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Die Besitzerin des Staffordshire Bullterriers versteht die Aufregung nicht. Sie ist sich aber nicht sicher, wie es weitergehen soll.
Im Treppenhaus ist Hundegebell zu hören. «Tut mir Leid. Djego ist einfach nicht gerne allein», sagt seine Besitzerin. In der Wohnung empfängt der zehnjährige Staffordshire Bullterier die Besucherin aber mit freundlichem Schwanzwedeln. Ein kurzes Schnüffeln an der Hand, dann geht er zu seinem Plätzchen am Sofa, gähnt und legt sich hin. «Als ich ihn zu mir geholt habe, war er knapp ein Jahr alt», sagt die Hundehalterin und streicht sich eine Haarsträhne hinter das Ohr.
«Er ist total friedlich.»
Im Sommer hat er eine Frau am Bein verletzt. «Das war aber ein Unfall. Sie hat auch keine Anzeige erstattet», sagt die Besitzerin. Im September hat Djego dann einen Hund der Rasse Pomeranian Zwergspitz gebissen und am Ohr verletzt. Der «Blick» hat die Fälle öffentlich gemacht. Allerdings widerspricht die Besitzerin der Darstellung. So seien ihre beiden Hunde nicht auf den Zwergspitz losgegangen. Auch habe die andere Frau sehr panisch reagiert.
Die Frage, die viele vor allem auf Facebook beschäftigt, ist, ob der Hund aufgrund von Aggressivität eingeschläfert wird. Bei dem Wort ist der 30-Jährigen der Schrecken anzumerken: «Nein, Djego soll nicht eingeschläfert werden», sagt sie bestimmt. «Dafür ist er viel zu friedlich.» Die ganze Aufregung um Djego und ihre Person hat sie überrascht. Sie sagt weiter:
«Bisher hatten wir nie gross Probleme.»
Warum hat sie sich für diese Rasse entschieden, ein Staffordshire Bulltierrier gilt doch als Kampfhund? «Die Rasse war mir total egal», sagt sie. «Ich hab ein Bild von ihm gesehen und dann haben wir ihn in der Nähe von Luzern abgeholt.» Der Vorbesitzer habe Djego aus Zeitgründen abgegeben. «Ich glaube, er war gerade am Umziehen und er hatte auch einen Vollzeitjob, daher konnte er sich nicht mehr richtig um ihn kümmern.»
Für die Frau ist der Hund ein Familienmitglied. «Ich hatte schon immer Hunde, seit ich mich erinnern kann», sagt die Mutter einer zweijährigen Tochter. «Ich habe einiges in meinem Leben durchgemacht. Djego war immer an meiner Seite und hat das super gemeistert.» Auch als sie schwanger wurde und ihre Tochter zur Welt kam. Vor knapp einem Jahr kam noch ein zweiter Hund in die Familie, ein Jack-Russel-Pinscher-Mix. «Rocky wiegt sieben Kilo», sagt die Hundeliebhaberin.
«Die beiden Hunde verstehen sich gut.»
In diesem Moment entscheidet sich Djego, einmal kurz zum Küchentisch zu kommen und dem Gespräch beizuwohnen. Er lehnt sich gegen den Stuhl und lässt sich kraulen. Der Rüde macht einen entspannten Eindruck. «Vor rund zwei Jahren ist er mit einem anderen Hund, den er nicht mochte, aneinandergeraten», sagt seine Besitzerin. «Das führte zu einer Anzeige.» Damals musste sich der Rüde in einem Wesenstest beweisen. Den Test hat er bestanden. Dennoch wurde auf Empfehlung eines Experten des Kantonalen Veterinärdienstes eine Leinenpflicht für Djego ausgestellt. «Daran haben wir uns auch gehalten», sagt die Halterin.
Wie es nun mit dem Hund weitergeht, liegt bis Ende Dezember bei der Stadt Rorschach, im Januar 2020 könnte der Fall an den Kanton übergehen. Eine Einschläferung steht derzeit aber nicht zur Debatte. In einem Brief bittet die Stadt die Hundehalterin erst einmal um eine Stellungnahme. Sie will kooperieren. «Allerdings weiss ich nicht genau, was jetzt von mir verlangt wird», sagt sie. Und der Rüde selbst? Er bekommt von dem Wirbel um ihn nicht viel mit.
Gegen die Besitzerin von Staffordshire Bullterrier Djego liegt ein Strafbefehl vor. Darin geht es um zwei Vorfälle, einen im Juni und einen im September dieses Jahres. Ein Strafbefehl beinhaltet unter anderem den Sachverhalt, die dadurch erfüllten Straftatbestände und die Sanktion.
Mit anderen Worten: Der Strafbefehl beschreibt, wie sich die beschuldigte Person strafbar gemacht hat und was die Strafe dafür ist. Sanktionen können Freiheitsstrafe, Geldstrafe und/oder Bussen sein. Der Strafbefehl wird allen Parteien per Einschreiben zugestellt. Diese haben die Möglichkeit, innert zehn Tagen ab Erhalt Einsprache zu erheben.
Verstreicht die Frist ungenutzt, wird der Strafbefehl rechtskräftig und die Sanktion kann vollzogen werden. Damit wäre eine Busse zu zahlen. Im Fall von Djego wurde der Strafbefehl an eine Boulevardzeitung weitergereicht. Die Stadt Rorschach wurde erst durch den Artikel auf den Fall aufmerksam gemacht. Dies liegt daran, dass der Strafbefehl zur Zeit des Erscheinens noch nicht rechtskräftig war.
Das kantonale Hundegesetz Artikel 9 regelt die Kontrolle und Haltung von Hunden wie auch die Erhebung der Hundesteuer. Aufgrund dessen kann die Stadt Rorschach eigene verwaltungsrechtliche Massnahmen gegen die Halterin anordnen. So kann die Stadt etwa einen Hundeerziehungskurs anordnen, verfügen, dass der Hund draussen an der Leine zu führen ist oder, dass der Hund einen Maulkorb zu tragen hat.
Weiter kann die Stadt auch ein Hundehalteverbot aussprechen oder den Hund einschläfern lassen. Im Januar 2020 ändert sich das kantonale Hundegesetz, dann fällt die Anordnung und Durchsetzung von Massnahmen in den Zuständigkeitsbereich des Kantons St.Gallen. (ibi)