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Für 2,8 Millionen Franken ist in Horn der Hornbach saniert worden. Auf dem Papier hat’s nichts gebracht, die betroffenen Liegenschaften sind noch immer in der Gefahrenzone.
An der Gartenstrasse im Süden von Horn sind in den vergangenen zehn Jahren auf grossen Parzellen grosse Einfamilienhäuser gebaut worden. Ihre Besitzer haben eine prächtige Sicht auf eine Kuhwiese, Obstbäume und den Säntis. Idylle pur. Wenn da nicht der Hornbach wäre, der in Mörschwil seine Quelle hat und via Tübach nach Horn fliesst und in den See mündet.
Bei heftigen Regenfällen trat der Hornbach regelmässig über seine Ufer und richtete Schaden an. Zuletzt im Jahr 2015. Wasser drang in neue Einfamilienhäuser. Der Verein Hochwasserschutz Hornbach 15 wurde gegründet und machte dem Gemeinderat Druck. Dieser war schon seit mehr als zehn Jahren bestrebt, den Hochwasserschutz am Hornbach zu verbessern.
Die Gemeindeversammlung nahm einen Kredit ins Budget 2016 auf, als Anteil an die Gesamtkosten der Sanierung. Dann ging’s Schlag auf Schlag: Bagger fuhren auf, Bäume wurden gerodet, das Bachbett ausgebaggert, Brücken neu erstellt, das Ufer neu bepflanzt, Fischtreppen und ein Fussweg wurden angelegt. Vor den gefährdeten Einfamilienhäusern wurde eine Schutzmauer betoniert. Das Ergebnis: Der Hornbach fliesst jetzt friedlich in seinem Bett. Spaziergänger gehen dem Bach entlang. Ruhe ist eingekehrt am Ufer des Hornbachs.
Bis vor kurzem. Die 2800-Seelen-Gemeinde will gegenwärtig ihre Ortsplanung revidieren. Die Revision ist unspektakulär. Nur: Die Gefahrenzone an der Gartenstrasse ist nach der 2,8-Millionen-Franken-Sanierung nicht aus der Gefahrenzone entlassen worden. Im Gegenteil: Sie wurde auf einige Parzellen an der Grünaustrasse ausgeweitet.
Die Gemeinde Horn hat eine Revision der Ortsplanung aufgegleist. Der Gemeinderat hat eine Vernehmlassung durchgeführt und die Pläne bis 13. November während 20 Tagen öffentlich aufgelegt. Es sind gemäss Gemeinderatsschreiber Andreas Hirzel sieben Einsprachen eingegangen. Sie richten sich nicht gegen die Gefahrenzonen. Unabhängig davon, ob die Einsprachen bis dahin erledigt sind oder nicht, ist der Gemeinderat verpflichtet, die revidierten Pläne der Gemeindeversammlung im Januar zur Genehmigung vorzulegen. (dwi)
Andreas Hirzel, Gemeinderatsschreiber in Horn, kann das erklären. Der Hochwasserschutz am Hornbach sei nach den bundesrechtlichen Vorgaben auf ein Ereignis ausgelegt worden, das nur alle 100 Jahre vorkomme. Die Gemeinde Horn sei aufgrund der kantonalen Vorschriften aber verpflichtet, im Zonenplan der Gemeinde eine Gefahrenzone abzubilden, die von einem noch gravierenderen Ereignis ausgehe, einem, das nur alle 300 Jahre auftrete.
Bei einem 300-Jahr-Hochwasser muss gemäss den verantwortlichen Ingenieuren davon ausgegangen werden, dass der Bach, in Tübach Häftlibach genannt, im St.Gallischen über die Ufer tritt und Wiesland überflutet – in einem Ausmass, bei welchem die 120 Meter lange Betonmauer vor den Einfamilienhäusern an der Gartenstrasse nicht ausreichte, weil das Wasser um die Mauer herum ins Dorf Horn flösse.
Hirzel sagt, die Gemeinde habe am Hornbach ihre Hausaufgaben gemacht. Die Bewohner an der Gartenstrasse dürften sich sicher fühlen, sagt er. Dass ihre Liegenschaften in der Gefahrenzone lägen, bedeute nicht, dass die Gebäudeversicherung des Kantons Thurgau bei einem Schaden nach einem Hochwasser ihre Leistungen reduzierte.
Andreas Küng, Präsident des Vereins Hochwasserschutz Hornbach 15, ist anderer Meinung. In einer Stellungnahme schreibt er: «Als unsere Abklärungen nach der Information der Gemeinde zur revidierten Ortsplanung im August ergaben, dass auch nach der Sanierung des Hornbachs nicht nur die bereits gefährdeten einzelnen Grundstücke an der Gartenstrasse weiterhin in der Gefahrenzone liegen, sondern eine Vielzahl von Grundstücken an Garten- und Grünaustrasse neu in die Gefahrenzone gelangen, waren nicht nur unsere Mitglieder mehr als erstaunt.» Gleich sei es den Eigentümern der neubetroffenen Grundstücke, dem für das Hochwasserschutzprojekt verantwortlichen Ingenieur und, «wie uns schien», auch Horns Bauverwalter ergangen. Was insbesondere nicht verstanden werde im Verein, sei, dass der in das Projekt involvierte Kanton Thurgau mit seiner Absicht, eigene Berechnungen zu den Hochwasser-Szenarien am Bach anzustellen, diese Berechnungen nicht vor Auflage des Projektes vorgenommen habe.
So hätten nach Ansicht Küngs diese aktuelleren Resultate nämlich dem Projekt zugrunde gelegt werden können. Auch werde nicht verstanden, dass die Massnahmen am Bach selbst auf das grösste anzunehmende Ereignis ausgelegt wurden, die Objektschutzmauer jedoch nur auf das 100-Jahr-Ereignis.
Eine Kette sei nur so stark wie das schwächste Glied, am Hornbach also die Objektschutzmauer. Und dies führe nun dazu, dass eine grosse Zahl von Häusern bei einem 300-Jahr-Ereignis durch bis zu 50 Zentimeter tiefes Wasser überschwemmt würde. Andreas Küng sagt:
«Aus unserer Sicht ist es unverständlich, dass eine der günstigsten Massnahmen nicht adäquat dimensioniert wurde. Da wurden die Hausaufgaben nicht gut genug gemacht.»