2022 folgt eine Krise auf die nächste. Die Gemeinden in den Regionen St.Gallen und Gossau haben aber auch mit eigenen Unruhen zu kämpfen.
Coronapandemie, Ukraine-Krieg, Energieknappheit, Inflation: 2022 war ein Jahr der Krisen. Diese hatten auch Auswirkungen auf die Gemeinden in den Regionen St.Gallen und Gossau. Einige Gemeinden hatten in diesem Jahr aber auch noch ihre ganz eigenen Sorgen. Die Gemeinde Wittenbach teilte Mitte September mit, dass Gemeindepräsident Oliver Gröble bis auf weiteres krankheitsbedingt ausfällt. Vizepräsident Urs Schnelli leitet seither die Gemeinde.
Ende September schrieb Gröble in einem offenen Brief, dass er wegen Erschöpfungserscheinungen ärztliche Hilfe beanspruchen musste. Seither ist es still um ihn. Äussern will sich niemand. Wann und ob Gröble überhaupt zurückkommt, ist offen. Die Wittenbacherinnen und Wittenbacher dürften aber bald erfahren wollen, wie es weitergeht.
Bereits zwei Wochen vor der überraschenden Nachricht herrschte in Wittenbach Unruhe. Eine anonyme Gruppe – die «Vereinigung aufgeweckter Wittenbacher» – warf der Gemeinde kriminelle Machenschaften vor. So soll die Behörde eigentlich ein Unternehmen sein. Die Gruppe hatte rund 100 Briefe im Namen von Wittenbacherinnen und Wittenbachern an den Gemeinderat verfasst – ohne deren Kenntnis.
Gemeindepräsident Oliver Gröble zeigte sich damals befremdet von den Aktionen. Wer dahinter steckte, ist bis heute nicht bekannt. An der Bürgerversammlung Ende November sagte Urs Schnelli, dass die Gemeinde nicht viel unternehmen könne in dieser Sache. Man wolle dieser anonymen Gruppe zudem keine Aufmerksamkeit mehr schenken.
In Gaiserwald sorgten derweil die Strompreise für rote Köpfe. Die Gemeinde geriet im September in die Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass die Strompreise dort 2023 nahezu explodieren. Gaiserwald hat nächstes Jahr den schweizweit höchsten Strompreis pro Kilowattstunde, er beträgt 58,76 Rappen. Das bedeutet für die Kundinnen und Kunden des lokalen Stromversorgers einen Preisaufschlag von bis zu 200 Prozent.
Rot sah dieses Jahr auch ein Quartier in Mörschwil. Der Grund: Ein im Weiler Riederen geplantes Erotiketablissement. Ein Puff im Familienquartier? Das passe doch nicht hierher, waren mehrere Anwohnerinnen und Anwohner der Meinung. Das Bordell wäre ein «Schandfleck» in Mörschwil. Gegen das Baugesuch, das im Februar öffentlich auflag, gingen sechs Einsprachen ein. Die Quartierbewohner sammelten zudem Unterschriften: 300 kamen zusammen. Die Gemeinde lehnte das Baugesuch schliesslich ab. Der Gesuchsteller zog den Entscheid an den Kanton weiter.
Unterschriften gesammelt wurden in diesem Jahr auch in Waldkirch. Der Stein des Anstosses: die neue Grüngutregelung in der Gemeinde. Die Grüngut-Sammelstellen in Bernhardzell und Waldkirch werden gemäss dem neuen Entsorgungsreglement auf Anfang 2023 geschlossen. Grüngut muss ab dann in Containern gelagert werden, alle zwei Wochen wird es eingesammelt. Ein Teil der Bevölkerung war mit der Schliessung alles andere als einverstanden. Eine Petition wurde lanciert. Der Gemeinderat solle die neue Regelung nochmals überdenken und die Sammelplätze erhalten.
Ende Oktober übergab Initiantin Vreni Breitenmoser dem Gemeindepräsidenten 1024 Unterschriften – vergebens. Im November teilte die Gemeinde mit, dass sie am neuen Entsorgungskonzept festhält.
«The same procedure as every year» könnte man sagen, wenn es um das geplante Alterszentrum der Sana Fürstenland AG in Gossau geht. Noch immer wird der Neubau durch Einsprachen blockiert und noch immer ist unklar, wann dieser realisiert werden kann. Klar wurde dieses Jahr aber, wer den Verwaltungsrat der Sana präsidieren wird: Im März wählte der Verwaltungsrat Sylvia Egli-Broger zur neuen Präsidentin. Sie trat die Nachfolge von Urs Blaser an, der 2021 wegen Erschöpfung das Amt abgab. Ihr Ziel: 2028 wird ins neue Alterszentrum gezügelt.
Ebenfalls für Gesprächsstoff in Gossau sorgte im September Stadtpräsident Wolfgang Giella, als er seinen FDP-Beitritt bekanntgab – nach vier Amtsjahren als Parteiloser. Ruedi Blumer, Präsident der SP Gossau-Arnegg, forderte daraufhin FDP-Stadträtin Gaby Krapf zum Rücktritt auf. Mit dem Parteibeitritt von Giella (der früher SP-Mitglied war) herrsche ein Ungleichgewicht im Stadtrat. Aktuell gehören drei von fünf Mitgliedern der FDP an.
Auf etwas Beunruhigendes ist man derweil in Eggersriet gestossen. Die Wiese auf der Eggersrieter Höhe – wo jeweils auch das «Sur le Lac»-Festival stattfindet – ist stark mit Perfluoroctansulfonsäure, kurz PFOS, verschmutzt. Kanton, Gemeinde und Bauern standen vor einem Rätsel. Im September starteten umfangreiche Untersuchungen, die bis zu einem Jahr dauern könnten. Vielleicht wird das Mysterium 2023 gelöst.