Kleinkunsttheater am See beenden die Saison: Für Künstler wird’s ungemütlich

Homeoffice ist nichts für Künstler, sie brauchen die Bühne. In der Region Rorschach ist das kaum mehr möglich, weil Kultur i de Aula in Goldach und das Falkenkabarett dicht machen. Der Auftritt von Steff La Cheffe in der Kleberei wurde in den Frühling verschoben.

Rudolf Hirtl
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Der Goldacher Satiriker Renato Kaiser ist Träger des renommierten Kleinkunstpreises Salzburger Stier.

Der Goldacher Satiriker Renato Kaiser ist Träger des renommierten Kleinkunstpreises Salzburger Stier.

Bild: Aissa Tripodi

Der Applaus wollte gar nicht mehr aufhören, als der Schweizer Klangkünstler Martin O. am Freitag- und Samstagabend auf der Goldacher Aulabühne sein letztes Stück gespielt hatte. Er begeisterte 200 Zuschauerinnen und Zuschauer mit seiner bunt schillernden One-Man-Show. Besucher mussten vor der Vorstellung eine pingelige Einlassprozedur über sich ergehen lassen, wie Guido Schwalt, Programmverantwortlicher von Kultur i de Aula, sagt.

«Es hat sich gelohnt, die Vorstellungen im Rahmen der Corona-Vorgaben durchzuführen. Wir haben sehr viele positive Reaktionen erhalten. Die Zuschauer, aber auch die Künstler sind enorm dankbar, wenn Kleinkunst überhaupt noch durchgeführt wird.»

Im Frühling nur gearbeitet und keine Ferien gemacht

Nun ist aber auch bei Kultur i de Aula zum grossen Bedauern von Guido Schwalt Ende Feuer. «Vor 50 Leuten zu spielen macht absolut keinen Sinn. Aus diesem Grund werden dieses Jahr keine Vorstellungen mehr stattfinden.» Mit so wenigen Eintritten könnten auch die Gagen nicht mehr finanziert werden.

Einer der Programmhöhepunkte im Dezember wäre der Auftritt von Marc Sway aka «Johnny Marroni» gewesen. Das Management hat den Auftritt aber abgesagt, mit dem Verweis auf die Empfehlung des Bundesrates «bleiben Sie zu Hause», wofür Schwalt Verständnis zeigt. Jetzt sei es wichtig, die Covid-19-Pandemie in den Griff zu bekommen. Den Mut verlieren die Macher von Kultur i de Aula nicht. «Sobald es die Umstände und Vorgaben zulassen, spielen wir wieder.»

Guido Schwalt, Programmchef von Kultur i de Aula in Goldach.

Guido Schwalt, Programmchef von Kultur i de Aula in Goldach.

Bild: Mareycke Frehner

Seit Jahren im Rampenlicht steht der Goldacher Satiriker und Komiker Renato Kaiser. Auch er bekommt die angespannte Situation um Covid-19 zu spüren. «Seit der Bundesrat am Mittwoch die neuen Regeln angeordnet hat, kommen Absagen rein. Mit der Beschränkung auf 50 Personen sind Künstler für Veranstalter nicht mehr finanzierbar», sagt er ungewohnt ernst. Während der ersten Coronawelle habe er viel gearbeitet, etwa für Internetvideos und seine Radiokolumne. Zudem hat er sein neues Programm geschrieben, dieses getestet und damit am 2. Oktober erfolgreich Premiere gefeiert. Ferien habe er hingegen keine gemacht. Dadurch habe er etwas zur Seite legen können, was ihm nun zugutekomme. Auch wenn er als Künstler unter der Zuschauerbeschränkung leide, so gehen ihm die Massnahmen des Bundesrates zu wenig weit. Wenn er die Zahlen der Neuansteckungen betrachte, und die seien schlimm, dann denke er, es sei besser, wenn die Bühnen geschlossen würden. «Ich bin dafür, ein klares Signal zu setzen, statt halbe Sachen zu machen. Selbstverständlich muss es dabei aber entsprechende Entschädigungen für den Gastrobereich und für Künstler geben.»

«Wir müssen das Problem zusammen angehen»

Urs Koller, Initiant des Sandskulpturen-Festivals in Rorschach, und Künstlerin Monika Romer haben im Februar die ehemalige Hafenkneipe in Rorschach wieder in Betrieb genommen und ein stilvolles Kleintheater aufgebaut. Nach dem erfolgreichen Start mit ausverkauften Anlässen musste das mit viel Herzblut aufgebaute Theater coronabedingt wieder schliessen. Anfang September wurde dann die Wiedereröffnung gefeiert. Nun ist auch das Falkenkabarett erneut zum Stillstand gezwungen.

Urs Koller, Künstler, Rorschach

Urs Koller, Künstler, Rorschach

Bild: PD

«Wir brauchen mindestens 100 zahlende Besucher, ansonsten können wie die Künstlerinnen und Künstler nicht bezahlen», sagt Koller. Auch in seiner Funktion als Bildhauer bekommt er das Coronavirus zu spüren. So hat er kürzlich ein Betonmöbel entworfen, doch der Kunde hat den Auftrag im letzten Moment zurückgezogen. «Die Leute sind vorsichtig und halten ihr Geld zusammen. Für jene, die zu 100 Prozent von der Kunst leben, ist die aktuelle Situation die Hölle.» Und wie steht es um das Sandskulpturen-Festival? «Es ist ein Riesenanliegen von mir, dieses durchzuführen. Ich werde im Februar die Lage checken. In welcher Form und mit welchen Mitteln das Festival stattfinden kann, ist aber noch völlig offen.»

«Kultur in der Feldmühle» in Rorschach führt einen Teil des Programms mit nochmals angepasstem Schutzkonzept durch. So finden im November die Lesung mit Joachim B. Schmidt (24.) und ein aussergewöhnliches Adventskonzert (28.) statt, doch der bereits ausverkaufte Auftritt von Steff La Cheffe vom 27. November wird laut Programmleiter Richard Lehner auf den 1. Mai 2021 verschoben.