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Die Absage des St.Galler Kinderfests bewegt die Stadt. Am Dienstag ist sie auch im Stadtparlament Thema. Lesen Sie die Debatte hier nach.
Damit ist die Debatte über die Kinderfestabsage beendet. Es geht weiter auf der Traktandenliste mit der Rechnung 2019. Wie bereits angekündigt, tickern wir heute nur über das Traktandum Kinderfest und beenden damit unsere Liveberichterstattung. Alles weitere - auch zur Rechnungsdebatte - finden Sie in Kürze selbstverständlich auf www.tagblatt.ch und in der Printausgabe. Vielen Dank für Ihr Interesse und einen schönen Abend!
Nach all der Kritik kann sich jetzt Schuldirektor Markus Buschor zur Thematik äussern. Der Stadtrat wisse um die Bedeutung des Kinderfests, um die Vorfreude auf den Anlass. Buschor betont noch einmal, dass man die Schulen jetzt entlasten müsse. Es gehöre nicht zur Kernaufgabe der Schulen, ein Kinderfest zu organisieren.
Kinderfest light? Umzug weglassen? Aufführungen weglassen? «Das Kinderfest ist nur das Kinderfest, wenn es so stattfindet, wie immer», sagt der Stadtrat. Sich jetzt einzureden, eine Neuauflage bringe weniger Aufwand, sei ein Trugschluss.
«Die Schulen sollen im Schuljahr 2020/2021 die Gelegenheit haben, zur Ruhe zu kommen und sich auf die Arbeit mit den Kindern zu fokussieren. »
Das Sparpaket sei eine Antwort auf die angespannte Finanzlage, die sich mit der Pandemie weiter verdüstert habe. «Mit Blick in die Stadtkasse ist es nicht angezeigt, einen Millionenbetrag für das Fest aufzuwenden.» Der Entscheid sei einschneidend und schmerzlich, sagt Buschor. Es sei aber der Auftrag des Stadtrats, solche Entscheid zu fällen. «Bei allem Respekt, wer Pandemie, Bildungsauftrag und Finanzen als Nebenerscheinungen bezeichnet, ist sich des Ernsts der Lage nicht bewusst. »
Jürg Brunner tritt noch einmal ans Mikrofon. Der SVPler ist der Erstunterzeichnende der Interpellation. Seine Bilanz: Es brauche bessere, nachhaltige Sparmassnahmen. «In der Verwaltung sparen und nicht bei den Bürgerinnen und Bürgern», fordert Brunner. Auch er kritisiert, dass der Stadtrat in Sachen Kinderfest im Alleingang entschieden hat.
Nun spricht Daniel Kehl für die SP-Fraktion. «Der Stadtrat würde eine Kinderfestabsage niemals einfach so verkünden, er macht es viel cleverer», sagt er und zählt auf, welche Punkte auf der Liste der Sparmassnahmen vor dem Kinderfest aufgeführt wurden. «Denn jetzt reden alle nur noch über das Kinderfest.» Schmunzeln im Saal. Der Wert und die Bedeutung des Kinderfests werden in der SP-Fraktion sehr unterschiedlich bewertet, sagt Kehl. «Diese Debatten möchte ich hier nicht weiter führen, die Argumente wurden bereits zu genüge ausgebreitet.»
Er wolle hier auch keine weiteren Ratschläge präsentieren, etwa wie die Kinder stärker ins Zentrum gestellt werden könnten. Der Stadtrat habe seine Meinung gefällt und er werde sich hüten, darauf zurückzukommen. «Das hiesse ja, dass er Schwäche zeigt.» Man müsse darüber reden, dass der Stadtrat ein «völlig überstürztes Sparpaket zusammengeschustert» habe, sagt Kehl, ohne eine Diskussion im Parlament. Denn die Einsparungen beim Personal, bei der Kultur sowie die verschobenen dringenden Investitionen bedeuten für die Stadt tiefe Einschnitte.
