Kein Vorhaben wird in der Region Rorschach derzeit so heiss diskutiert wir der geplante A1-Zubringer mit der neuen Kantonsstrasse zum See. Am Tagblatt-Podium in Rorschach debattieren am Montagabend Befürworter und Gegner des Millionenprojekts.
Hinweis für unsere App-Nutzer: Klicken Sie auf «Dieses Element anzeigen», um zur Umfrage zu gelangen.
Nach der Diskussion über den Stau in der Region Rorschach dürfte es sich nun auch im Stadthofsaal stauen – vor dem Apéro-Buffet. Das Podium ist beendet, damit beenden wir auch die Live-Berichterstattung zu diesem Anlass. Alles weitere zum A1-Zubringer finden Sie auf www.tagblatt.ch. Vielen Dank für Ihr Interesse und einen schönen Abend!
Es geht in die Schlussrunde: Warum ja, warum nein?, will Wirth wissen. Müller und Frei betonen erneut die Entwicklung der Wirtschaft und die Entlastung der Quartiere durch eine «Jahrhundert-Chance». Gemperle spricht wieder «bessere Lösungen» an, Reichle ebenfalls.
Ein Rorschacher, wohnhaft an der Promenadenstrasse, er nennt sich selbst einen «Östler», bemängelt, dass man über den Schlauch Staad-Rorschach gar nicht rede. Der Verkehr dort belaste die Anwohner im Osten der Hafenstadt. Nämlich dann, wenn der Autofahrer anstatt jenen durchs Stadtzentrum, den Weg über die Promenadenstrasse nehme. «Irgendwann fährt uns Anwohnern der ganze Verkehr am Kopf vorbei. Inwieweit gehen Sie an dieses Problem heran?» Müller, er wohnt selber etwas weiter vorne an der Promenadenstrasse, antwortet: «Wir haben auch an den Osten gedacht.» Die Hierarchie der Strassen in diesem Bereich sei aber noch nicht geklärt. Das Problem sei lästig, habe aber nicht direkt mit dem A1-Zubringer zu tun.
Noch eine Goldacherin meldet sich. Eine junge Frau. Sie startet eine Spontan-Abstimmung per Handzeichen, die nochmals veranschaulicht, dass nur wenige Leute unter 30 im Saal sind. «Wir müssen unsere Zukunft jetzt bauen», sagt sie. Applaus – auch von den Älteren im Saal.
Jetzt meldet sich der Goldacher Gemeindepräsident Dominik Gemperli zu Wort. Er äussert sich zum Flyer, der heute in den Goldacher Briefkästen gelandet ist. «Ich weiss nicht, wer die Urheberschaft ist, aber darin stehen viele Fehlaussagen.» Goldach habe nichts vom A1-Zubringer, heisse es. «Vor allem Goldach braucht eine Lösung mit einem regionalen Aspekt. Sonst haben wir die ganze Belastung des Verkehrs in unserem Dorfzentrum.»
Sollte die Industrie wegen des Verkehrsproblems dereinst wegziehen, würden auch Steuereinnahmen wegfallen, gibt ein Mann zu bedenken. Ein Vertreter der Firma Permapack steht auf. «Ich bin ein klarer Befürworter des Projekts. Ich hätte gerne mehr Lastwagen. Um zu überleben, brauchen wir Umsatz. Ein Lastwagen bringt das.» Er wolle keine Panik verbreiten. «Aber das Umfeld ist beinhart. Unsere Transporteure verrechnen uns Staustunden. Das kostet. Man ist weniger konkurrenzfähig.» Der Mann ruft zu einem klaren Ja auf, selber könne er nicht abstimmen. Er wohnt in Mörschwil.
Ein weiterer Votant macht darauf aufmerksam, dass der von den Gegnern beworbene angebliche «grüne Fleck» dereinst mit Wohnraum überbaut würde. «Das generiert dann noch mehr Verkehr.» Reichle bestreitet, dass das Komitee eine Wohnüberbauung wolle. Auch Gemperle sagt, der zitierte Flyer stamme nicht von seinem Verein.
Eine Frage aus dem Publikum ans Publikum: «Wir sind hier eine Gruppe St.Galler, Exil-Rorschacher», sagt ein Mann und richtet sich an die anderen Anwesenden. «Wo sind eure Kinder? Ich finde es extrem schade, dass die nächste Generation nicht anwesend ist.» Der Altersdurchschnitt im Saal ist über 40.
Anschlussfrage von Elsener an Müller: "Wenn die Gemeinden Ja sagen, braucht es die Unterführung Bäumlistorkel dann überhaupt noch?" Müller: «Ja, das hat miteinander überhaupt nichts zu tun. Die Unterführung Bäumlistorkel ist für die Erreichbarkeit innerhalb wichtig, nicht für jene ausserhalb.»
