Fahrleitungen lichten sich im St.Galler Stadtzentrum noch nicht

St. Gallen beabsichtigt, auf batteriebetriebene Elektro-Trolleybusse umzusteigen. Obwohl die Busse mehrere Kilometer ohne Stromanbindung zurücklegen können, bleibt das Fahrleitungsnetz im Zentrum vorerst dicht.

Seraina Hess
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Die Fahrleitungen im Zentrum könnten weniger werden, wenn einst leistungsstärkere Bus-Batterien auf den Markt kommen. (Bild: Hanspeter Schiess)

Die Fahrleitungen im Zentrum könnten weniger werden, wenn einst leistungsstärkere Bus-Batterien auf den Markt kommen. (Bild: Hanspeter Schiess)

Die Erscheinung der Stadt leidet unter dem Fahrleitungs-Salat, der den Blick auf die historischen Gebäude einschränkt. Das bemängelt Architekt Daniel Stauffacher, Präsident der CVP/EVP-Fraktion im Stadtparlament («Tagblatt» vom 19. Oktober). Zwar begrüsst er den Umstieg auf Elektro-Trolleybusse, den die Verkehrsbetriebe St. Gallen (VBSG) vollziehen, sofern das Volk der Busvorlage am 25. November zustimmt. Stauffacher wünscht sich aber, die Leitungen würden etappiert: Die Busse sollen ihre autonomen Strecken, also Abschnitte ohne Anbindung an die Fahrleitung, nicht nur in der Agglomeration wie Wittenbach oder Abtwil zurücklegen, sondern auch im Zentrum.

Zwanzig Kilometer ohne Anbindung im Optimalfall

Die gewählte «In-Motion-Charging»-Methode, die Ladung der Busbatterien während der Fahrt, gestaltet sich aber komplexer, als dass bereits auf Fahrleitungen verzichtet werden könnte. Im Gegenteil: Das Liniennetz soll um weitere sechs Kilometer elektrifiziert werden. Damit kann die elektrisch betriebene Fahrstrecke der VBSG auf 58,6 Kilometer verdoppelt werden.

Bei optimalen Bedingungen könnte ein Doppelgelenk-Trolleybus mit einer vollgeladenen Batterie etwa 20 Kilometer fahren, bis der gespeicherte Storm aufgebraucht ist. Dabei handelt es sich allerdings um einen Idealwert: Wenn der Bus ohne Passagiere, auf einer Strecke ohne Steigung und bei gemässigten Temperaturen fährt. «Gerechnet wird natürlich immer mit dem Worst-Case-Szenario», sagt VBSG-Leiter Ralf Eigenmann. Also mit dem vollsten Bus an steilster Strecke zur kältesten Jahreszeit. Die mögliche Leistung wird deshalb nicht voll ausgeschöpft.

Insgesamt würden die neuen Elektro-Trolleybusse auf den Linien 3 und 4 zwischen Wittenbach und Abtwil-St. Josefen sowie auf der Linie 6 zwischen St. Georgen und Heiligkreuz auf 13 Kilometern ohne Anbindung an die Fahrleitungen unterwegs sein. Im Westen ab der Haltestelle Fürstenlandbrücke, im Osten zwischen den Olma-Messen und Heiligkreuz (Linie 6), in St. Georgen ab Mühlegg und in Wittenbach von der Kantonalbank bis zum Gemeindehaus. Fahrleitungsfrei sind somit einzig Abschnitte an der Peripherie. Die längste autonom zurückgelegte Strecke befindet sich im Westen auf der Linie 3: Der Bus ist 4,2 Kilometer ohne Anbindung an die Fahrleitung unterwegs.

Auf den Abbau der Fahrleitungen im Zentrum verzichtet die VBSG vorerst. «Die Ladung der Busbatterie gestaltet sich komplexer als jene eines Handys», sagt Ralf Eigenmann. So sei die Lebensdauer einer Batterie deutlich länger, wenn der Akku jeweils "sanft" nachgeladen wird: In kurzen Ladephasen mit geringer Stromstärke, die ein kleines Defizit wettmachen. Ungünstig für die Lebensdauer der Batterie sei, wenn der Akku ganz aufgebraucht und dann wieder aufgeladen würde. Zudem müssen die Batterien zu hundert Prozent geladen sein, wenn die Busse an der Peripherie abbügeln. Die Ladevorgänge im Zentrum sind deshalb nötig und nicht zu unterbrechen.

Der Abbau ist abhängig von der Batterieleistung

Das heisst allerdings nicht, dass es nie zu einem teilweisen Abbau der Fahrleitungen im Zentrum kommen wird. Tatsächlich ist das abhängig von der Batterieleistung, die sich bereits in den letzten Jahren rasant entwickelt hat und weiter entwickeln wird. «Die Frage nach dem Abbau stellt sich wieder, wenn wir eine neue Generation Batterien im Einsatz haben», sagt Eigenmann.