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Ein langjähriger Suchtkranker hat sich des Diebstahls schuldig gemacht. Unter anderem hat er in einem Hofladen das Kässeli geleert.
Der 56-jährige Schweizer erzählte am Kreisgericht St.Gallen, wie er bereits in den 1990er-Jahren ins Drogenmilieu geriet und dadurch im Laufe der Zeit seine Gesundheit ruinierte. Seine Lunge sei nur noch zu 40 Prozent funktionsfähig. Wie ein Rattenschwanz habe sich im Laufe der Jahre das eine zum anderen ergeben. Er habe immer mehr Heroin konsumiert, die Arbeit verloren, vom Dealen gelebt und andere Straftaten begangen, um den Drogenkonsum zu finanzieren. So hätten sich mehrere Vorstrafen angehäuft.
Aktuell wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe eine Bekannte beobachtet, wie sie bei einer Bank Geld abhob. Als sie die Schalterhalle verliess, hielt er sie fest, griff ihr in die Jackentasche und nahm ihr 20 Franken weg. Auf einer Grossbaustelle im Osten der Stadt stahl er aus der Jacke eines Handwerkers ein Portemonnaie, das 40 Euro enthielt. Ein weiteres Portemonnaie fand er in einem offenen Firmenwagen an der Oberen Felsenstrasse. Es brachte ihm zehn Franken Bargeld ein. Und schliesslich wurde ihm zur Laste gelegt, in einem Hofladen aus der Geldkassette 80 Franken gestohlen zu haben.
Die Staatsanwaltschaft klagte den Mann wegen Raubes, mehrfachen Diebstahls und geringfügiger Sachbeschädigung an und beantragte eine unbedingte Freiheitsstrafe von zehn Monaten und eine Busse von 300 Franken.
Die Verteidigerin verlangte einen Freispruch vom Vorwurf des Raubes und der Sachbeschädigung. Beim Vorfall vor der Bank sei der Tatbestand des Raubes nicht erfüllt, da ihr Mandant keine Gewalt angewendet habe, betonte sie. Nicht erwiesen sei, dass er die Geldkassette im Hofladen beschädigt habe. Er sei deshalb einzig wegen Diebstahls mit einer tiefen Freiheitsstrafe zu verurteilen, die mit einer Probezeit von zwei Jahren aufzuschieben sei.
Die Lebenssituation des 56-jährigen habe sich seit den jüngsten Straftaten stark verbessert, erklärte die Verteidigerin weiter. Zum Tatzeitpunkt sei er eben gerade aus dem Gefängnis entlassen worden. In Freiheit habe er sich nicht zu helfen gewusst und sich aus Geldnot mit den gestohlenen, kleinen Bargeldbeträgen über Wasser gehalten.
Ein halbes Jahr später präsentiere sich die Situation ganz anders. Er erhalte von verschiedenen sozialen Stellen professionelle Unterstützung, sodass er nun eine feste Wohnadresse habe und ins Substitutionsprogramm der Medizinisch-sozialen Hilfsstelle (MSH 2) der Stiftung Suchthilfe aufgenommen worden sei.
Der Beschuldigte selber betonte, seit er in der MSH 2 Substitutionsmittel erhalte, habe er kein illegales Heroin mehr konsumiert. Sein Leben habe sich stabilisiert. Eine erneuter Gefängnisaufenthalt wäre für ihn katastrophal, da er alles, was sich zum Guten gewendet habe, wieder verlieren würde.
Der Einzelrichter folgte im Wesentlichen den Anträgen der Verteidigung. Er verurteilte den Mann wegen Diebstahls zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 60 Tagen und einer Busse von 100 Franken. Für die Probezeit von zwei Jahren ordnete er Bewährungshilfe an und erteilte die Weisung, das Substitutionsprogramm in der MSH 2 sei weiterzuführen.
Das Kreisgericht St.Gallen anerkenne mit dem Urteil, dass sich der Beschuldigte auf einen guten Weg begeben habe, erklärte der Richter. Dieser solle nicht mit einem Gefängnisaufenthalt gefährdet werden.