Ein Mann im Publikum tut sich schwer mit den Argumenten der Gegner. «Das Geld-Verlochen-Argument wird ins Spiel gebracht. Dabei tragen die Gemeinden doch nur einen Bruchteil.» Eine Unterführung (Beispiel Bäumlistorkel, 34 Millionen Franken), welche die Gemeinden alleine tragen müssten, wäre doch viel teurer, sagt der Zuschauer. Gemperle: «Ich kritisiere nicht den Kostenteiler. Ich kritisiere die Gesamtlösung, weil sie zu wenig bringt für zu grosse Eingriffe und viel kaputt macht.»
Jetzt können die Zuschauerinnen und Zuschauer Fragen stellen. Ein Mann meldet sich. «Im Industriegebiet verkehren täglich über 100 Lastwagen, durch dicht bewohntes Gebiet. Wieso wird das nicht angesprochen?» Gemperle antwortet, dass man damals bei der Ansiedlung der Industrie «nicht viel überlegt» habe. Ob die Firmen dereinst noch dort seien, wisse man aber nicht. «Das ist für mich deshalb nicht das Hauptargument.» Für Frei wäre es hingegen ein Gewinn, die Lastwagen dort wegzuführen. Auch er sieht die Lastwagen aber nicht als Hauptargument. «Der Anschluss steht für mehr.»
Frage von Elsener: Die Befürworter sprechen von 100 direkt Betroffenen und 1000 Entlasteten. «Wie kommen sie auf diese Zahl?» Frei sagt, das sei plakativ formuliert. Man müsse einfach das Ganze sehen. Er verstehe aber, wenn sich Einfamilienhaus-Besitzer, die sich als Anstösser durch den neuen Anschluss gestört fühlen, gegen das Projekt stellen.
Stadtpräsident Müller macht einen Schwenk in die Vergangenheit. Als er anno dazumal in Rorschach angefangen habe, sei die Stadt stillgestanden. Weil niemand etwas angepackt habe. «Davon müssen wir uns lösen.» Applaus.
Dass die Gegner des Projekts mobil machen, spürt man im Stadthofsaal. Immer wieder gibt es Applaus für die Voten von Reichle und Gemperle. Aber auch für die Befürworter klatschen die Anwesenden. Die Meinungen sind geteilt.
Reichle plädiert dafür, das Mobilitätsverhalten zu ändern. «Ja», entgegnet Frei, «aber nicht mit radikalen Massnahmen».
Die Gegner argumentieren unter anderem mit der Zunahme des Lärms. Das müsse man doch relativieren, angesichts des technischen Fortschritts, sagt Moderator Wirth. E-Fahrzeuge seien im Kommen und schliesslich leiser. Gemperle entgegnet, dass der Lärm mit der Geschwindigkeit zusammenhänge. Und: «Elektro-Mobilität ist nicht per se die Lösung. Das ist eine Illusion.»
Elsener kommt auf die E-Mobilität zu sprechen. «Wieso baut man nicht einen E-Bike-Highway?» Das sei tatsächlich angedacht, sagt Gemperle. «Gute Ideen». Ob die E-Mobilität zu Mehrverkehr führen werde, darüber seien sich die Experten in ihrer Prognose nicht einig.
Moderator Elsener: «Wieso wartet man denn mit dem Projekt nicht ab und schaut, wie sich etwa die Umfahrung Mühlegut behauptet?» Noch-Nationalrat Müller erklärt, dass dies ein Verbundsprojekt sei. «Die Finanzierungsprogramme haben eine gewisse Zeitdauer. Wenn wir das Projekt verschieben, können wir uns in fünf Jahren wieder hinten anstellen.»
Moderator Daniel Wirth fragt die Gegner des Projekts, wieso sie die Investitionen des Bundes und des Kantons nicht annehmen wollen. «Ist das nicht überheblich?» Gemperle lässt das Argument nicht gelten. «Ich bin nicht für ein schlechtes Projekt.» Ein «falsches Projekt» sei nicht die Lösung – unabhängig von der Finanzierung.
Müller versucht's nochmals mit dem eigentlichen Thema des heutigen Abends. Der neue A1-Zubringer entlaste die Quartiere, sagt er. Denn der Verkehr der Autobahn führe heute genau durch die Wohnquartiere. Gemperle sieht im Projekt genau das Gegenteil – eine Belastung der Quartiere.
SVP-Stadtpräsident Müller schaltet sich ein. Das Bodenproblem hätte man mit einer gedrosselten Zuwanderung stoppen können, findet er. Buh-Rufe aus dem Publikum.
Frei spricht die kommende Generation an. Der A1-Anschluss diene auch unseren Kindern. Deren grösstes Problem sei der Bodenverschleiss, wirft Gemperle ein. Applaus.
Neue Strassen generieren mehr Verkehr, sagt Moderator Daniel Wirth und nennt als Beispiel den Bau des Zubringers Meggenhus. In Tübach beispielsweise nehme auf der Schulstrasse der Verkehr zu. Frei streitet die Verkehrszunahme nicht ab. «Die Lösung dafür ist auf dem Tisch. Und sie funktioniert nur, wenn alle Verkehrsträger miteinander verzahnt sind.»
