Kindertheater Storchen: Die Stadt St.Gallen spricht kein Geld für Amateure

Das Kindertheater Storchen bekommt mangels Professionalität keinen städtischen Zustupf. Die Begründung des Stadtrats ärgert die Interpellanten: So wollen sie sich nicht abspeisen lassen.

Seraina Hess
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Die Stücke am Kinder-Musical-Theater Storchen sind eingekauft. (Bild: Michel Canonica, 5. November 2016)

Die Stücke am Kinder-Musical-Theater Storchen sind eingekauft. (Bild: Michel Canonica, 5. November 2016)

Kultur gehört in aller Regel nicht zu den Kernthemen der SVP. Das Kinder-Musical-Theater Storchen gab den beiden Stadtparlamentariern Christian Neff und Manuela Ronzani dennoch Anlass für eine Interpellation. Sie stossen sich am Entscheid der Kulturförderung, der Einrichtung keine Beiträge zu sprechen, und wollten vom Stadtrat die Gründe dafür erfahren. Mit der Antwort sind die beiden nicht zufrieden, wie sich in der Parlamentssitzung vom Dienstag zeigte – sie wollen deshalb handeln.

Die Geschichte um die Beiträge geht zurück ins Jahr 2017. Am Anfang stand ein Antrag der Betreiber des Kinder-Musical-Theaters, das Projekt «Die Rote Zora» mit 5000 Franken zu unterstützen. Im Januar 2018 lehnte die Dienststelle Kulturförderung das Gesuch ab. Die Gesuchsteller erhoben daraufhin Rekurs beim Kanton. Das Gesuch kam schliesslich zur Neubeurteilung an die Stadt zurück und wurde erneut abgelehnt, ebenso ein zweites um einen Beitrag an die Musicalproduktion «Cats».

Hohe Kosten wegen teurer Stücke

Die Kulturförderung begründete den Verzicht auf einen finanziellen Zustupf damit, dass auf der Bühne Kinder und keine Profis stünden. An dieser Begründung hält der Stadtrat auch in seiner Antwort auf die Interpellation fest. Gemäss Stadtrat zeichnet sich Professionalität im Bereich Kulturschaffen durch Kriterien wie künstlerische Ausbildung, langjährige Erfahrung, künstlerische Risikobereitschaft und Eigenständigkeit aus. Aus diesem Grund passe das Kindertheater nicht ins Kulturkonzept. Die Kulturförderung unterstütze keine Freizeitkurse von Kunst-, Theater- oder Tanzschulen.

Die fertig eingekauften Produktionen des Kinder-Musical-Theaters Storchen basierten ausserdem nicht auf selbst entwickelten Stücken. Deshalb entfallen die Hauptkosten nicht auf den kreativen Inhalt, sondern auf den Einkauf von Stücken im mittleren vierstelligen Bereich.

Interpellantin Manuela Ronzani stört sich vor allem daran, dass dem Kindertheater die Professionalität abgesprochen wird: «Es besteht eine grosse Eigenleistung der Künstler», hielt sie an der Parlamentssitzung fest.

«Die Kinder müssen sich wie Erwachsene mit der Rolle auseinandersetzen.»

Das Theater leiste einen grossen Beitrag ans städtische Kulturangebot, auch wenn es der «Kulturfilz» nicht so sehe. Christian Neff legte nach: «Es erstaunt immer wieder, wie das Kulturverständnis ausgelegt wird. Unserer Ansicht nach ist das Kindertheater ebenso wertvoll wie Palace oder Grabenhalle.»

Für einmal gegen Kulturfördergelder stellte sich die SP. Etrit Hasler wies Ronzani darauf hin, das Kriterium Professionalität mit Qualität zu verwechseln: «Niemand behauptet, das Kindertheater sei nicht gut. Aber die Kinder besitzen weder Erfahrung noch Ausbildung in der Schauspielerei – und sie verdienen auch kein Geld damit.» Im Gegenteil, die Kinder bezahlen für ihr Hobby, wie es auch bei Musik- oder Sportangeboten üblich ist.

Der Stadtrat sei natürlich nicht gegen Jugendarbeit in der Kultur, hielt Stadtpräsident Thomas Scheitlin fest. «Wir können aber ein kommerzielles Angebot nicht mit Kulturgeldern unterstützen, da es sich um private Freizeitgestaltung handelt.»

Storchen soll trotzdem Geld bekommen

Die Interpellanten wollen es dabei aber nicht bewenden lassen: «Der Stadtrat versteckt sich blind hinter dem Reglement: Wer seinen Lebensunterhalt nicht mit Kunst verdient, bekommt keine Fördergelder. Das ist unfair», sagt Christian Neff. Gemeinsam mit Manuela Ronzani will er sich deshalb dafür einsetzen, kulturelle Angebote für Kinder breiter abzustützen. Solche sollen, wenn nicht aus dem Topf der Kulturförderung, anderweitig von der Stadt unterstützt werden.

Das Storchen sei den beiden zwar ein Anliegen, doch es gehe um etwas weit Grösseres: «Es ist nicht mehr zeitgemäss, Angebote nur nach einem Kriterienkatalog zu beurteilen», sagt Neff. Die beiden Parlamentarier wollen die Unterstützung diverser Kulturangebote deshalb verankern – und zwar im derzeit entstehenden neuen Kulturkonzept der Stadt.