Im Namen der Grünen und Jungen Grünen spricht Christian Huber. Dass vom Stadtrat in der Vergangenheit immer mehr Entscheide in Eigenregie gefällt werden, sei unerfreulich, sagt er und nennt als Beispiele Ladenöffnungszeiten, Eiszauber, Pflästerungen, Kinderfest.
«Das Problem ist, dass dabei oft eine gewisse Sensibilität für die gesellschaftspolitischen Auswirkungen vermisst wird.»
Der Stadtrat habe bei der Kinderfestabsage nicht mit viel Fingerspitzengefühl agiert. «Bei allem Verständnis – für unsere Fraktion werden die Gründe nur dazu benutzt, um eine Art Präzedenzfall zu schaffen. Sie sind salopp gesagt passende Nebenerscheinungen, um das Kinderfest 2021 zu streichen.» Huber kritisiert auch andere Sparmassnahmen des Stadtrats.
Barbara Frei spricht für die FDP. Die Fraktion könne sich dem «Klagelied» der Vorredner nicht anschliessen. «Ja, sparen tut weh», sagt sie. Es sei aber in Anbetracht der finanziellen Situation unerlässlich. Die FDP begrüsst die Sparmassnahmen. Die Fraktion verlange schon lange, dass das strukturelle Defizit angegangen werden müsse.
Dass die Vorbereitungsarbeiten aufgrund von Corona zu aufwendig wären und in den Schulen Ruhe einkehren sollte, sei plausibel, sagt Frei. «Wir freuen uns schon heute auf die Jubiläumsausgabe im Jahr 2024.»
Im Namen der CVP platziert Louis Stähelin drei Wünsche: Dass der Stadtrat weiter geplant hätte. Dass der Stadtrat mit mehr Zuversicht in die Zukunft geschaut hätte. Und dass die Kommunikation des Führungsentscheides auch die emotionalen Befindlichkeiten in der Bevölkerung berücksichtigt hätte. Dass der Entscheid nicht verstanden werde, lasse sich in den Sozialen und den traditionellen Medien nachlesen.
Die Fraktion plädiert für die Durchführung. Das Kinderfest müsse aber nicht «auf Biegen und Brechen» im Jahr 2021 durchgeführt werden.
«Wir fordern den Stadtrat auf, nochmals über die Bücher zu gehen, und das Kinderfest 2022 durchzuführen.»
Das gebe den Verantwortlichen genügend Zeit für die Organisation.
Fraktionspräsidentin Jacqueline Gasser-Beck spricht im Namen der GLP. Sie sei ein grosser Kinderfestfan, sagt sie. «Ich habe mich als Kind immer gefreut, weil sich meine Eltern gefreut haben.» Die Grünliberalen könnten die Gründe des Stadtrates gut nachvollziehen. «Dennoch hätte auch anders entschieden werden können.»
«Wir wissen nicht, ob eine zweite, dritte oder vierte Welle kommt. Wir wussten in der Vergangenheit aber auch nicht, ob uns Petrus im Stich lässt.» Auch dann hätte das Fest nicht stattgefunden. In Sachen Schulbetrieb stimmt Gasser-Beck dem Stadtrat zu. Und schlägt vor, auf die Vorführungen zu verzichten. Dann müsste auch keine Bühne gebaut werden. «Mit dem Umzug wäre der traditionelle Hauptakt gewährleistet.» Sie sagt:
«Ich hätte mir etwas mehr Engagement und unternehmerisches Denken vom Stadtrat gewünscht.»
Manuela Ronzani (SVP) schreitet zum Mikrofon. Sie trägt, wohl als Statement, ein weisses Stickerei-Kleid. Die Partei sei enttäuscht von der Antwort des Stadtrats, sagt Ronzani. «Dass der Stadtrat gerade auf Kosten der Kinder sparen will, erachten wir als falsch.» Die Absage sei zudem weder finanziell nachhaltig, noch hilfreich für das Gewerbe. Sie sagt:
«Man fällt einen Leuchtturm.»
