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Statt einer abgespeckten Variante präsentiert der Stadtrat für das Hallenbad Blumenwies ein fast identisches Sanierungsprojekt wie 2020. Nicht verzichten will der Stadtrat auch auf ein Bauzeitprovisorium mit einer Traglufthalle beim Freibad Lerchenfeld.
Beim Turmspringen gibt es vier Grundsprünge: Den Salto vorwärts, den Salto rückwärts, den Delfinsprung – und den Auerbach. Dieser sei ein Sprung für Wahnsinnige, sagt Stadtrat Markus Buschor am Freitag vor den Medien. Beim Auerbach stürze sich der Springer direkt auf das Brett zu, ohne dieses zu sehen.
«Und bei diesem Projekt wagt der Stadtrat den Auerbach.»
Beim «wahnsinnigen» Vorhaben, für das der Baudirektor die Sprunganalogie sucht, geht es um die Sanierung und Erweiterung des Hallenbads Blumenwies. Am Freitag präsentiert der Stadtrat ein gewagtes 47-Millionen-Franken-Projekt. Es ist nahezu identisch zu einem früher vorgestellten Vorhaben, das vom Stadtparlament zerzaust wurde.
Rückblende: Das Parlament hatte das Hallenbadprojekt im November 2020 an den Stadtrat zurückgewiesen: Dieses sei mit rund 50 Millionen Franken zu teuer, gerade in Anbetracht der tiefroten Zahlen der Stadtkasse müsse das Sanierungsvorhaben abspecken. Kein Aussenwarmwasserbecken, keine Galerie, keine Tribüne, kein Trennbalken zwischen den 13 Schwimmbahnen à 25 Meter – und auch kein Provisorium während der 27 Monate dauernden Bauzeit. Das Parlament war deutlich.
Die Bauplaner bei der Stadt machten sich an die Redimensionierung. Das Gebäude wurde kürzer, schmaler und gestraffter konzipiert. Dadurch mussten jedoch die Technikräume im Unter- und Obergeschoss neu angeordnet werden. Die Folge: Für die Technik muss tiefer ins Erdreich gegraben werden. «Und es ist kein einfacher Baugrund», sagte Stadtrat und Architekt Buschor. Das Ergebnis der Planung ist ernüchternd. Er sei gar erschrocken. Nur rund 749'000 Franken Kosteneinsparung bringen alle Abstriche.
Zusammen mit Stadtratskollege Mathias Gabathuler lancierte Buschor deshalb eine Grundsatzdiskussion. Wie weiter? Sie beauftragten eine unabhängige Kostenschätzung. Diese bestätigte die Zahl.
«Das Sparpotenzial steht in einem schlechten Verhältnis zu den Elementen, auf die verzichtet wird.»
Nach sorgfältiger Abwägung sei der Stadtrat zum Entschluss gekommen, statt des «untauglichen», redimensionierten Projekts, das bereits vor eineinhalb Jahren präsentierte Projekt nochmals ins Rennen zu schicken. Nur das Warmwasseraussenbecken will der Stadtrat weglassen – auch wegen Nachhaltigkeitsüberlegungen. An allem anderen will die Regierung festhalten.
Der Trennbalken sei etwa für die Sicherheit unabdingbar. «Keine andere Stadt mit einem Schwimmbad mit diesen Dimensionen verzichtet auf einen solchen Trennbalken», sagt Gabathuler. «Die Analyse hat uns gezeigt, dass das ursprünglich ausgewählte Projekt ‹Waikiki› eigentlich gut ist», fügt Buschor hinzu. Die Tribüne erhalte man damit quasi geschenkt.
Bereits in der Parlamentsdebatte habe der Stadtrat darauf hingewiesen, dass das Streichkonzert nicht die grossen Millionenbeträge bringen werde. Doch setzt sich der Stadtrat mit der nur geringfügigen Anpassung über den vom Parlament formulierten Auftrag hinweg? Buschor verneint.
«Der Stadtrat hat den Auftrag ernst genommen und auch erfüllt. Wir haben das Projekt überarbeitet, aber ein Ergebnis bekommen, das wir so nicht verantworten können.»
Die Rückweisung habe zudem kein Preisschild gehabt, wie viel einzusparen sei – sondern lediglich, wo gestrichen werden müsse.
Buschor fügt hinzu, dass Investitionen wie beim Schwimmbadprojekt weiterhin möglich sein müssten. «Der angespannte Finanzhaushalt darf nicht zum Stillstand bei einem Generationenprojekt wie diesem führen.»
Festhalten will der Stadtrat auch an einer Traglufthalle beim Freibad Lerchenfeld für 1,65 Millionen Franken. «Eine erkleckliche Summe», kommentiert «Sportminister» Mathias Gabathuler. Mit dem Provisorium wolle man verhindern, dass Wassersportvereine und Schulklassen während der über zwei Jahre dauernden Bauzeit auf dem Trockenen sitzen.
«Die Stadt muss den Schwimmunterricht für rund 3000 Schülerinnen und Schüler gewährleisten.»
Ohne Provisorium müsste während der Bauzeit auch ein erheblicher Teil der Trainingsaktivitäten der Schwimm- und Wasserballvereine ausfallen. Rund 600 aktive Mitglieder stünden schätzungsweise ohne Wasserbecken da. «Dies wäre ein grosser Nachteil für die Vereine und eine Gefahr insbesondere für die jahrelange Nachwuchsförderung», sagt Gabathuler.
Er macht klar: «Wir sind auf das Hallenbad Blumenwies angewiesen.» Denn dieses decke aktuell bereits rund 80 Prozent des städtischen Wassersportbedarfs. Die restlichen 20 Prozent bietet das ebenfalls sanierungsbedürftige Volksbad. Das Blumenwies sei weitaus das grösste Hallenbad in der Region. Für eine Sportstadt wie St.Gallen sei ein solches Bad wichtig. «Es hat regionale, nationale und internationale Ausstrahlung.»
Der Stadtrat habe weitere Optionen anstelle eines Provisoriums geprüft, sagt Gabathuler. Aber auch Bäder in Speicher, Gossau oder Wittenbach könnten die Kapazitäten von St.Gallen während der Bauzeit nicht aufnehmen.
«Sie stossen teils selbst an ihre Kapazitätsgrenzen.»
In rund zwei Wochen wird sich das Stadtparlament mit dem heissen Eisen befassen. Heisst es die Vorlage gut, kommt das Bauprojekt voraussichtlich im Herbst an die Urne. Die Bauarbeiten sind zwischen Sommer 2025 und Herbst 2027 geplant. «Ob wir dann zur Wiedereröffnung in Badehosen das Band durchschneiden, wissen wir noch nicht», sagt der Baudirektor. Sollte das Projekt jedoch Schiffbruch erleiden, ist völlig offen, was geschieht. «Wir haben keinen Plan B», sagt Gabathuler.