur lag bei 3300 Grad Celsius.

Eine Hitze, die jedes Material verbrennt. Ein ausgeklügeltes Kühlsystem verhinderte, dass sich die Mondrakete selbst vernichtete. «Die Rakete gehört nach wie vor zu den leistungsstärksten, die je gebaut wurden», sagt Bürgin. Trotzdem war der Flug zum Mond ein Himmelfahrtskommando. Die Chance auf Erfolg lag bei 50 Prozent.

Am Anfang stand Hitlers «Vergeltungswaffe 2»

Ausgangspunkt für die Saturn V war eine Rakete, die Adolf Hitler entwickeln liess, um die Niederlage abzuwenden, die «Vergeltungswaffe 2» (V2). Nach Ende des Zweiten Weltkriegs fiel das Wissen um die Entwicklung der V2 als Kriegsbeute an die USA und die Sowjetunion.

Auf dem Mond führten die Astronauten Experimente durch, darunter auch ein Schweizer Experiment. Als Buzz Aldrin als zweiter Mann aus der Mondlandefähre stieg, hisste er nicht als erstes eine US-Flagge, sondern entrollte ein Schweizer Sonnenwindsegel, bestehend aus Aluminiumfolie. Das Segel sollte möglichst lange Partikel des Sonnenwindes einfangen. Deren Zusammensetzung wurde später an der Universität Bern, von der das Segel stammte, ausgewertet.

Namhafte Experten referieren zur Mondlandung

Die Jubiläumsintervention «50 Jahre bemannte Mondlandung» wird heute Freitag, 19 Uhr, eröffnet. Nach einem Grusswort durch Museumsdirektor Toni Bürgin führt Men J. Schmidt in die Ausstellung ein. Anschliessend referiert Jürg Meister zum Sonnenwindsegel, dem Schweizer Beitrag zur Apollo-Mission. Der Physiker hat das Sonnensegel seinerzeit mitentwickelt.

Am 23. Juni, 7. Juli, 21. Juli und 4. August, jeweils von 10 bis 11 Uhr, führt Men J. Schmidt durch die Ausstellung und am 26. Juni referiert er zu «Mercury und Gemini: die Vorgeschichte». Am 3. Juli hält Buchautor Eugen Reichl einen Vortrag zum sowjetischen Mondlande-Programm. Zum Apollo-Programm spricht am 17. Juli Bruno L. Stanek. Der Rorschacher kommentierte vor 50 Jahren den Flug zum Mond für das Schweizer Fernsehen. Der letzte Vortrag will die Frage «Was hat uns die Mondlandung gebracht?» beantworten. Dazu referiert am 7. August Rudolf Meiner, der ehemalige Leiter des Columbus-Programms. Die Referate beginnen jeweils um 19 Uhr. Die Ausstellung endet am 11. August. (mha)

Hinweis: 
www.naturmuseumsg.ch