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Ostschweiz
St.Gallen, Gossau, Rorschach
Mathias Gabathuler, Rektor der Kantonsschule am Brühl, soll Nachfolger von Thomas Scheitlin werden. Dieser hatte am Dienstag seinen Rücktritt auf Ende Jahr erklärt.
Jetzt steht fest, mit wem die FDP am 27. September in St.Gallen das Stadtpräsidium verteidigen will: Es ist Mathias Gabathuler, der Rektor der Kantonsschule am Brühl. Gabathuler ist 52 Jahre alt, verheiratet und Vater dreier Kinder. Die Leitung der FDP-Stadtpartei hat den Umweltfreisinnigen zuhanden der Mitgliederversammlung portiert.
Der Entscheid über die Kandidatur von Gabathuler fällt allerdings wegen der Coronakrise nicht im üblichen Rahmen: Die Parteimitglieder äussern sich vielmehr brieflich dazu. Sie erhalten am Samstag per Post die Unterlagen mit dem Antrag, Mathias Gabathuler für die städtischen Exekutivwahlen vom Herbst auf den Schild zu heben, und sie haben dann bis 11. Mai Zeit, ihre Stimme brieflich abzugeben.
Eine Überraschung ist die Kandidatur nicht. In den vergangenen Monaten war der Name von Mathias Gabathuler immer wieder in Zusammenhang mit einer möglichen Scheitlin-Nachfolge genannt worden. Dass dem so war, hat auch einen klaren Hintergrund, wie sich am Freitag an einer Medienorientierung der FDP im Waaghaus zeigte.
Die Kandidatur von Mathias Gabathuler ist von langer Hand vorbereitet. Gespräche mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten fanden 2018 statt. Als Resultat legte eine Findungskommission der städtischen FDP-Parteileitung einen Zweiervorschlag auf den Tisch: Am 19. Dezember 2018 entschied sich diese für Gabathuler, wie Parteipräsident Oskar Seger am Freitag vor den Medien im Parlamentssaal im Waaghaus sagte.
Die Ankündigung der Kandidatur von Mathias Gabathuler fürs Stadtpräsidium fand am Freitag in einem speziellen Umfeld statt. An die Öffentlichkeit trat die Stadt-FDP zum einen ausgerechnet am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, an dem sich traditionellerweise eher die Kräfte links der politischen Mitte zu Wort melden. Das sei Zufall und keine tiefere Absicht, hiess es.
Ebenfalls ungewöhnlich und Corona sei Dank waren im Waaghaus zur Pressekonferenz mit Eingangskontrolle nur zehn Medienschaffende zugelassen. Das Kontingent wurde von SRF übers «St.Galler Tagblatt» und die «St.Galler Nachrichten» bis hin zu «Die Ostschweiz» auch ausgeschöpft. Dieser Andrang gilt heute in St.Gallen an einer Medienorientierung bereits als Grossaufmarsch...
Für die Ankündigung einer Stadtpräsidentenkandidatur ist der Parlamentssaal im Waaghaus ein sehr passender, aber auch ein nicht risikoloser Ort: Man kann hier bezüglich Sitzordnung nämlich rasch ins politische Fettnäpfchen stehen und zur Zielscheibe für Spötteleien werden.
Was der FDP-Stadtpartei am Freitag nicht passierte: Kandidat Mathias Gabathuler sass weder auf dem Stuhl des Stadtpräsident während Parlamentssitzungen. Und er sass auch nicht auf dem Thron des höchsten Stadtsanktgallers, dem Stuhl des Stadtparlamentspräsidenten. (vre)
Für Stadtpräsidium und Stadtrat sind im Herbst Kampfwahlen absehbar. Mitmischen werden neben den bisherigen Stadtratsmitgliedern und der FDP mit Mathias Gabathuler auch noch Kandidierende der CVP, SVP und Grünen. Ob Bisherige und letztere drei Parteien nur für den Stadtrat oder auch fürs Stadtpräsidium antreten ist noch offen; wahrscheinlich ist aber, dass es auch dafür vier bis sieben Kandidaturen geben wird.
