Kleintheater
«Neu und frisch auf die Leute zugehen»: Kellerbühne St.Gallen will mit neuem Spielplan und bekannten Namen das Publikum zurückgewinnen

Zum Start in die neue Spielzeit fährt das Kleintheater gross auf: Kellerbühnen-Leiter Matthias Peter hat das Who's who der Kleinkunstszene engagiert. Das Programm sei die Nagelprobe, ob das Publikum nach Corona endlich wieder zurückkehre.

Julia Nehmiz
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Neue Spielzeit, neuer Look: Matthias Peter (rechts), Leiter der Kellerbühne St.Gallen, und Leo Gehrer, Präsident des Trägervereins, präsentieren den neuen Spielplan.

Neue Spielzeit, neuer Look: Matthias Peter (rechts), Leiter der Kellerbühne St.Gallen, und Leo Gehrer, Präsident des Trägervereins, präsentieren den neuen Spielplan.

Bild: Michel Canonica

Eigentlich mag er gar nicht mehr darüber sprechen. Aber so ganz vermeiden lässt es sich auch nicht. Denn ja, die Pandemie hat Spuren hinterlassen. Auch im St.Galler Kleintheater Kellerbühne. Doch dessen Leiter Matthias Peter mag jetzt nach vorne schauen. Nicht zurück. Deswegen hat er zur Pressekonferenz geladen, an der er zusammen mit Leo Gehrer, Präsident des Trägervereins, den neuen Spielplan vorstellen will. Und: den neuen Onlineauftritt. «Das ist das Wichtigste: Wir wollen der Öffentlichkeit sagen, wir haben einen neuen grafischen Auftritt gewagt», sagt Matthias Peter und zeigt das neue Plakat.

«Nach Corona wollen wir neu und frisch auf die Leute zugehen.»

Das über 50 Jahre alte Kleintheater hübscht die gesamte Erscheinung auf. Im Theater sind Maler zugange. Die Scheinwerfer sind in Plastiksäcke gehüllt, die Vorhänge in Folie eingewickelt. Der Bühnenraum bekommt seinen jährlichen neuen Anstrich. Obwohl der Entfeuchter oft läuft, bröckelt der Putz im feuchten Kellergewölbe. Bevor die neue Saison startet, wird aufgefrischt. Auch der Onlineauftritt und die gedruckten Plakate und Spielpläne wurden neu gestaltet – luftiger, visueller.

Und: Die Website funktioniere intuitiver. Endlich könne man auf dem Handy die Kellerbühnen-Website ordentlich lesen und müsse die Beiträge nicht umständlich heranzoomen. Leo Gehrer grinst und erzählt, wie er sich einmal beim Ticket-Buchen auf dem Handy vertippt habe und am falschen Tag in der Kellerbühne stand. Das sollte nun nicht mehr passieren.

Das Publikum ist zurückhaltender

Mit diesem Neustart wolle man die Leute wecken und auf das Programm einstimmen, sagt Matthias Peter. Vor allem die jungen Leute, sagt Leo Gehrer. Auch zum jungen Publikum wolle man Zugang finden, nicht nur zu den Arrivierten, die eh schon kommen.

Das führt zum zweiten Punkt, den Matthias Peter anführt: das Programm. Peter rührt die Werbetrommel, als er es vorstellt:

«Wir klotzen mit grossen Namen und guten Künstlerinnen und Künstlern.»

Seine Hoffnung: Jeder der Auftretenden habe einen so grossen Fankreis, dass sich die 138 Plätze des Kleintheaters eigentlich immer gut füllen müssten. Das Programm sei die Nagelprobe, ob das Publikum zurückkehre, sagt Leo Gehrer. Denn noch etwas hat sich seit der Pandemie geändert: Das Publikum ist zurückhaltender. Vor Corona war ein Auftritt von Mike Müller am ersten Tag ausverkauft. Jetzt gibt es für beide Programme, Müller eröffnet die Spielzeit mit seinen Soloabenden «Heute Gemeindeversammlung» und «Erbsache», noch Karten.

Mike Müller eröffnet mit seinem Soloabend «Heute Gemeindeversammlung» die neue Spielzeit der Kellerbühne.

Mike Müller eröffnet mit seinem Soloabend «Heute Gemeindeversammlung» die neue Spielzeit der Kellerbühne.

Bild: PD

Und noch ein Grund, warum Matthias Peter zum Spielzeitstart auf die bekannten Namen setzt: Die Leute wollten sehen, was sie kennen. Sie wollen wissen, was sie für ihr Geld bekommen. Unbekannte Künstlerinnen und Künstler hätten es da schwerer, ein Publikum zu finden.

Highlights zum Spielzeitstart

Matthias Peter, Leiter der Kellerbühne, setzt für sein Kleintheater auf den bewährten Mix aus Kabarett, Chanson, Schauspiel und Literatur. Was auffällt: In der neuen Spielzeit geben sich die grossen Namen der Kleinkunstszene die Klinke in die Hand. Zum Auftakt Anfang September zeigt Mike Müller seine Soloabende «Heute Gemeindeversammlung» und «Erbsache». Ursus Wehrli räumt Kunst auf, Frölein Da Capo zeigt ihr Programm erstmals in der Ostschweiz, Simon Enzler feiert mit seinem neuen Kabarettprogramm fünf Vorpremieren und dann Premiere mit Programmtaufe in der Kellerbühne. (red)

Matthias Peter ist positiv und zuversichtlich: Es sei schön, dass sein Kleintheater zumindest zwei Drittel des Publikums zurückbekommen habe. In der vergangenen Spielzeit hatten 8900 Personen die insgesamt 129 Vorstellungen besucht. Mit dem «tollen neuen Programm» hofft Matthias Peter, mit den Besucherzahlen nahe an eine frühere «normale» Spielzeit heranzukommen: Vor Corona waren Besucherzahlen von um die 13'000 Personen üblich. Jetzt reservierten die Leute später, hielten sich länger offen, ob sie eine kulturelle Veranstaltung besuchen wollen. Das betreffe nicht nur sein Theater, auch andere Institutionen wie beispielsweise das Kinok berichteten dies.

Matthias Peter hofft, dass sein Kleintheater mit den Besucherzahlen wieder an vorpandemische Zeiten anknüpfen kann.

Matthias Peter hofft, dass sein Kleintheater mit den Besucherzahlen wieder an vorpandemische Zeiten anknüpfen kann.

Bild: Daniel Dorrer (4.Mai 2016)

Was zurückgekommen sei nach zwei Jahren Coronapause: seine Kreativität. Matthias Peter erzählt, in den Sommerferien habe er einen «kreativen Sturm» erlebt. Und so hat er nun gleich drei Eigenproduktionen in den Spielplan genommen. Das Drei-Personen-Stück «Der Weibsteufel», seinen Soloabend über den «Bankvater» Johann Jakob Keller sowie eine musikalische Erzählung von Wolfgang Borchert.

Jetzt muss nur noch das Publikum kommen. Das Kleintheater, die Künstlerinnen und Künstler, sie wären bereit.

Infos zum Spielplan und Tickets auf kellerbuehne.ch