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Die Publikumsbibliothek von Stadt und Kanton im Zentrum der Kantonshauptstadt kann projektiert werden: Stadtparlament bewilligt 1,192 Millionen-Franken Kredit einstimmig bei nur einer Enthaltung. Zu reden gaben die veranschlagten Kosten von 137 Millionen Franken.
«Mit der Publikumsbibliothek erhält die Stadt St.Gallen eine neue Mitte», sagte Stadtrat Markus Buschor, Vorsteher der Direktion Planung und Bau, am Schluss der Debatte über den Projektierungskredit in der Höhe von 1,192 Millionen Franken. Das ist ein Drittel der Projektierungskosten; zwei Drittel übernimmt der Kanton.
Buschor nannte die geplante Bibliothek einen Knotenpunkt mit hoher Integrationskraft, einen Ort, der den Dialog fördere, denn es gehe nicht nur um Bücher, sondern um Menschen. Der Baudirektor ging auf die Baukosten von 137 Millionen Franken ein, die für die Realisierung des Projekts Doppeldecker eines Berliner Architekturbüros veranschlagt wurden. «Es entsteht ein städtebauliches Bijou, kein Luxusprojekt», sagte er.
Als «Luxusprojekt» bezeichnet hatte zuvor Donat Kuratli die geplante Publikumsbibliothek. Der Sprecher der SVP-Fraktion sagte, die Vorlage sei zum Scheitern verurteilt, weil den Stimmberechtigten die Fakten fehlten.
Hier hätten die Planer und die Bauherrschaft Nachholbedarf. Kuratli forderte auch eine Gegenüberstellung der Kosten für einen Neubau mit denen einer Sanierung der bisherigen Standorte in der Hauptpost und in Katharinen. «Wir werden ganz genau hinsehen», sagte er.
Marcel Baur sagte namens der Fraktion von Grünliberalen und Jungen Grünliberalen, die Diskussion um den Projektierungskredit sei nicht der richtige Zeitpunkt, die Bibliotheksvorlage zu zerpflücken.
Die Fraktion von SP, Juso und Politischer Frauengruppe (PFG) stellte sich bedingungslos hinter den Projektierungskredit. Ihre Sprecherin Jenny Heeb sagte, die geplante Publikumsbibliothek sei genau das, was St.Gallen im Stadtzentrum brauche: Ein Ort, an dem kein Konsumzwang herrsche. Die Bibliothek verlange nichts von den Menschen, die sie besuchten. Die neue Bibliothek bringe für alle einen Gewinn.
Jenny Heeb zitierte aus dem Bericht, der 2012 zum neuen Bibliotheksgesetz geschrieben wurde: «Bibliotheken sind Knotenpunkte, verbinden Generationen, Kulturen, Bevölkerungsgruppen, und Individuen, verknüpfen Themen und Interessen, bieten sinnvolle Anregungen, sind Foren und fördern den Dialog.» Worte, die später auch Baudirektor Buschor brauchte, als er sich für den Projektierungskredit starkmachte.
Christian Huber, Sprecher der Grünen und Jungen Grünen, sagte, das Projekt Doppeldecker sei ein Gegenpol zu den Klagen über leerstehende Ladenflächen und die abnehmende Attraktivität der Innenstadt.
Eine moderne, grosse Bibliothek werde zum Mittelpunkt für den sozialen Austausch, zum Mittelpunkt für Wissen, für Bildung, für Kreativität, für Lesungen und Vorträge – zum Mittelpunkt für Leben in der Stadt St.Gallen. Huber sprach von einem Leuchtturm und einem Anziehungspunkt.
Ivo Liechti, Sprecher der Mitte/EVP-Fraktion, sprach in Zusammenhang mit der neuen Bibliothek von einem «Zentrum des Wissens». Liechti war in seinem Votum nicht gleich euphorisch wie Heeb oder Huber, gleichwohl ortete auch einen «Mehrwert für die Stadt».
Liechti ging ebenfalls auf die Kosten von 137 Millionen Franken ein. «Die Kosten-Nutzen-Balance» muss noch gefunden werden, sagte er.
Stefan Keller, Sprecher der Fraktion von FDP und Jungfreisinnigen, sprach sich ebenfalls für den Projektierungskredit aus.
FDP-Stadtparlamentarier Remo Daguati, der sich nach Bekanntwerden des Siegerprojekts am lautesten gegen dieses gestellt hatte, war bei der Bibliotheksdebatte nicht im Stadtparlament anwesend.
Zu Beginn der Diskussion berichtete Jacqueline Gasser-Beck, die Präsidentin der Liegenschaften und Baukommission (LBK), über deren Arbeit.
Neben den Kosten sei in der vorberatenden Kommission auch darüber diskutiert worden, wie die Chancen einer 137-Millionen-Vorlage in einer kantonalen Abstimmung seien. Wichtig sei, sagte Gasser-Beck, dass die Zustimmung zum Projekt am Standort gross sei.
Mit dem Ja zum Projektierungskredit ohne Gegenstimme sendete das Stadtparlament am Dienstagabend trotz kritischer Voten ein klares Signal in den Kanton hinaus.