Hype um Pilze - Experten in Rorschach hatten viel zu tun

Wegen der guten Pilzsaison kamen bis zu 40 Personen an einem Nachmittag zur Kontrolle ihrer Fundstücke.

Ines Biedenkapp
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Theresa Mariani hält die gefunden Mönchsköpfe in der Hand, die zu den essbaren Arten der Pilze gehören. (Bild: Ines Biedenkapp)

Theresa Mariani hält die gefunden Mönchsköpfe in der Hand, die zu den essbaren Arten der Pilze gehören. (Bild: Ines Biedenkapp)

Expertin Trudi Jäger sitzt in ihrem Garten, vor ihr auf dem Tisch liegen verschiedene Arten von Pilzen. Sie hat gerade Besuch von Theresa und Maurizio Mariani. Die beiden sind leidenschaftliche Pilzsammler und kommen bereits seit Jahren zur Pilzkontrolle nach Goldach.

«Das hier ist ein Mönchskopf», erklärt Jäger. «Das erkennt man an der kleinen Wölbung in der Mitte des Pilzhutes.» «Aber der Pilz ist essbar, oder?», fragt Theresa Mariani nach. «Ja.»

Hochsaison im September

Dieses Jahr war ein besonders guter Herbst für das Sammeln von Pilzen. Nach dem heissen Sommer schossen die kleinen Lebewesen, die weder richtig zu den Pflanzen noch zu den Tierarten zählen, sondern ein eigenes Reich bilden, aus dem Boden. In der Region Rorschach ist vor allem das Suchen und Sammeln der Steinpilze beliebt.

Doch nicht alle der kleinen Pilze sind essbar und viele der geniessbaren Speisepilze haben einen giftigen Doppelgänger. Viele Sammler ziehen daher das Fachwissen eines Experten zu Rate.

Neben Trudi Jäger in Goldach gibt es in der Region zwei weitere Pilzexperten, bei denen die Sammler ihre Fundstücke auf deren Geniessbarkeit überprüfen lassen können. Urs Walser kümmert sich um Anfragen rund um Arbon, während Friedrich Matzer die Pilze der Rheinecker und den 15 umliegenden Gemeinden überprüft. «Viele unterschätzen die Pilze», sagt Urs Walser.

«Es ist daher wichtig, dass die Leute zur Kontrolle gehen.»

Dabei werden nicht nur die essbaren von den ungeniessbaren unterschieden, sondern alles genau dokumentiert. Am Ende des Jahres werden die Kilogramm dann zusammengerechnet. Soweit ist Urs Walser zwar noch nicht, aber er ist sicher, «es werden mehr sein als vergangenes Jahr.»

Ende August begann die Pilzsaison. Während der Hochsaison kamen fast täglich 20 bis 40 Personen mit ihren Körbchen zu Friedrich Matzer nach Rheineck. «Leider haben die Beiträge gerade zu Steinpilzen in den Medien nicht geholfen und einen regelrechten Hype ausgelöst», sagt der Pilzkontrolleur. «Ich weiss von einigen Kontrollstellen, dass sogar 70 bis 80 Leute pro Tag zur Kontrolle kamen.» Ein ähnliches Pilzjahr gab es nur 2003. «Die vergangenen Jahre gab es nicht so viele Pilze», sagt Friedrich Matzer. «Die Nährstoffe sammeln sich im Boden an, und irgendwann explodiert die Vegetation.» Das hänge mit den extremen Wettersituationen zusammen.

Mindestens 15 Minuten kochen

In den Körbchen der Sammler befanden sich aber nicht nur Steinpilze oder Wiesenchampignons, sondern auch ungewöhnliche Exemplare. Ein Sammler fand diesen Herbst etwa einen Tintenfischpilz und brachte ihn zu Trudi Jäger. Der rote Pilz, der in seinem Aussehen tatsächlich an die Tentakel des Meerestiers erinnert, kommt ursprünglich aus Australien. «Wenn er sich öffnet, dann stinkt er», sagt Jäger.

Vor ungefähr zwei Wochen hat der Ansturm auf die Kontrollstellen abrupt abgenommen. Der Grund ist der Föhn, der für die ungewöhnliche Wärme im Oktober verantwortlich ist. «Das derzeitige Wetter ist einfach viel zu trocken für die Pilze», sagt Friedrich Matzer. Nur vereinzelt würden Sammler noch Pilze finden.

Trotz der Kontrollen könne es dennoch zu Vergiftungen kommen. «Im Grunde genommen kann jeder Pilz giftig wirken», sagt Matzer, der auch im Notfalldienst für Pilzvergiftungen im Einsatz ist.

«Es kommt auf die richtige Zubereitung an.»

Daher rät er, die Pilze mindestens 15 Minuten zu kochen, andernfalls sei jeder Pilz eine zu grosse Belastung für den menschlichen Verdauungstrakt. Auch die kürzlich erschienen Zahlen des Toxikologischen Instituts zeigen auf, dass vergammelte, alte und schlecht zubereitete Pilze zu mehr Vergiftungen führten als Giftpilze.

Theresa und Maurizio Mariani sind zumindest froh, einige geniessbare Exemplare gefunden zu haben, bei ihnen gibt es am Abend erst mal Pilze.