Sie erwähnt die Umsätze, die durchs Kinderfest generiert würden. Ronzani geht auf das Argument ein, dass man die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrpersonen mit der Absage entlasten wolle. Ein solches Argument würde aber nur greifen, wenn man den Anlass auf ein Jahr verschoben hätte.
Eine Absage aufgrund von Corona sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachvollziehbar. «Niemand weiss, was in einem Jahr ist.» Die SVP erwarte mehr Flexibilität vom Stadtrat, dass er nach einer kreativen Alternative sucht. Das Parlament hätte seine Verantwortung im Übrigen gerne wahrgenommen und beim Entscheid über die Absage mitgeredet, sagt Ronzani. «Warum wurde das Parlament ausgehebelt?» Ronzani überreicht dem Stadtrat die Unterschriftenliste der Online-Petition.
Jetzt geht's ans Traktandum 1, die Beantwortung der Interpellation der SVP zum Kinderfest. Das Wort hat SVP-Parlamentarier Jürg Brunner. Er wünscht die Diskussion, 15 Stimmen sind dafür notwendig. Diese werden locker erreicht.
Die Glocke läutet. Die Sitzung ist eröffnet. Zuerst sagt Stadträtin Sonja Lüthi ein paar Worte zu den Hygienemasken, die verteilt wurden. Die Masken wurden von der Dock Gruppe in St.Gallen hergestellt - ein kleines Geschenk für die anwesenden Stadtparlamentarierinnen und Stadtparlamentarier.
Die Sitzung findet heute wieder in der Sporthalle Kreuzbleiche statt. Gleich geht's los.
Bevor die Debatte losgeht: Sagen Sie uns Ihre Meinung. Was halten Sie von der Absage?
Die SVP-Fraktion des St.Galler Stadtparlaments reichte am selben Tag der Absage eine dringliche Interpellation ein. Erstunterzeichnender: Jürg Brunner.
Die Fraktion fragt erstens, ob der Stadtrat bereit ist, den Verzichtsentscheid nochmals zu überdenken, wenn aus der Bevölkerung ein starkes Signal kommt – etwa eine Petition mit vielen Unterschriften. Für den Fall, dass der Stadtrat dazu nicht bereit ist wäre, will die SVP zweitens wissen, wie sich der Stadtrat vorbereite, falls das Stadtparlament den Posten fürs Kinderfest 2021 wieder ins Budget aufnehme.
Der Stadtrat schrieb in seiner Antwort, dass er nicht bereit sei, auf seinen Entscheid zurückzukommen. Die finanzielle Lage der Stadt sei angespannt, die Aussichten aufgrund der Coronapandemie seien ungewiss. Das Parlament wird heute darüber diskutieren. Es kann derzeit jedoch nicht selbst entscheiden und den Entscheid des Stadtrats umstossen.
Der Hintergrund: Der Stadtrat hat das Kinderfest 2021 gestrichen. Erst 2024 soll der Traditionsanlass wieder stattfinden. Als Gründe nannte Schuldirektor Markus Buschor einerseits Sparmassnahmen, anderseits die Planungsunsicherheit aufgrund des Coronavirus. Ausserdem wolle er die Schulen nach den intensiven Wochen im Distance-Learning entlasten.
Der Entscheid warf hohe Wellen in der Bevölkerung. Über 1300 Leute haben bereits die Online-Petition «Rettet das St.Galler Kinderfest!» unterschrieben. Auch in der Politik wird die Absage zum Thema.
Guten Tag und herzlich willkommen zum Liveticker aus dem St.Galler Stadtparlament. Wir berichten heute ausschliesslich über die Kinderfest-Debatte. Das Thema ist als erstes traktandiert. Aus dem Corona-Parlamentsprovisorium in der Sporthalle Kreuzbleiche tickert für Sie Linda Müntener.