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Eine Frau hat im Internet über 230 Bestellungen ausgelöst, die erhaltene Ware nicht bezahlt. Der Deliktsbetrag belief sich am Ende auf rund 56'000 Franken. Die Frau gab das Scheitern der Ehe als Auslöser für die Taten an.
Die 43-jährige deutsche Staatsangehörige musste sich vor dem Kreisgericht St.Gallen verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte sie wegen gewerbsmässigen Betrugs, gewerbsmässigen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, mehrfachen Diebstahls, geringfügigem Vermögensdelikt und Verletzung der An- oder Abmeldepflichten angeklagt. Sie beantragte eine bedingte Freiheitsstrafe von 18 Monaten, eine Busse von 800 Franken und eine Landesverweisung von sieben Jahren.
In der Anklageschrift wies die zuständige Staatsanwältin darauf hin, dass der Fall im August 2018 beim Untersuchungsamt St.Gallen angelaufen ist, nachdem sich der damalige Lebenspartner bei der Polizei gemeldet hatte. Der Umfang der erfolgten Bestellungsbetrüge sei zuerst bei weitem nicht ersichtlich gewesen. «Im Laufe der Untersuchungen kamen Dutzende von Tatbeständen hinzu. Zum Zeitpunkt der Anklage waren 233 Tatbestände bekannt.»
Die Beschuldigte bestellte zwischen Mai 2013 und Oktober 2020 von verschiedensten Orten aus Waren auf Rechnung. Es handelte sich vor allem um alltagsübliche Sachen wie Körperpflegemittel, Lebensmittel, Schuhe, verschiedene Kleider wie Pullover, Shorts, Shirts, Sommerkleider, Sportkleider, Kinderkleider, aber auch Tabakwaren, Weihnachtskugeln, LED-Lämpchen, Christbäume, Holzkohlegrill, Rucksäcke, Kinderspielsachen und Elektronikzubehör. Sie gebrauchte dabei über 100 Namen und rund 40 E-Mail-Adressen. Zur Registrierung verwendete sie zudem die unterschiedlichsten Telefonnummern. Der Deliktsbetrag belief sich am Ende auf rund 56’000 Franken.
Die Frau erzählte am Kreisgericht St.Gallen, dass sie zusammen mit ihrem Mann und den beiden gemeinsamen Kindern im Jahre 2013 aus dem Osten Deutschlands in die Schweiz einreiste. Kurz darauf habe ihr Mann sie betrogen. Als er mit den beiden Kindern ausgezogen sei, habe sie den Boden unter den Füssen verloren. Sie habe über fast kein Geld verfügt und so habe sie Waren im Internet bestellt.
Sie könne es sich selber nicht erklären, aber es sei ihr nicht wirklich bewusst gewesen, was sie mit ihrem Tun anrichte, erklärte die Beschuldigte weiter. Sie hoffe, trotz allem in der Schweiz bleiben zu dürfen. Sie wisse nicht, wohin sie mit ihrem dritten Kind, das Mitte 2020 geboren sei, gehen solle.
Die Verteidigerin verlangte eine ganze Reihe von Freisprüchen und beantragte eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 10 Franken und eine Busse von 500 Franken. Auf eine Landesverweisung sei zu verzichten. Im Gegensatz zur Staatsanwältin vertrat sie die Meinung, die Beschuldigte habe weder gewerbsmässig noch arglistig gehandelt. Betreffend der Landesverweisung liege ein Härtefall vor, da ihre beiden älteren Söhne in der Schweiz lebten. Ausserdem werde ihr drittes Kind vermutlich einen Schweizer Pass erhalten, da der Kindsvater aller Wahrscheinlichkeit nach Schweizer Staatsbürger sei. Momentan seien Abklärungen zur Vaterschaft hängig.
Das Kreisgericht St.Gallen folgte in der Mehrheit den Anträgen der Anklage. Es sprach die Beschuldigten in einzelnen Anklagepunkten frei, im grösseren Teil der angeklagten Sachverhalte jedoch schuldig. Es verurteilte sie zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 17 Monaten und einer Busse von 800 Franken. Zudem muss die Frau die Schweiz für fünf Jahre verlassen.