Frei erntet mit dem Verweis auf die Ergbenisse des Kantons und Bunds Spontan-Applaus. Den ersten des Abends.
Lukas Reichle zitiert einen Experten der Fachhochschule Rapperswil. Dieser sei der Meinung, mit flankierenden Massnahmen könne man das Verkehrsproblem beheben. Müller kommentiert das nur damit, dass dieser Experte ein Deutscher sei. Gelächter im Publikum. Frei weist auf die Experten beim Bund und Kanton hin, die zu einem anderen Schluss gekommen sind.
Moderator Wirth will die Diskussion zurück auf die sachliche Ebene bringen und fragt Experte Kästli, ob Unterführungen sinnvoller seien. Das sei schwierig zu beurteilen, sagt der ehemalige Strassenkreisinspektor.
Schlagabtausch zwischen Gemperle und Müller. Rufe aus dem Publikum. Frei greift ein. «Felix, wir haben hier etwas, das verhebet und uns weiterbringt.»
Auch für Gemperle ist die jetzige Situation nicht befriedigend. Selbst wenn er nicht oft im Stau stehe. Doch: «Man kann sie besser lösen.» Die anderen Lösungen seien aber erst gar nicht geprüft worden. Als gelungenes Beispiel nennt er Köniz in Bern. Thomas Müller findet diese Aussage «bedenklich». «Wir haben eine Chance bekommen, dass Kanton und Bund den Grossteil finanzieren. Jetzt reden wir über Köniz!» Ein «widerlicher Mist» sei die Aussage der Gegner, dass eine Variante ohne A1-Anschluss nicht geprüft worden sei.
Für Frei reicht eine Umfahrung wie etwa jene beim Mühlegut alleine nicht. «Es braucht eine Hauptader mit vielen kleinen Verzweigungen.»
Elsener will von den Gegnern wissen, was ihre Alternative zum Projekt ist. Reichle bemängelt, dass die Behörden die Variante Autobahn zu stark im Fokus hätten. Wirth hakt nochmals nach: Was sind die konkreten Alternativen? Reichle: «Es braucht etwa drei Unterführungen auf der ganzen Linie Goldach-Rorschach. Wo genau, das können wir nicht sagen.» Raunen im Saal. Die neuralgischen Punkte müsse man optimieren, sagt Reichle.
Müller und Frei betonen, dass es um mehr gehe als «nur» einen Autobahnanschluss. Ohne den Anschluss komme die Region Rorschach nicht voran.
Mit der Einstiegsfrage geht's direkt ins Thema. Elsener will von den Teilnehmenden wissen, wie lange sie wo im Stau stehen. Nur Gemperle und Reichle stehen laut eigenen Angaben nie im Stau: Sie nehmen den Zug oder das Postauto.
Auf dem Podium diskutieren heute Abend für die Pro-Seite Rorschachs Stadtpräsident Thomas Müller (SVP) und der Präsident der IG mobil, Raphael Frei (FDP). Die Argumente der Gegner vertreten Felix Gemperle und Lukas Reichle vom Verein «Kein 3. Autobahnanschluss». Als unabhängiger Experte steht der ehemalige Strasseninspektor Hans Kästli auf der Bühne. Die Moderation übernehmen Rudolf Hirtl, Leiter der Tagblatt-Redaktion Rorschach, Daniel Wirth, Leiter der Tablattt-Stadtredaktion, und Marcel Elsener, Redaktor Ressort Ostschweiz.
Rudolf Hirtl, Leiter der Tagblatt-Redaktion Rorschach, begrüsst das Publikum und stellt das Projekt vor. Hier nochmals die wichtigsten Fakten dazu:
In wenigen Minuten geht's los. Der Saal ist schon gut gefüllt. Es dürften bereits über 300 Leute hier sein.
Der Kanton und die Gemeinden haben unlängst die Visualisierungen zum Projekt veröffentlicht. So sollen der A1-Zubringer und die neue Kantonsstrasse zum See dereinst aussehen:
Sollten Sie es trotz Feierabendstau noch rechtzeitig in die Hafenstadt schaffen, sei Ihnen ein Besuch des Podiums wärmstens empfohlen. Nicht nur, weil das heiss diskutierte Projekt eine spannende Debatte verspricht, sondern auch, weil das Tagblatt ab 18.45 Uhr eine Bratwurst mit Getränk offeriert.
Guten Abend und herzlich willkommen zum Live-Ticker über das Tagblatt-Podium zum geplanten A1-Zubringer in der Region Rorschach. Über Sinn und Unsinn des Grossprojekts wird heute Abend in Rorschach diskutiert. Für Sie aus dem Stadthofsaal tickert Linda Müntener.