Auf Mathias Gabathuler wartet also keine «Wahl im Schlafwagen», auf ihn warten im Gegenteil diverse Hürden. Das weiss der am Freitag vorgestellte FDP-Kandidat, der gemäss Profil aus den Nationalratswahlen stark zur politischen Mitte tendiert. Das er sich als «moderner» FDPler versteht, kommt im Wahlkampf zum Ausdruck: Mathias Gabathuler zieht mit dem Slogan «Smart. Urban. Rockt.» in die kommende Ausmarchung.
Damit will er gemäss Medienkonferenz vom Freitag darauf hinweisen, dass eine komplexe Welt «taugliche, moderne und innovative Lösungen» verlangt. Für Gabathuler braucht St.Gallen darüber hinaus aber auch «ein starkes urbanes Selbstvertrauen», um die Rolle als «Motor für die Wirtschaft, für Dienstleistungen, Gewerbe, Industrie und Mobilität in der Ostschweiz» zu spielen.
Der FDP-Kandidat wartete am Freitag nicht mit Erklärungen zu politischen Grundsätzen auf, er präsentierte aber ein klares Programm fürs Stadtpräsidium. Er würde damit stark in den Spuren von Vorgänger Thomas Scheitlin wandeln, die Akzente aber teils pointierter als dieser setzen. Seine Haltung zu politischen Detailfragen blieb offen.
Für Mathias Gabathuler muss St.Gallen seine Rolle als Zentrum der Region, des Kantons und der Metropolitanregion Bodensee stärker als bisher wahrnehmen. Dafür müsse ein Ruck durch die Stadt gehen, und zwar generationenübergreifend. In Zukunft müsse die Stadt St.Gallen noch viel stärker als bisher als urbanes Zentrum wahrgenommen werden. Dafür brauche es eine Gesamtstrategie.
Ziel des FDP-Kandidaten ist mittelfristig eine Bevölkerung von 100'000 Personen, um die Zentrumsleistungen effektiver und breiter abzustützen. Zudem will er ausgehend von den heute vorhandenen, starken Playern die Bildungsstadt St.Gallen Richtung IT- sowie Medtech-Cluster ausbauen. Und die Infrastruktur für die Mobilität müsse konsequent entsprechend den Ringstrukturen von Region bis Metropolitanregion für alle heutigen und künftigen Mobilitätsformen ausgebaut werden.
Am 27. September finden in St.Gallen die Erneuerungswahlen fürs 63-köpfige Parlament und für die fünfköpfige Stadtregierung statt. Bei Letzterer geht es mit dem Rücktritt von Stadtpräsident Thomas Scheitlin auf Ende Jahr um zwei Dinge: zum einen um seinen vakanten Sitz im Stadtrat, zum anderen ums Stadtpräsidium. Dafür finden parallel zwei Wahlen statt.
Zum einen muss das Wahlvolk die fünf Stadtratsmitglieder bestimmen. Vier davon - Markus Buschor, Peter Jans, Maria Pappa und Sonja Lüthi - treten wieder an und dürften die Wiederwahl auf sicher haben. Realistischerweise kämpfen die erstmals antretenden Kandidierenden - darunter für die FDP Mathias Gabathuler - um den vakanten Sitz. Die Wahl in den Stadtrat ist Voraussetzung dafür, dass man Stadtpräsident sein kann.
Zweitens muss das städtische Wahlvolk im Herbst festlegen, wer Stadtpräsident wird. Für das Amt interessieren sich auch bisherige Stadtratsmitglieder. Ebenfalls dafür kandidieren wird Mathias Gabathuler (er soll so für die FDP die Nachfolge von Thomas Scheitlin antreten). Stadtpräsident kann man nur sein, wenn man gleichzeitig in den Stadtrat gewählt wird.
Der erste Wahlgang für Stadtrat und Stadtpräsidium findet am 27. September statt. Die Hürde für eine Wahl ist dabei recht hoch: Kandidierende müssen dafür das absolute Mehr (die Hälfte aller gültig abgegebenen Stimmen plus eine) erreichen. Bleiben Sitze frei, können jene, die das absolute Mehr nicht erreicht haben, sich in einem zweiten Wahlgang darum bewerben. Hier gilt dann das relative Mehr: Die oder der mit der höchsten Stimmenzahl gewinnt. (vre)