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Das Figurentheater bekommt zur neuen Spielzeit ein Foyer – und lässt als erste Eigenproduktion «Die Bremer Stadtmusikanten» lärmen. Am Samstag ist Saisonstart.
Auch Filou hat ein Schutzkonzept. Filou, das ist das Kerlchen mit den lustig abstehenden Ohren, das die schrullige Frau Müller, also Gertrud, die Dame mit dem Schleudersitz, als Maskottchen des Figurentheaters abgelöst hat. Zwar wird sich Gertrud nicht nehmen lassen, hin und wieder im Foyer aufzukreuzen und nach alten Bekannten Ausschau zu halten. Doch das Sagen hat jetzt Filou: Ob auf den Plakaten, die für Gastspiele und Eigenproduktionen werben, oder in anderen Belangen der Öffentlichkeitsarbeit.
Zum Beispiel wird Filou demnächst in XXL-Format die Hausfassade an der Lämmlisbrunnenstrasse 34 zieren, damit jeder im Vorbeikommen merkt, was hier gespielt wird. Auf der Website sieht man ihn mit Desinfektionsspray und Maske: Da informiert er über die Massnahmen und Einschränkungen rund um den Vorstellungsbetrieb.
Vorerst bleibt jeder zweite Platz frei; Familien aber dürfen innerhalb der reservierten Zone zusammenrücken. Der Saal wird früh genug geöffnet, um Gedränge im Eingang zu vermeiden; neu gibt es zwei Ausgänge. Und pünktlich zur Saisoneröffnung auch ein neues, grösseres Foyer: Eines, das mehr ist als der schmale Gang zwischen Kasse, Garderobe und Toiletten.
Noch kleben Streifen an der Schaufensterfront, als wir Anfang September für einen Augenschein vorbeikommen. Doch innen beginnt das Foyer Gestalt anzunehmen.
Links hinten ist die Küchenzeile eingebaut, an der künftig Apérohäppchen und Getränke kredenzt werden. Wände und Decke sind schwarz und schlicht – hier wird Ausstatterin Sybil Grüter in den Tagen vor der Eröffnung mit Mobiliar und Accessoires Farbakzente setzen.
Wandlungsfähig soll der von der Firma Pfister als Hauseigentümerin zur Verfügung gestellte Raum sein: mit einer mobilen Bühne, auf der auch Kinder spielen dürfen, mit Tischen und Stühlen oder Sitzkissen. Zum Schauen und Ausprobieren gibt es am Samstag und am Sonntag ab 14 Uhr ein Festprogramm mit Snacks und Kuchen, Spiel und Spass – sowie zwei Vorstellungen des Stücks «Das Frühstücksmärchen».
Das Leitungsduo Frauke Jacobi und Stephan Zbinden freut sich darauf. Noch mehr aber darüber, dass nun endlich wieder gespielt werden kann. Etliche Vorstellungen der Eigenproduktionen, die Anfang des Jahres Premiere hatten, fielen dem Lockdown zum Opfer. So stehen nun «An der Arche um Acht» und «Der kleine Prinz» als Wiederaufnahmen auf dem Programm, ausserdem «Cinderella», «Samichlaus gsuecht», «Ich König, du nicht» – Frauke Jacobi hat es vier Jahre nicht im eigenen Haus gespielt; für viele Zuschauer ab vier dürfte es neu sein.
Schon in den Startlöchern sind die charmanten Alten, die Sybil Grüter für die erste grosse Premiere im Oktober gefertigt hat: Hund, Katze, Esel, Hahn, vulgo die Bremer Stadtmusikanten werden als stattliche Klappmaulpuppen ab 21. Oktober die Bühne und das Räuberhaus im Wald unsicher machen.
«Das Thema spricht nicht nur Kinder an», sagt Frauke Jacobi, «es geht ja ums Gebrauchtwerden im Alter und um den Mut, noch einmal aufzubrechen, etwas Neues zu wagen.» Die Puppen zeigt sie gerne vorab.
«Sie sind mir schon ans Herz gewachsen mit ihren schönen Gesichtern.»
Gespielt aber werden sie von Eliane Blumer und Lukas Bollhalder, Frauke Jacobi führt Regie.
Fortgesetzt wird die Reihe «Zippel Zappel» für Zuschauer ab drei Jahren. Stück Nummer vier hat am 23. September Premiere, im Vorfrühling gibt es dann wieder Nummer 2, den «Hasengeburtstag» mit Alena Baumgartner. Neu hinzu kommt ein offenes Erzählformat im Foyer. Vor Weihnachten heisst es «Adventskerzen», im Frühjahr gibt es eine entsprechende Form unter anderem Titel – und mit «Die Königin der Farben» noch ein Gastspiel mit Livemusik und Livezeichnen.
Zurückgefahren haben Jacobi und Zbinden das reine Erwachsenenprogramm zu Gunsten von Stücken für grössere Kinder, die auch abends programmiert werden. So etwa gleich zum Auftakt das Gastspiel «Das Frühstücksmärchen» (ab acht), die eigenen Wiederaufnahmen oder «Die unendliche Geschichte» nach Michael Ende in einer Produktion des Zürcher Theaters Kolypan im Januar, im zweiten Halbjahr die Eigenproduktion «Das doppelte Lottchen» in einer Fassung von Oliver Kühn, mit Eliane Blumer und Nathalie Hubler. «Das Theaterangebot für Kinder und Jugendliche ist insgesamt nicht gross, im Gegensatz zu dem für Publikum im Alter von 50+», begründet Stephan Zbinden den Strategiewechsel.
Ein Sparprogramm aber ist der neue Spielplan nicht, auch wenn bei halber Platzzahl weniger erwirtschaftet wird. Derzeit kann das Theater mit der Solidarität von Stadt und Kanton St.Gallen und ihres Hauptsponsors Pfister rechnen. «Wir zahlen weiterhin faire Löhne, und diese sind gedeckt. Wir wollen auch nicht die Eintrittspreise erhöhen», sagt Frauke Jacobi. Um grosse internationale Projekte jedoch macht sie gerade lieber einen Bogen.
Programm und weitere Informationen: figurentheater-sg.ch.